Kleiner Fehler - Großer Schaden

CM-Messung - Einmal ist keinmal

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachen-forschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um erhöhte Restfeuchte und fehlende CM-Messungen, die zu Kantenaufstippungen in einem Designbelag führten.

Drei Monate nach der Verlegung von Designbelagsplanken in einem Altenheim kam es in einer Vielzahl der Räume zu deutlichen Kantenstippungen. Die hoch stehenden Kopfstöße ragten bis zu 1 cm hoch. Im Rahmen eines Beweissicherungsgutachtens kam der Sachverständige ungefähr zehn Monate nach der Verlegung in das Objekt.


Schaden - Deutliche Kantenstippungen im Designbelag

Nachdem der Sachverständige den Boden geöffnet hatte, stellte er an zahlreichen Prüfstellen einen verseiften Dispersionsklebstoff und erhöhte Restfeuchtegehalte fest. Der 45 bis 60 mm dicke Estrich wies Feuchtigkeitswerte bis zu 2,8 CM-% auf. Zusätzlich durchgeführte gravimetrische Feuchtigkeitsprüfungen ergaben nahezu 4,0 Gew.-%. Der Bodenleger gab zu Protokoll, dass er in jeder Geschossebene - die Flächen betrugen zwischen 700 und 1.100m - jeweils eine Feuchtigkeitsmessung durchgeführt habe. Die Estrichkonstruktion sei mit Werten zwischen 1,7 und 2,0CM-% trocken gewesen.

In dem Beweissicherungsgutachten kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass dies nicht stimmen konnte. Vielmehr stellten erhöhte Restfeuchtegehalte des Estrichs die Ursache der Fußbodenschäden dar. In vielen Räumen des Altenheims waren großflächige Neuverlegungen erforderlich.


Ursache - Nicht sach- und fachgerechte CM-Messungen

Der Bodenleger wurde anlässlich des Gutachtertermins nach der Durchführung der CM-Messungen befragt. Er gab an, er habe den Estrich von oben so weit aufgestemmt, bis er 50 g Stemmmaterial zusammen hatte. In keinem Prüfbereich stemmte er den Estrich so tief auf, dass er die Dämmschichtabdeckung unterhalb des 50 mm dicken Estrichs sehen konnte.

Vor Gericht erklärte der Anwendungstechniker eines Verlegewerkstoffherstellers, dass er 14 Tage vor Beginn der Verlegearbeiten eine CM-Messung durchgeführt habe. Er habe das Prüfgut aus der unteren Hälfte des Estrichs entnommen und einen gering erhöhten Restfeuchteghalt von 2,2 CM-% festgestellt. Der Sachverständige erklärte auf Befragen des Gerichts, dass die Probeentnahme nur aus der unteren Hälfte des Estrichs nicht den allgemein anerkannten Regeln des Fachs entspricht.

In der Folge musste der Sachverständige im Auftrag des Gerichts in dem vom Bodenleger angegeben Raum zwei Jahre nach der Verlegung den Restfeuchtehalt ermitteln. Zusätzlich sollte er die vom Bodenleger nur vage beschriebene Messstelle in dem etwa 15 m großen Raum auffinden.

Nachdem der Raum komplett ausgeräumt worden war, konnten im Designbelag selbst bei Gegenlichtbetrachtung weder Kantenstippungen noch andere Schäden gefunden werden. Eine ordnungsgemäß durchgeführte CM-Messung mit Prüfgut über den gesamten Querschnitt bis zur Dämmschichtabdeckung ergab einen Feuchtegehalt von 1,7 CM-%. Unterhalb des dort 48 mm dicken Estrichs stieß der Sachverständige auf eine PE-Folie als Dämmschichtabdeckung. Unter der Dämmschicht fand er auf der Oberfläche der Betondecke einen PVC-Feuchtigkeitsschutz vor.

Im Beisein des Sachverständigen wurden anschließend die Designbelagsplanken und die Spachtelmasse mit einer Feinfräse entfernt. Nachdem der Estrich vollständig freigelegt war, konnte im gesamten Raum keine CM-Messstelle festgestellt werden.


Verantwortlichkeit - Bodenleger haftet

Als Ursache für die Kantenstippungen im Designbelag kommt ausschließlich der erhöhte Feuchtigkeitsgehalt des Estrichs in Betracht. Etwa 13 Monate nach der Verlegung ermittelte der Sachverständige in sechs Prüfbereichen einen erhöhten Restfeuchtegehalt von > 2,0 CM-%.

Die geschilderten CM-Messungen des Bodenlegers entsprachen nicht den allgemein anerkannten Regeln des Fachs und auch nicht der in der Schnittstellenkoordination beinhalteten "Arbeitsanweisung CM-Messung". Das gilt auch für die Vorgaben der DIN 18365 Bodenbelagsarbeiten. Danach ist die CM-Messung mit Prüfgut über den Gesamtquerschnitt des Estrichs durchzuführen - und zwar immer bis zur Unterkante des Estrichs und bis zur Oberfläche der Dämmschichtabdeckung. Hinzu kommt, dass bei der genannten Grundrissgröße zwischen 700 und 1.100 m die Durchführung nur einer CM-Messung nicht repräsentativ war. Laut den Kommentaren zur DIN 18365 muss bei größeren Flächen "eine Feuchtemessung auf ca. 200m" durchgeführt werden. Je Etage hätten es mindestens vier bis fünf Messungen in unterschiedlichen Räumen sein müssen.

Der Fall zeigt wieder, wie wichtig es ist, dass die Feuchteprüfung des Estrichs mit dem CM-Gerät sorgfältig und exakt entsprechend der CM-Arbeitsanweisung durchzuführen ist - und insbesondere auch in ausreichender Anzahl.

Jedem Auftragnehmer muss eigentlich klar sein, dass eine CM-Feuchtigkeitsmessung bei Flächengrößen ab 700 m nicht ausreichend ist. Ein solches Vorgehen kann den betreffenden Handwerksbetrieb an den Rand des Ruins bringen.



Der Autor


Fußboden-Gutachter Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für Bodenbeläge.

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aus FussbodenTechnik 04/13 (Handwerk)