Marcus Smola
Die Goldfisch-Strategie
Wie man Kunden verblüffen kann, bewies Marcus Smola selbst am besten mit seinem Vortrag: Dreimal durfte ein Zuhörer ihn mit einer Tröte unterbrechen, wenn dieser meinte, das Auditorium könne jetzt eine kleine Pause vertragen. Diese Unterbrechung füllte Smola mit kleinen, selbst gedichteten und am Klavier begleiteten Gesangsstücken, die thematisch auf die Bettenring-Tagung zugeschnitten waren. Smola gelang es sogar, den gesamten Saal zum Mitsingen zu motivieren. Die Sympathie des Auditoriums war ihm sicher.
Im Mittelpunkt stand aber natürlich die Frage, wie man Kunden für sich und sein Unternehmen gewinnen kann. Laut einer Umfrage kommen 70 Prozent der Best-Western-Gäste nicht zurück, weil sie mit dem Verhalten eines Mitarbeiters nicht zufrieden sind. Aber: Es reicht nicht, zufriedene Kunden zu haben, das würde lediglich bedeuten, dass man die Erwartungen erfüllt hat. Das sei ja wohl das mindeste, was man als Kunde erwarten könne, so Smola. Also muss man als Unternehmen noch etwas on top liefern, damit man bei Kunden gut angesehen ist. Eine gute Taktik wäre Smola zufolge beispielsweise Verblüffung zu schaffen, intern die Goldfisch-Idee genannt. Smola berichtete von dem Besuch eines Berliner Lokals. Dort erhielt er eine Rechnung, die von der weiblichen Bedienung um die handschriftliche Bemerkung "bis bald' und einen gezeichneten Smiley ergänzt war. Er gab zu, dass er sich davon geschmeichelt fühlte. Ein anderes Mal war er mit der Familie in einem Restaurant, sein kleiner Sohn wollte ein Schnitzel essen. Als die Speisen aufgetragen wurden, stellte er zu seiner Verblüffung und Begeisterung fest, dass das Schnitzel vom Koch schon vorgeschnitten und portioniert war. Eine kleine aufmerksame Geste der Küche, die eine große Wirkung hatte.
Da der Kunde solche Aufmerksamkeiten relativ selten erlebt, hat ein Unternehmen, das entsprechend handelt, einen großen Vorteil gegenüber den Unternehmen mit bestenfalls 08/15-Service. Warum? Es ist gelungen, die Emotionen anzusprechen. Und Emotionen haben im Wettbewerb mit der Rationalität aus Evolutions-Gründen immer einen Vorteil. Als Bettenfachhändler sollte man darum für sich überlegen, bei welchen Gelegenheiten man seinen Kunden emotional berühren kann. Smola listete eine ganze Reihe solcher Möglichkeiten auf, vom ersten Betreten des Geschäftes, über die Abgabe eines Angebots bis zum Zeitpunkt ein Jahr nach dem Kauf eines Produktes. Smola zitierte in diesem Zusammenhang eine klugen Spruch: "Menschen vergessen, was Du gesagt oder getan hast. Wie sie sich bei Dir gefühlt haben, vergessen sie nie.' Smola beließ es nicht bei abstrakten Ratschlägen, sondern präsentierte auch Beispiele aus seinem Unternehmen. So hält der Kundenservice eine ganze Batterie an Postkarten für die unterschiedlichen Gelegenheit parat, beschriftet mit "Besten Dank!', "Gute Besserung' oder "Es tut uns soooo leid'. So eine Karte muss allerdings sofort nach dem Telefonat ausgefüllt werden, denn sobald man das auf später verschiebt, passiert es sowieso nicht mehr. Wirkungsvoll sind auch Hotelpantoffeln, die mit dem Namen des Kunden beschriftet sind, der Linke mit dem Vor- und der Rechte mit dem Familiennamen.
Zum Abschluss erzählte Smola noch, warum er Anfangs von der Goldfisch-Strategie sprach. Bei Best Western hatte man sich überlegt, dass viele Geschäftskunden häufig weg von daheim sind und allein in ihrem Zimmer hocken. Somit stellte man sich in dem Hotelkonzern die Frage, wie man diesen Gästen Gesellschaft leisten könnte - auf seriöse Weise. Man kam auf die Idee, den Gästen auf Wunsch einen Goldfisch im Glas aufs Zimmer zu stellen. Ein ruhiger Geselle, der dennoch etwas Leben ins Hotelzimmer bringt statt des alternativ flimmernden Fernsehers. Die Reaktion der Gäste darauf war phänomenal, allerdings hatte der Tierschutz etwas gegen die Idee. Dennoch ist die Goldfisch-Idee heute bei Best Western ein Synonym für den Kunden zugewandten Service. "Finden auch Sie Ihre tägliche Goldfisch-Idee', appellierte Smola an die Bettenfachhändler.
Marcus Smola - Zur Person
Marcus Smola war als stellvertretender Geschäftsführer bei Best Western Hotels lange für die Expansion und Qualitätssicherung der Gruppe in Deutschland verantwortlich. Seit April 2008 führt er das Unternehmen als Geschäftsführer.
aus
Haustex 08/12
(Handel)