Teppichfliesen

Quadratisch, praktisch, unterschätzt

Die Teppichfliese ist ein Produkt mit vielen Vorteilen: Sie ist leicht zu transportieren. Sie kann ohne den Einsatz von Klebstoff verlegt werden. Man kann sie schnell und problemlos austauschen. Verlegt, kann sie wahlweise die Optik einer Fliese oder einer Bahnenware annehmen und und und Doch in Deutschland, Österreich und der Schweiz werden im Gegensatz zu den meisten anderen Märkten die zahlreichen Argumente pro Fliese nur zögernd angenommen - das Produkt steckt nach wie vor in der Nische fest. Für das vorliegende Spezial hat BTH Heimtex die Hersteller und Anbieter des textilen Quadrats gebeten, ihre Sortimente vorzustellen und zu zeigen, dass die Fliese Beachtliches leisten kann für Handel, Handwerker und Objekt-Entscheider.

Was braucht es eigentlich noch?", fragt man sich, wenn man den Teppichfliesenmarkt in Deutschland, Österreich und der Schweiz betrachtet. Je nach Schätzung ist er zwischen 10 und 15Mio.m groß. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren wählen Objekt-Entscheider und Endkunden zwar immer öfter eine Teppichfliese als Bodenbelag. Doch kommt das Produkt mit einem geschätzten Anteil am Gesamttextilbelagsmarkt D/A/CH auf "nur" 10%.

Das ist eigentlich zu wenig, für ein Produkt, das Beachtliches leisten kann. Nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz habe man die einmalige Situation, dass der Anteil der Bahnenware am textilen Bodenbelagsmarkt höher ist als der der Fliese, sagt Dirk Boll von Fliesen-Spezialist Interface im Interview. In England und Frankreich hat das Produkt hingegen einen Anteil von bis zu 60%. Dort werden Segmente wie etwa das Bildungswesen in einem Ausmaß erobert, von dem die Anbieter in Deutschland weit entfernt sind.

Das liegt zum einem daran, dass in Deutschland die einheimischen Hersteller von Bahnenware traditionell stark sind. Zum anderen entscheiden hier oft Architekten über den Bodenbelag. Und die bevorzugen Bahnenware in zurückhaltenden Farben und Dessins. Zudem hat die Fliese hierzulande einen schlechten Ruf: Sie sehe hässlich aus und funktioniere nicht. Sie schüssele und schrumpfe, lauten die gängigen Vorurteile.

Gegen dieses schlechte Image stemmen sich Hersteller und Anbieter, sind sich dabei auch untereinander nicht immer grün. Wer seine Fliesen aus Bahnenware schneide, fördere das negative Bild des Produktes, ist einer der gängigen Vorwürfe. Eine Fliese müsse direkt als solche produziert werden, um die in Bezug auf Maßstabilität und Spannungsfreiheit hohen Anforderungen erfüllen zu können.

Um die Fliese attraktiver zu machen, setzen die Unternehmen nicht nur auf ideenreiche und abwechselungsreiche Dessinierungen, Materialien sowie Oberflächenstrukturen. Das Produkt wird auch mit zusätzlichen Eigenschaften ausgestattet: Desso beispielsweise bietet eine spezielle Rückenkonstruktion an, die den Schall um bis zu 40 dB reduziert. Objekt-Spezialist Anker hat neben Akustik- auch spezielle Klima-, Magnet- und Thermogravur-Fliesen im Programm.

Ein weiterer Pluspunkt der Fliese: Die modulare Form hilft dabei, Räume optisch zu gliedern und bestimmten Funktionen zuzuordnen. Das ist in Büro-Objekten immer häufiger gefordert, denn die Arbeitswelt wird immer flexibler und verlangt das auch von der Arbeitsumgebung.

Versuchten die Anbieter in der Vergangenheit ihren Fliesen das Aussehen einer Bahnenware zu geben, trauen sie sich heute, ganz eigene Fliesen-Dessins anzubieten. Und das funktioniert, weil der Unterschied zur Bahnenware deutlicher herausgearbeitet werden kann durch neue, kreative und flexibel Bodengestaltungen, zu denen Bahnenware nur bedingt in der Lage ist. Hier beweist Vorwerk Ideenreichtum. Die Hamelner haben insgesamt vier Fliesen-Kollektionen sowohl für den Objekt- als auch für den Wohnbereich. Sie ermöglichen eine schier unbegrenzte Gestaltungsvielfalt - für jeden seinen eigenen Boden sozusagen. Zudem ist Vorwerk der einzige Bahnenwarenhersteller, der ebenfalls Fliesenprodukte anbietet, seit 2009 produziert in der eigenen Fliesenbeschichtungsanlage in Hameln.

Ein Megatrend könnte sich positiv auf die Entwicklung der Teppichfliese in Deutschland auswirken: Nachhaltigkeit. Interface und Desso bedienen ihn mit Mission Zero (null Emissionen) bzw. Cradle-to-cradle (Produktkreislauf). Interface konnte zudem gerade die Umweltproduktdeklaration (EPD) für eine Fliesenqualität in Empfang nehmen. Verbreitet sind außerdem Fliesen, die Garne aus recyceltem Material beinhalten und selbst wiederverwertet können. Ob Nachhaltigkeit das kaufentscheidende Argument ist, hänge aber vom Objekt ab. Es gibt Projekte, die setzen nachhaltig produzierte Ware voraus. Bei Kunden aus dem Privatbereich, der für Tretford bei Fliesen sehr wichtig ist, spiele sie aber noch keine große Rolle berichtet, Udo Miroslawski, Leiter Vertrieb und Marketing bei Weseler.

In diesem Zusammenhang spielt auch die kleinere Verschnittmenge von Fliesen bei der Verlegung im Vergleich zur Bahnenware eine Rolle: Bei der Teppichrolle können das schon einmal 10% der Gesamtmenge sein. Die Fliese schafft es, den Verschnitt auf erfreuliche 1 bis 3% zu minimieren. Zudem spart sich der Bodenleger, der Fliese installiert, bei der späteren Aufnahme das aufwendige Strippen sowie ein gegebenenfalls erforderliches Neuspachteln der gesamten Fläche.

Weil in der Regel nur etwa die Hälfte der Fläche eines Bodenbelags benutzt wird und nach einer gewissen Zeit ausgetauscht werden muss, kann die Fliese auch hier glänzen. Statt ganze Bahnen herauszureißen, müssen nur die betroffenen Bereiche erneuert werden.

Generell kommen Fliesen zu 85 bis 90% im Bürosegment zum Einsatz, schätzt Dirk Boll von Interface. Aber auch andere Segmente werden interessanter für das Produkt: Hotel, Healthcare, Retail, öffentliche Gebäude/ Verwaltungen sowie Bildung. Überall dort hat sich die Fliese in erster Linie gegen die Konkurrenz der Bahnenware durchzusetzen.

Das Feld der Hersteller, die Fliesen als solche selbst produzieren, ist dabei überschaubar. Interface ist mit deutlichen Abstand Marktführer in Deutschland. Dann folgen Desso und Vorwerk. Milliken spielt hierzulande nur eine untergeordnete Rolle; ist aber weltweit gesehen der größte Hersteller von Teppichfliesen. Auf den Plätzen folgen international Interface und Desso.


Die wichtigsten Hersteller von Teppichfliesen


auf dem deutschen Markt
- Interface
- Desso
- Vorwerk
- Milliken

weltweit
- Milliken
- Interface
- Desso



Teppichfliesen Vorteile und Grenzen


Vorteile
-leicht zu transportieren
-ohne Klebstoff zu verlegen
-leicht wieder aufzunehmen und umzusetzen (Rausstrippen der Bahnenware und Neuspachteln des Bodenbelags entfällt)
-problemlos und schnell auszutauschen bei Beschädigung oder Verschmutzung
-ideal für Renovierungen ohne Ausfallzeiten
-partiell und damit kostensparend zu erneuern
-ständiger Zugriff auf unter dem Belag verlaufende Kabel u.ä. (Doppelböden)
-geringer Verschnitt im Vergleich zur Bahnenware
-unterschiedliche Velegerichtungen möglich, auch gänzlich richtungsfrei
-kreative und abwechslungsreiche Bodenoptiken und -gestaltungen, die immer wieder leicht verändert werden können
-modulare Form hilft, Räume optisch zu gliedern und bestimmten Funktionen zuzuordnen

Außerdem gelten alle Vorteile eines textilen Belags wie:
-fußwarm
-schalldämmend
-verbessert die Raumluft und ist Allergiker freundlich, weil staubbindend
-spart Heizkosten
-pflegeleicht
-geh- und trittsicher

Grenzen
-in der Regel höherer Quadratmeterpreis
-aufgrund des höheren Gewichts ist die Entsorgung teurer
-nicht sprühextraktionsfähig. Bei Reinigung besteht die Gefahr, dass das Reinigungsmittel in die Fugen läuft
-Gefahr, dass die Stoßfugen sichtbar sind und reklamiert werden
aus BTH Heimtex 10/12 (Bodenbeläge)