Calciumsulfat- und Zementestriche nie vermischen

Nachgewiesen feucht und trotzdem trocken?

Bauherren, Architekten, Estrichleger, aber auch Gutachter wundern sich immer wieder, warum manche Calciumsulfatestriche in Teilbereichen Trocknungsprobleme aufweisen und ihre Belegreife nicht erreichen. Warum helfen unterstützende Maßnahmen wie Trocknungsbeschleuniger, frühes Heizen, ständiges Lüften oder Zwangstrocknung nicht? Es kommt sogar vor, dass der ansonsten trockene Estrich an einer ein bis zwei m2 großen Stelle die Belegreife nie erreicht oder die CM-Messwerte partiell unerklärlich hoch sind. Ein Phänomen?

Um den Baufortschritt nicht zu gefährden, muss der Bauherr oder Architekt irgendwann die Entscheidung treffen, den Bodenbelag - beispielsweise Fliesen, Parkett, Laminat oder textile Bodenbeläge - zu verlegen, selbst wenn die CM-Werte dagegen sprechen. In der Praxis sind jedenfalls keine Schadensfälle bekannt, bei denen ein Rückbau der betroffenen Estrichflächen stattgefunden hätte.

Ursache des Phänomens liegt bei der Estrichherstellung

Entscheidende Kriterien für den Trocknungserfolg von konventionell hergestellten Calciumsulfat- oder Zementestrichen sind sowohl die Mörtelherstellung und Estrichdicke als auch klimatische Bedingungen vor Ort. Auch die Be- und Entlüftung der Objekte beeinflussen das Trocknungsverhalten von Estrichen maßgeblich.

Tagtäglich werden Estriche ohne besondere Vorkommnisse hergestellt. Der Planer oder Bauherr hat beispielsweise entschieden, dass im Badezimmer ein Zementestrich verlegt werden soll und im restlichen Haus ein Calciumsulfatestrich. Die Kolonne ist informiert und berücksichtigt diesen Wunsch. Im Laufe des Tages wird dann für die Mörtelherstellung das Bindemittel von Calciumsulfatbinder auf Zement und anschließend wieder auf Calciumsulfatbinder umgestellt. Bei Großbaustellen werden - je nach Baufortschritt - solche Wechsel sogar mehrfach am Tag vollzogen.

Normalerweise stellt ein solcher Bindemittelwechsel kein Problem dar. Wenn sich allerdings beim Anmischen eines Calciumsulfat-Estrichmörtels noch Reste eines Zementmörtels im Mischbehälter der Estrichpumpe befinden, kann dies unter bestimmten Bedingungen später zu Estrichschäden führen. Daher ist tunlichst zu vermeiden, calciumsulfat- und zementbasierte Systeme miteinander zu vermischen. Solche herstellerseitigen Vorgaben sind keine Willkür, sondern haben chemisch-technische Gründe. Die Bindemittel Zement und Calciumsulfatbinder vertragen sich miteinander vermischt nur dann, wenn dieses Mörtelgemisch zügig abbinden bzw. trocknen kann und anschließend dauerhaft trocken bleibt. Ist dies nicht der Fall, kann es zu einer chemischen Reaktion zwischen Zement und Calciumsulfatbinder, der so genannten Ettringit-Bildung, kommen. Diese Reaktion führt zu einer Volumenvergrößerung des bereits abgebunden Estrichmörtels und somit zum Quellen eines Estrichs.

Messungen, die in die Irre führen

In der Praxis wird nach der Fertigstellung eines Zementestrichs für Feuchträume wie Badezimmer, Küche oder Toilettenraum bei Umstellung auf Calciumsulfatestrich für die restlichen Räume die erste Calciumsulfat-Mörtelmischung aus der Estrichpumpe auf dem vorbereiteten Untergrund grob verteilt. Diese erste Ladung kann noch Zementreste aus dem Mischaggregat enthalten. Der "verunreinigte" Mörtel wird dann mit Calciumsulfatmörtel abgedeckt. Trocknet diese Estrichfläche dann zügig aus und bleibt auf Dauer trocken, ist zumindest nicht mit Estrichschäden auf Grund von Volumenvergrößerungen des Estrichs durch Ettringitbildung zu rechnen.

Entnimmt jedoch der Bodenleger zu einem späteren Zeitpunkt ausgerechnet an diesen Stellen eine Materialprobe zur Bestimmung der Restfeuchte mittels Calciumcarbid-Messgerät (CM), kann dies zu falschen Werten führen. Denn abgebundener Zementmörtel (Zementstein) weist eine völlig andere Porenstruktur auf als ein abgebundener Calciumsulfatmörtel. Die extrem feinen Poren eines Zementsteins halten an den Porenwandungen deutlich mehr Feuchtigkeit über einen sehr langen Zeitraum fest. Das ist der Grund dafür, dass beispielsweise unbeheizte Zementestriche bei einem Restfeuchtegehalt von 2 CM-% als belegreif gelten. Abgebundener Calciumsulfatmörtel weist dagegen eine deutlich gröbere, aber immer noch feine Porenstruktur auf. In den gröberen Poren wird nur wenig Wasser an den Porenwandungen zurückgehalten und dies wiederum hat zur Folge, dass beispielsweise unbeheizte Calciumsulfatestriche bei einem Restfeuchtegehalt von 0,5CM-% als belegreif gelten.

Diese Zusammenhänge machen deutlich, dass bei einer Vermischung von Calciumsulfat- und Zementmörtel niemand mehr vorhersagen kann, bei welchem Restfeuchtegehalt (CM-Wert) diese Estrichfläche als belegreif einzustufen ist. Abhängig davon, wie viel Zement in dem Calciumsulfatmörtel enthalten ist, wird unter Umständen niemals der für Calciumsufatestrich geforderte CM-Wert erreicht werden. Daraus den Rückschluss zu ziehen, dass ein Estrich schlecht oder gar nicht trocknet, ist aus Sicht eines Bodenlegers nachvollziehbar, aber dennoch falsch.

Fazit:
Die Bindemittel Calciumsulfatbinder und Zement dürfen bei der Estrichherstellung nicht vermischt werden. Eine Verarbeitung der unterschiedlichen Mörtel nacheinander in ein und demselben Mischaggregat stellt kein Problem dar, wenn bei einem Wechsel der Bindemittel eine Reinigung der Mischtrommel erfolgt. Reste von Zementmörtel dürfen nicht mit Calciumsulfat-Estrichmörtel vermischt werden.
aus FussbodenTechnik 02/13 (Handwerk)