Safran & Cie Texstil, Wien

Der textile Mix machts

In diesen wirtschaftlich turbulenten Zeiten gibt es tendenziell weniger Menschen, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen, als in Boomzeiten. Wer dann noch überlegt, mit Teppichen zu handeln, muss sich seiner Sache sehr sicher sein. Vincent Pillinger ist den mutigen Schritt gegangen und hat sich vor ein paar Monaten mit einem Fachgeschäft selbstständig gemacht. Und zwar erfolgreich. Sein Geheimnis: Er setzt nicht allein auf Teppiche, sondern auch auf hochwertige Textilien - die die Kunden in sein Wiener Ladengeschäft ziehen und durch die er letztlich auch Teppiche verkauft.

Es sind der Mix aus handgefertigten hochwertige Textilien und Teppichen, die ansprechende Präsentation und das durchweg hochwertige Sortiment, welche die Kunden in das Einzelhandelsgeschäft von Vincent Pillinger locken. "Bei Textilien wie Schals, Decken und Bettüberwürfen ist die Hemmschwelle sehr niedrig. Die Menschen kommen einfach mal zum Stöbern in den Laden und geben hundert Euro für Kleintextilien aus", weiß Pillinger. " Ein wenig abschreckend", ist der Inhaber von Safran & Cie Texstil in Wien überzeugt, "wirkt ein Laden ausschließlich mit handgefertigten Teppichen, die ein paar Tausend Euro kosten. Ein reines Teppichgeschäft würde sich hier am Standort wohl nicht rentieren." Sehr wohl aber interessieren sich viele Kunden nach dem Erstkontakt über die - durchaus margenstarken - Textilien nach einiger Zeit auch für Teppiche. Offensichtlich hat Pillinger mit seinem Konzept den Nerv seiner Kundschaft getroffen.

Die Idee, einen ansprechenden textilen Produkt-Mix in einem eigenen Geschäft anzubieten, ist Pillinger auf seinen vielen Teppich-Einkaufsreisen durch die Ursprungsländer gekommen. Zunächst war er für Adil Besim - wo er ausgebildet wurde - unterwegs, dann für Oritop. "Dabei gab es so viel Schönes auch abseits des Teppichs zu entdecken. Nur wurde das bislang selten konzentriert an einem Ort angeboten", so der gebürtige Salzburger. Und so zog Pillinger die logische Konsequenz und wagte den Schritt aus einer Festanstellung in die Selbstständigkeit, erfüllte sich seinen Traum vom eigenen Geschäft.

Die Ladenfläche war wenige Wochen nach der Job-Kündigung gefunden: in der Werdertorgasse im alten jüdischen Textilviertel Wiens. Bis vor einigen Jahren standen dort viele ehemalige Lager der Stoff- und Kleidergroßhändler leer. Jetzt lernen die Wiener den einst vergessenen Stadtteil wieder schätzen, es entstehen hochwertige Büros und Wohnungen, trendige Einzelhandelsgeschäfte und Luxushotels. Für die Geschäftsleute erweist sich der ehemalige Nutzungszweck als Lager als Glücksfall: Die Decken sind beinahe sieben Meter hoch, die Fassaden und Fensterfronten ansprechend, die Flächen attraktiv.

Bevor Pillinger seinen 350 m2 großen Laden beziehen konnte, musste renoviert werden: "Die Räume waren heruntergekommen, die Böden bestanden aus Lehm, es gab keine Elektrik." Pillinger handelte einen langfristigen Mietvertrag aus und steckte viel Geld in die Modernisierung. Überhaupt die Finanzierung: Pillinger war in der glücklichen Situation, sowohl Renovierung, Ladenbau und Wareneinsatz komplett selbst zu finanzieren. "Geld von der Bank, ein Kredit, wäre wirtschaftlich Nonsens gewesen. Das hätte so einfach nicht funktioniert", ist sich Pillinger sicher. Der Aufwand der Ladengestaltung hat sich gelohnt. Das ansprechende Aussehen wird zusammen mit dem attraktiven Sortiment von den Kunden honoriert. Sicherlich kommt der Geschäftsentwicklung auch die Wandlung und Aufwertung des Viertels entgegen.

In den Monaten vor der Eröffnung reiste Pillinger nach Indien und Marokko, stellte sein Sortiment aus Schals, Decken, Kissen, aber auch Lampen und Figuren und natürlich Teppichen zusammen. Von dort brachte er auch die ersten Exemplare seines stark nachgefragten Blickfangs mit: ein Berber-Teppich in Form eines erlegten Eisbären, der für viele schmunzelnde Gesichter sorgt.

Im Vordergrund steht jedoch die Qualität. Aus diesem Grund besteht sein Sortiment überwiegend aus natürlichen Rohstoffen wie Seide, Paschmina, Hanf, Schaf- und Baumwolle sowie Brennnessel. Für die Qualitätsüberwachung und den Einkauf nimmt sich Pillinger viel Zeit. Er besucht die kleinen, individuellen und auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Produktionsstätten in Indien, Kaschmir und Nepal. "In Marrakesch wird unsere kleine Kollektion an Kleidung, Babyausstattung, Tisch- und Bettwäsche in einer wunderbaren Produktion gefertigt, in der die Frauen damit für ihren eigenen Lebensunterhalt sorgen können."

Auch beim Teppichsortiment ist der Sachverständige für Orientteppiche und Tapisserien wählerisch: Es werden alte marokkanische Teppiche oder Gabbehs geführt, die gut in moderne Einrichtungen passen. Und es gibt Ware, die den immer stärker werdenden Wunsch nach mehr Individualität erfüllt: "Kunden stellen sich ihren Wunschteppich aus unserem 100 Knots-Nepalprogramm zusammen. Wir unterstützen sie dabei intensiv bei Farb- und Materialauswahl." Gefragt sind hier vor allem Naturfasern wie Brennnessel und beim Design eher dezente, sparsam eingesetzte Ornamente. Bordürenteppiche hingegen würden nicht nachgefragt. Und klassische rote Ware ist ebenso wenig zu finden, wie antike Teppiche. "Die würden hier eher nicht laufen und auch nicht unbedingt in mein Konzept passen." Wichtig sind laut Pillinger vor allem guter und flexibler Service, der auch das Auslegen der Ware beim Kunden umfasst. Alleine lässt sich so ein Service schwerlich stemmen, deshalb wird Pillinger von einem festen Mitarbeiter unterstützt.

Im ersten Geschäftsjahr hat sich Safran & Cie Texstil bereits gut etabliert: Obwohl die Werdertorgasse keine klassische Lauflage ist, kommen täglich zwischen 20 und 30 Kunden vorbei. Umsatz wird zu gleichen Teilen aus Textilien und Teppichen erzielt. Bekannt wurde das Geschäft nicht durch Werbeschaltungen, sondern durch Mund-zu-Mund-Propaganda und Artikel in überregionalen Trendmagazinen. Hervorgehoben wurde vor allem die Individualität des Sortiments, das es so sonst nirgends gäbe. Gute Voraussetzungen also für Zulauf durch eine trendbewußte Zielgruppe, die für Umsatz in Pillingers Fachgeschäft sorgt. An seinem Beispiel wird deutlich, dass ein mutiger Schritt in die Selbstständigkeit mit einem guten Konzept ausgezeichnet funktionieren kann.


Firmenprofil


Safran & Cie Texstil
Werdertorgasse 12
1010 Wien, Österreich
Tel.: +43 (0)1/ 5 32 09 94
www.safrancie.com

Gründung: 2011 durch Vincent Pillinger
Anzahl Mitarbeiter: 2

Sortiment: hochwertige handgefertigte Teppiche wie Berberteppiche und Nepalknüpfungen sowie Schals, Decken und Bettüberwürfe, Kleidung, Babyausstattung, Tisch- und Bettwäsche, bei denen ausschließlich natürliche Materialien wie Seide, Paschmina, Hanf, Schaf- und Baumwolle sowie Brennnessel verwendet werden.
aus Carpet Magazin 03/12 (Handel)