GfK-Studie zum Einkaufsverhalten der Deutschen
Hier wohnen, dort einkaufen
Der Landkreis mit der höchsten Einzelhandelskaufkraft in Deutschland ist der Hochtaunus-kreis nahe Frankfurt/Main. Aber werden dort auch die größten Einzelhandelsumsätze erzielt? Dieser Frage geht eine aktuelle GfK-Studie nach und kommt dabei zu zwei überraschenden Ergebnissen. Erstens: Wohnort und Einkaufsort sind bei den deutschen Verbrauchern keineswegs identisch. Zweitens: Zwar liegen die großen Metropolen vorn, wenn es um Einzelhandels-umsätze geht. Betrachtet man aber das Verhältnis von Kaufkraftzufluss und -abfluss, stehen Mittelzentren an der Spitze der Rangliste.Die Einzelhandelskaufkraft ist in Deutschland recht unterschiedliche verteilt. Im Hochtaunuskreis bei Frankfurt/ Main liegt sie mit 7.100 EUR pro Kopf/ Jahr am höchsten, in Bitburg-Prüm in der Eifel hat jeder Einwohner gerade einmal 4.500 EUR zur Verfügung, so die Marktforscher der GfK. Das sind erste Indizien für den Einzelhandel, wo sich ein Standort lohnen könnte und wo eher nicht. Aber letzten Endes geht es ja nicht darum, wo die Menschen das meiste Geld zur Verfügung haben, sondern wo sie es tatsächlich ausgeben.
Insgesamt sind es rund 410 Mrd. EUR, die deutsche Verbraucher 2012 wohl im stationären Einzelhandel lassen werden. Aber die Verteilung dieses Umsatzes entspricht keineswegs der Verteilung der Kaufkraft. Die Stadtkreise Berlin, Hamburg und München liegen in der Einzelhandels-Umsatzstatistik der GfK vorn. Die Bankenmetropole Frankfurt/Main rangiert erst auf Platz 7. Vom Hochtaunuskreis ist auf vorderen Plätzen überhaupt nicht die Rede. Die Schlussfolgerung der Marktforscher: Die Menschen kaufen häufig nicht da ein wo sie wohnen.
Sie sind flexibel, geben sich praktisch und erledigen ihre Besorgungen beispielsweise in der Umgebung des Arbeitsplatzes, überschreiten gezielt Stadt- und Kreisgrenzen oder begeben sich auf Shoppingtour in die Großstadt. Welche Region die Einkaufslustigen stärker anzieht als andere, hat die GfK anhand der Einzelhandelszentralität ermittelt. Die Kennziffer gibt das Verhältnis von Kaufkraftzufluss und Kaufkraftabfluss wieder. Liegt der Wert über 100 wird Kaufkraft angezogen; das gilt für 158 deutsche Land- und Stadtkreise. In 244 Kreisen liegt er unter 100. Hier kann der Einzelhandel das vorhandene Potential nicht ausreichend nutzen und Kaufkraft geht an andere Gebiete verloren.
Dabei liegen viele Kreise mit guter und schlechter Einzelhandelszentralität unmittelbar nebeneinander: Schlusslicht des Rankings ist der Landkreis Würzburg mit einem Wert von 57,4. Der benachbarte Stadtkreis Würzburg rangiert hingegen mit 186,3 auf Platz 7. Die Erklärung ist einfach: Die Einwohner des Landkreises fahren zum Einkaufen lieber in die Stadt mit ihrem vergleichsweise großen Angebot.
Aber es sind nicht Deutschlands Großstädte, die bei der Einzelhandelszentralität vorne liegen, sondern Mittelzentren in einem ländlichen Umfeld, allen voran Straubing, Weiden i.d. OPf. und Passau. Sie üben eine große Anziehungskraft auf das schwach strukturierte Umland aus, haben selbst aber eine relativ niedrige Einwohnerzahl. In Kombination führt das zu einer hohen Einzelhandelszentralität.
Dennoch gilt: Das Umsatzpotenzial ist in den Einkaufsmetropolen am größten. Die zehn Kreise mit den größten Einzelhandelsumsätzen stehen schon für 18 % des Gesamtumsatzes. Mit Ausnahme des Landkreises Region Hannover sind es allesamt Großstädte, bei denen allein die Maße an Einwohnern für hohe Umsätze sorgt. Hinzu kommen Touristen und wiederum Käufer aus dem Umland.
Das Fazit für den Einzelhändler lautet daher, alle Komponenten in seine Standortplanung einzubeziehen, die Mittelzentren nicht außer Acht zu lassen und vielleicht sogar bewusst mit dem eigenen Angebot in eine Lücke zu stoßen. Denn dass die Bewohner des Hochtaunuskreises ihr Geld derzeit noch anderenorts ausgeben, kann auch daran liegen, dass es vor Ort noch nicht das richtige Angebot gibt.
aus
BTH Heimtex 09/12
(Handel)