Unternehmensberater Stefan Wiezorek: Analysieren und Schwachstellen beseitigen

"Erfolg im Holzhandel ist planbar"

Rund 37.000 Ausbildungsplätze im Handwerk aus dem Jahr 2000 haben sich bis heute fast halbiert. Was bedeutet das für den Handel? Bei nachlassender Bedeutung handwerklicher Leistungen muss sich der Holzhandel umorientieren und mehr anstrengen, geeignete Strategien zu finden, um am Markt zu bestehen. Künftige Wettbewerbsvorteile im Handel entstehen immer stärker durch Erkennen von dynamischen Prozessen und deren Weiterentwicklung. Davon ist Stefan Wiezorek von der Unternehmensberatung Huesch & Breidenbach, Aachen, überzeugt.

Wo entstehen künftig die Gewinne und wie entwickeln sich voraussichtlich die Kunden? Stefan Wiezoreck weist zunächst auf Fehlentwicklungen im Bereich des Handels hin: Laut Manager-Magazin haben 84 % der Unternehmen derzeit überhöhte Kosten. Zugleich würden die Märkte immer dynamischer. Ursache sei, dass die Kunden des Handels immer mehr wollten bei gleichzeitiger Zunahme der Sortimentsbreite und -tiefe. Wiezorek rät, mit dynamischen Managementinstrumenten zu reagieren: Nicht der Händler entscheide über sein Sortiment, sondern die Nachfrage. Daraus folge die Wertschöpfung. Es sei notwendig, neue Sortimente gemeinsam mit dem Kunden zu entwickeln. "Die Streuung der Sortimente ist sehr wichtig", betont der Unternehmensberater und stellt klar: "Erfolg im Holzhandel ist planbar." Der Handel müsse sich dabei über vier Stellschrauben im Klaren sein: Sortiment, Einkauf, Prozesse und Kalkulation funktionierten wie ein Regelkreislauf.

Beim Warenangebot unterscheidet Wiezorek zwischen Pflicht-, Profilierungs- und Spezialisierungssortimenten. Pflichtsortimente umfassen die wichtigsten Ertrags- und Umsatzartikel. Profilierungssortimente dienen dazu, sich vom Wettbewerber zu differenzieren. Und Spezialisierungssortimente sollen auch diejenigen Kunden ins Haus holen, die durch die anderen beiden Programme noch nicht erfasst werden. "Alle Artikel müssen mindestens eine dieser Anforderungen erfüllen, sonst sind sie überflüssig", unterstreicht Wieczorek. Nach dieser Prämisse könnten "fokussierte" Sortimente unproduktiver Produktvielfalt weichen.

Zweiter Erfolgsfaktor sei die Einkaufsanalyse. "Über 30 % der Lieferungen an den Holzhandel bestehen aus Kleinstmengen. Das bedeutet einen Einkaufsnachteil von etwa 10 %", warnt der Unternehmensberater. Daher gewinne der Zwang zur Prozessoptimierung stetig an Bedeutung. Es gehe dabei um flexiblere Beschaffung und Transparenz im Einkaufspreis. Nicht jedes Sortiment müsse auf Lager sein. Wichtig sei aber, es jederzeit beschaffen zu können.

"Die Prozesse entscheiden über den Profit", erläutert Wieczorek die dritte Stellschraube. Nicht allein die Spanne im Einkauf sei entscheidendes Kriterium, sondern auch der Aufwand für die sogenannten Prozesskosten. Das umfasse alle zusätzlichen Kosten für den Handel eines Produktes, also Logistik, Lager, Transport, Verwaltung, Verkauf und Standzeiten. Viele der Firmen, die er berate, seien der Meinung, Prozesskosten beispielsweise für Firmenfahrzeuge seien ohnehin da und damit unabänderlich. Diese Annahme könne aber einer der Faktoren sein, die davon ablenkten, auch im Bereich Prozesse differenzierte Kosten zu berechnen.

Und auch im Bereich Kalkulation liege einiges im Argen. Oft werde die Chance vergeben, Prozesse und Kosten auch wirklich darzustellen. Stattdessen bilde so mancher Händler alle möglichen Zuschläge: Auf den Kostenaufschlag folge ein Gewinnaufschlag und zusätzlich ein Sicherheitsaufschlag. "Der Sicherheitspreis kann keinem Kunden erklärt werden"", warnt Stefan Wieczorek. Große Abschläge beim Preis seien oft die Folge und daher verbreiteter Standard. Im Ergebnis würden sich aus Sicherheitspreisen und Rabatten oft nicht wettbewerbsfähige Preise entwickeln. Besser sei, möglichst viele Preisfaktoren zuvor dynamisch zu kalkulieren. "Alte Kostenstellungssysteme haben ausgedient. Moderne Kalkulationen berücksichtigen weiche Prozesse", sagt der Unternehmensberater dazu. Künftig werde entscheidend sein, Entwicklungen bei allen vier Stellschrauben frühzeitig zu erkennen.
aus Parkett im Holzhandel 05/12 (Handel)