Produktpiraterie

Mit Knowhow gegen Markenklau


Chemnitz. Wie können Textilprodukte fälschungssicher hergestellt werden? Industrie und Handel sind von Produktpiraterie gleichermaßen betroffen. Die Branche sucht nach Lösungen, doch der Kampf gegen den Markenklau bei Heim- und Haustextilien ist aufwändig.

"Wie die Praxis zeigt, genügen Patent- und Musterschutz sowie juristisches Vorgehen gegen Produktpiraten allein nicht", erklärt Bertram Höfer, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Nord-Ostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie (vti). "Deshalb haben wir über neue Möglichkeiten nachgedacht, diese Wirtschaftsverbrechen zu verhindern."

Der Verband rief hierzu ein so genanntes Innovationsforum ins Leben: "Modifizierung der Faser/des Fadens als Informationsträger zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie in der textilen Kette" lautete der etwas umständliche Titel, hinter dem sich die schlichte Frage verbarg, wie Textilprodukte fälschungssicher hergestellt werden können. Die Teilnehmer - Textilforscher und Experten aus vti-Mitgliedsunternehmen - diskutieren bereits seit Ende November 2012 in Workshops Ideen und Lösungsansätze. Das Hauptaugenmerk des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützten Innovationsforums liegt sowohl auf der Entwicklung von fälschungssicheren Produktkennzeichnungen als auch auf der Entwicklung von Methoden zur Identifizierung von Fälschungen.

Gerda Koszinowski, Leitende Regierungsdirektorin des Hauptzollamtes Erfurt, belegte auf der Veranstaltung in Chemnitz anhand von Zahlen das rasante Ansteigen der Einfuhr von gefälschten Produkten, insbesondere aus Asien. Allein die sächsische Textil- und Modebranche erleidet nach vti-Angaben jährlich Umsatzeinbußen in Höhe von sechs Millionen Euro infolge der um sich greifenden Produkt- und Markenpiraterie.

Betroffen ist beispielsweise die Damastweberei Curt Bauer aus Aue: "Seit Jahren entdecken wir bei afrikanischen Händlern immer wieder gefälschte Curt-Bauer-Produkte, die in nachgeahmten Verpackungen angeboten werden", klagt Geschäftsführer Michael Bauer. "Solche Plagiate habe ich in der mauretanischen Hauptstadt Nouakchott in mehreren Shops gefunden. Die Webkante trug originellerweise die Aufschrift Machen in Deutschland!" Die gefälschten Produkte stammten vermutlich aus China. Bauer: "Schon beim Anfassen der Ware war zu spüren, dass diese Damaste keinesfalls eine so hochwertige Veredelung erhalten haben wie unsere. Der Schaden, den unser Unternehmen durch Marken- und Produktpiraterie erleidet, liegt pro Jahr schätzungsweise bei rund einer Million Euro."

Doch wie können Textilprodukte fälschungssicher hergestellt und Fälschungen nachgewiesen werden? "Wir wollen Fasern und Fäden so modifizieren, dass Zollbehörden, Händler und Kunden künftig zuverlässig ihre Herkunft überprüfen können", erklärte vti-Hauptgeschäftsführer Höfer das Ziel des Innovationsforums. Prof. Dr. Rainer Gebhardt vom Sächsischen Textilforschungsinstitut Chemnitz erläuterte hierzu eine Machbarkeitsstudie zu technisch-technologischen Lösungen des Piraterie-Schutzes. So biete sich die Kennzeichnung von Faden oder Faser durch Fluoreszenzfarbstoffe an. Über relativ einfache Verfahren (UVLicht) könne dann die Echtheit der Textilien nachgewiesen werden. Es bestehe jedoch noch erheblicher Forschungsbedarf für entsprechende Ausrüstungspartikel und -methoden, so Gebhardt. Ziel der gemeinsamen Anstrengungen müsse es sein, eindeutige Produktidentifizierungen ohne aufwendiges Kontroll-Equipment zu ermöglichen.

Das Innovationsforum sei hierfür die Initialzündung gewesen, freut sich Bertram Höfer. Der Produktschutz müsse auch in die Vor- und Zwischenstufen der textilen Kette integriert werden, ohne dass jedoch zusätzliche Wertschöpfungsstufen die Erzeugnisse verteuern.
aus Haustex 05/13 (Handel)