Fachanwalt Andreas Hanfland informiert

Auftragsentziehung bei Mängeln - VOB/B nicht grundsätzlich Vertragsgrundlage


Der Fall: Parkettleger P. verlegt in dem Büro eines Baustoffhändlers B. im November 2012 Massivholzdielen, geölt, die vom Baustoffhändler bauseits gestellt wurden. Für die im Werkvertrag geregelten Verlegearbeiten ist die VOB/B ausdrücklich vereinbart.

Nach Verlegung verweigert B. die Abnahme, da Hohlleger vorhanden seien und Überzähne zwischen einzelnen Dielen eine ordnungsgemäße Nutzung erschwerten. B. fordert Vertragserfüllung bis 15.12.2012. Nach Diskussion der Vertragsparteien wird der Parkettlegersachverständige S. hinzugezogen, der die Mängel bestätigt. Man vereinbart, dass unter Aufsicht von S. nachgearbeitet wird. P. und S. sind bei der Nacharbeit uneinig. B. verweigert die Abnahme und fordert von P. in einem gemeinsamen Gespräch, bei Anwesenheit des wortkargen und sich nicht am Gespräch beteiligenden S. eine Abstandszahlung von 3.500 EUR. P. erklärt, dass er sich die Zahlung überlegen wolle, reagiert in der Folge aber überhaupt nicht. Nach Ablauf von vier Wochen verklagt B. den P. auf Zahlung von 11.000 EUR Neuverlegekosten. Das Gericht beauftragt zunächst Parkettlegermeister und Sachverständiger Ralf Kohfeld auf Feststellung der Mängel, die dieser im Hinblick auf Hohlleger und Überzähne bestätigt. Der Anwalt von P. weist nach Vorlage des Gutachtens darauf hin, dass es auf die Mängel überhaupt nicht ankomme. Der Anspruch auf Vorschuss für die Neuverlegung sei davon abhängig, dass aufgrund des VOB/B Bauvertrages zunächst eine Auftragsentziehung vor Abnahme hätte angedroht und dann ausgesprochen werden müssen. Der Zahlungsanspruch sei also unbegründet.

Frage: Wie entscheidet das Gericht?

Antwort: Zunächst muss geklärt werden, ob die VOB/B zwischen den Parteien wirksam vereinbart werden konnte. Seit 2009 kann nur noch im Rechtsverkehr mit einer Privatperson die VOB/B vereinbart werden, wenn diese vom Bauherrn zur Vereinbarung gestellt wird. Der P. kann sie also einem Privaten nicht als Vertragbedingung stellen. Das Landgericht weist zutreffend darauf hin, dass B. gewerblich tätig ist und er in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer einer Baustoffgroßhandelsgesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gehandelt hat. B. handelt also als Vollkaufmann und kann mit P. die VOB/B als Vertragsgrundlage vereinbaren.

Sodann begründet das Landgericht die Klagabweisung wie folgt: a) Grundsätzlich ist das Parkett mangelhaft, so dass B. die Abnahme verweigern konnte. b) Aufgrund der Vereinbarung der VOB/B muss jeder Auftraggeber/Bauherr gem. § 4 Absatz 3 VOB/B vor Abnahme bei Vorhandensein eines Mangels den P. zunächst auffordern, den Mangel zu beseitigen und gleichzeitig darauf hinweisen, dass nach Ablauf der Mängelbeseitigungsfrist der Auftrag entzogen wird.

Hier hat B. zunächst ordnungsgemäß eine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt, er hat jedoch sprichwörtlich "verpennt", den P. darauf hinzuweisen, dass nach der Frist der Auftrag entzogen wird und tatsächlich auch nach Fristablauf den Auftrag nicht entzogen. Im Ergebnis konnte P. um die Zahlung herumkommen, da B. zwar kaufmännisch richtig die VOB/B zur Vertragsgrundlage vereinbart hat, jedoch seine Vertragsumsetzung ohne Kenntnis der VOB-Vorschriften erfolgte.

Fazit: Die VOB/B enthält Abweichungen zur gesetzlichen BGB-Regelung, die jeder kennen muss. Gerade vor Abnahme muss jeder Auftraggeber und Auftragnehmer Kenntnis davon haben, dass bei Mängeln eine Auftragsentziehung, im Gegensatz zum BGB, nicht nur eine Fristsetzung, vielmehr auch eine Kündigungsandrohung und Kündigung/Entziehung des Auftrages, voraussetzt.
aus FussbodenTechnik 02/13 (Recht)