Fachanwalt Andreas Hanfland informiert

Sonderkonstruktionen - Mit Aufklärung auf der Sonnenseite stehen


Vermutlich hat schon jeder Handwerker diese Erfahrung gemacht: Das Werk ist vollbracht, aber der Bauherr nimmt es nicht ab. Vor allem, wenn es um Sonderkonstruktionen geht, zieht der Handwerker oft den Kürzeren. Sonderkonstruktionen sind Bauausführungen, die noch nicht genormt, jedoch in der täglichen Arbeitsausführung Eingang gefunden haben. Wichtig ist hier das Stichwort Hinweispflicht. Sie bezeichnet die Verpflichtung eines Handwerkers, dem Bauherrn gegenüber schriftlich Bedenken anzumelden, wenn bei auftragsgemäßer Ausführung mögliche Schäden nicht auszuschließen sind. Beispielsweise, weil der Estrich mangelhaft oder noch zu feucht ist. Vernachlässigt der Handwerker seine Hinweispflicht und kommt es daraufhin tatsächlich zum Schaden, so hat er je nach rechtlicher Einzelprüfung einen Anteil an den entstehenden Kosten zu tragen. Den Hauptteil trägt jedoch meist derjenige, der für die Planung des Fußbodens verantwortlich ist. Kann der Handwerker nicht nachweisen, dass er seiner Hinweispflicht nachgekommen ist, bleibt die Gewährleistungspflicht an ihm hängen.

Ausnahmekonstruktionen, zusätzliche Bauleistungen, Mängel während der Gewährleistungszeit, Schallschutz - in einem Vortrag auf dem FussbodenTechnik OBJEKT-FORUM nahm sich Andreas Hanfland, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Lennestadt, dem Thema Sonderkonstruktionen an. Tenor seiner Ausführungen: Schon bei Vertragsabschluss sollte der Verleger jegliche Bedenken und Hinweise schriftlich fixieren. Und hier kommen dann auch die Sonderkonstruktionen ins Spiel. Zum Beispiel wenn der Bauherr eine Fußbodenheizung auf 120 m2 ohne Fugen verlangt. Allerdings: Ohne Fugen steigt die Gefahr, dass sich der Plattenbelag hebt. "Darüber muss der Bauherr vom Bodenleger im Vorfeld aufgeklärt werden", betont Hanfland. Sind die Risiken geklärt, "steht der Handwerker auf der Sonnenseite".

Auch das Thema Schallschutz im Hochbau finde immer wieder den Weg in die Rechtsprechung. Auch hier steht der Bodenleger in der Aufklärungs- und Hinweispflicht, denn "Entkopplungssysteme sind beispielsweise Sonderkonstruktionen, die den Standardfall ablösen", erklärt Hanfland. Ähnlich verhält es sich mit großformatigen Platten, die zunehmend im Bad- und Duschbereich verlegt werden. So geschehen in einem Kölner Hotel: Hier bemängelte der Bauherr, dass sich Hohllager gebildet hatten. Für Hanfland ganz klar eine Sonderkonstruktion: "Der Handwerker muss rechtzeitig darüber aufklären, dass nur mit erhöhtem Klebstoffaufwand eine ordnungsgemäße Ebenheit erreicht werden kann." Weiteres Beispiel einer Sonderkonstruktion: Eine Feuchtigkeitsabdichtung bei Heizestrichen, die in der DIN-Norm für Platten- und Bodenbeläge nicht als Standard vorgesehen sind. Ausnahmen bestätigen hier eben nicht die Regel, sondern gelten als Sonderkonstruktion - und über die muss entsprechend aufgeklärt werden.

Die Hinweispflichten gelten auch, wenn der Architekt nicht ordnungsgemäß geplant hat. Der Handwerker hat also Bedenken anzumelden: bei nicht ordnungsgemäßer Planung, bei nicht ordnungsgemäßer Auswahl von Baustoffen und gegen die Vorleistung anderer Unternehmen. Sprich: Bei all dem, was der Handwerker erkennen kann, muss er tätig werden. Ansonsten haftet der Handwerker gegebenenfalls mit dem defizitär planenden Architekten als Gesamtschuldner.

"Alles kann der Handwerker natürlich nicht wissen", räumt Hanfland ein. Was er aber wissen kann: Dass Estriche, vor allem mineralische, einem Schwindprozess unterliegen. Beispiel aus der Praxis beim barrierefreien Bauen: Im Bad hat der Plattenleger die Fliesen bereits verlegt, dann stellt der Bodenleger am Übergang zwischen Bodenbelag und Badezimmer 1,5 mm Höhenunterschied fest. "Das ist selbst beim barrierefreien Bauen absolut zulässig", so Hanfland. Aber jetzt kommt der Schwindprozess ins Spiel: "4 mm sind da keine Seltenheit". Im vorliegenden Fall entstand ein Höhenunterschied von 5,5 mm. "Das heißt, der Handwerker produziert einen Mangel, der während der Gewährleistung auftritt." Hanflands Rat: Nachtragsmanagement verkaufen und dabei beachten, dass jede zusätzliche Bauleistung vor der Ausführung angemeldet werden muss. Das heißt: Hinsichtlich der 1,5 mm muss der Verleger gleich Bedenken beim Bauherrn anmelden und gleichzeitig anbieten, die Rückverformung mit Epoxidharz und Quarzsand oder Grundierung zu bremsen.

Hanflands Fazit für Sonderkonstruktionen: "All das, was vertraglich vereinbarte Beschaffenheit ist, sollte bei Vertragsabschluss festgeschrieben werden. Falls davon abgewichen wird oder wenn technisch eine Sonderkonstruktion gewählt wird, muss dementsprechend darüber aufgeklärt werden."


Andreas Hanfland - zur Person


Andreas Hanfland ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht aus Lennestadt.

Rechtsanwälte Hanfland & Partner
Helmut-Kumpf-Straße 5
57368 Lennestadt
Tel.: 02723/60008
aus FussbodenTechnik 03/12 (Recht)