GfK Geo Marketing: Deutliche Unterschiede im europäischen Einzelhandel

Inflation frisst die Umsatzzuwächse

Eine aktuelle Studie von GfK Geo Marketing beleuchtet Status quo und Perspektiven im europäischen Einzelhandel. Vor allem in Deutschland, den skandinavischen und baltischen Staaten stellt sie eine positive Entwicklung fest. Besonders dynamisch: Russland. Der dortige Einzelhandel steht beim Ladeneinzelhandelsumsatz in Europa an der Spitze. In Südeuropa lässt eine positive Trendwende hingegen weiter auf sich warten.

Von deutlichen Entwicklungsunterschieden zwischen den einzelnen Ländern und Regionen spricht GfK Geo Marketing in einer aktuellen Analyse des europäischen Einzelhandels. Die Entwicklung in den 27 EU- sowie 5 weiteren Staaten inklusive Russland und der Türkei sei noch ausgeprägter als in den Jahren zuvor. "Besonders in jenen Ländern, die weiterhin von harten Sparmaßnahmen betroffen sind, ist das Konsumklima angesichts der niedrigen Erwartungen der Konsumenten in die wirtschaftliche Entwicklung und für die persönliche Lohnentwicklung zurückgegangen", heißt es von Sebastian Müller und Manuel Jahn, den Autoren der Studie. "Das führt zu rückläufigen Einzelhandelsumsätzen und die Schere geht in Europa weiter auseinander", warnen die beiden Einzelhandelsexperten der GfK.

Trotz Schuldenkrise und widersprüchlichen Prognosen für die volkswirtschaftliche Entwicklung ist das verfügbare Einkommen der Haushalte insgesamt weiter angestiegen. Die Kaufkraft wuchs von 8,5 Bio. EUR im Jahr 2011 auf 9,2 Bio. EUR im Jahr 2012. Die höchsten Steigerungsraten gab es in Russland, Norwegen, Großbritannien, Skandinavien und auf dem Baltikum. Während Russen und Balten tatsächlich auf eine durchgreifende Erholung ihrer Wirtschaft zurückblicken, verbergen sich hinter den positiven Zahlen für die britische Insel zum Teil Wechselkurseffekte sowie das deutliche Ungleichgewicht zwischen London und dem Rest des Landes.

Auch der Ladeneinzelhandelsumsatz in den 32 Ländern ist 2012 gestiegen und zwar um 3,7 % auf 3,09 Mio. EUR. Damit setzt sich der Aufwärtstrend der letzten Jahre fort. Die Entwicklung büßt aufgrund der schwachen Verfassung des Einzelhandels in einigen Krisenstaaten aber an Dynamik ein. In Griechenland sind die Verluste mit 11,8 % sogar zweistellig. Ganz anders Russland: Die starken Zuwächse und die Größe der Volkswirtschaft haben dazu geführt, dass das Umsatzvolumen des russischen Einzelhandels in absoluten Zahlen das größte Europas ist. Dahinter folgen Frankreich und Deutschland. In beiden Ländern hat der stationäre Handel mit starker Online-Konkurrenz zu kämpfen. Trotzdem wuchsen auch die Ladenumsätze um 1,7 bzw. 1,0 %.

Für 2013 rechnet GfK Geo Marketing insgesamt mit weiter steigenden Ladeneinzelhandelsumsätzen in einer Größenordnung von 1,9 %, weil die positive Entwicklung im Norden und Osten Europas die negativen Tendenzen im Süden mehr als ausgleichen kann. In allen Staaten sehen die Marktforscher allerdings eine Bedrohung des stationären Handels durch den aufstrebenden Distanzhandel, dem nur mit einer Multi-Channel-Strategie beizukommen sei. Als Vorreiter werden Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Skandinavien genannt.

Der Anteil der Einzelhandelsausgaben an den privaten Konsumausgaben ist in 2012 in den 27 EU-Ländern leicht gesunken; die Quote lag bei 31,2 % nach 31,3 % im Vorjahr. Für alle betrachteten Staaten in Europa liegt die Quote mit 33,6 % etwas höher. Die Gründe für den weiter sinkenden Wert sind steigende Kosten für Energie und Wohnen, aber auch wachsende Ausgaben für Freizeitaktivitäten, Mobilität und im Distanzhandel. Darüber hinaus dämpfen in einigen Ländern wirtschaftliche Unsicherheiten die Konsumbereitschaft.

Die Inflationsraten lagen 2012 in fast allen erfassten Staaten zwischen 1,0 und 4,3 %. Ausreißer nach oben waren die Türkei (8,0 %), Russland (6,0 %) und Ungarn (5,6 %). Für den Ladeneinzelhandel in den EU-Staaten bedeutet dies real rückläufige Umsätze: Einem Umsatzplus von nominal 1,4 % steht eine durchschnittliche Inflation von 2,7 % gegenüber. Ein solches Ergebnis erwarten die Autoren der Studie auch für 2013.

Beim abschließenden Blick auf die Verkaufsfläche pro Kopf ergibt sich eine Steigerungsrate von 2,8 %. Außerhalb der EU weisen Russland (+8 %) und die Türkei (+7 %) die größten Zuwächse auf. Hier habe es auch Nachholeffekte gegeben, so die GfK. Außerdem sei der Ausstattungsgrad in beiden Staaten mit am niedrigsten. Während in Griechenland und Portugal die aktiv betriebene Verkaufsfläche stark rückläufig war, weisen die skandinavischen und baltischen Staaten überdurchschnittliches Wachstum auf.
aus BTH Heimtex 07/13 (Handel)