Konzepte für den Point of Sale
Waren emotional und digital präsentiert
Hat der stationäre Handel überhaupt noch eine Überlebenschance angesichts stetig steigender Umsätze im Onlinegeschäft? Ja, wenn er sich am Point of Sale, da wo die meisten Kaufentscheidungen getroffen werden, etwas einfallen lässt. Die Industrie hilft dabei, Produkte nicht mehr nur übersichtlich, sondern auch emotional zu präsentieren: Denn der Kunde sucht im Laden außer Waren und guter Beratung auch das Einkaufserlebnis. Er findet es in den modernen Warenpräsentationen, in denen digitale Elemente immer wichtiger werden.Experten sagen: Bis zu 80 % der Kaufentscheidungen fallen am Point of Sale (POS). "Eine ansprechende Produktpräsention ist die Basis für gute Umsätze", betont deshalb Jörn Kämper, Vorstandsvorsitzender des Tapetenherstellers A.S. Création. Auch weil der Online-Handel derzeit rasant an Bedeutung gewinnt, werden an den stationären Handel in dieser Hinsicht hohe Ansprüche gestellt. Sie reichen von der wertigen Gestaltung der Markenpräsenter über Touchscreen-Tools bis hin zur professionellen Beratung. Die deutschen Hersteller von Bodenbelägen, Farben, Tapeten und Sonnenschutz haben sich darauf eingestellt und bieten ihren Fachhändlern umfassende POS-Lösungen, mit denen diese ihren Kundenstamm pflegen und erweitern können. Immer weiter in den Mittelpunkt rücken dabei digitale Elemente.
"Mit Multichannel-Retailing erlebt der Handel den wahrscheinlich gravierendsten Umbruch nach Etablierung der Selbstbedienung Mitte des vergangenen Jahrhunderts", meint Jürgen Berens von Rautenfeld, Vorstandsvorsitzender bei Online Software. Das Unternehmen wird daher den parallelen Verkauf über On- und Offline-Kanäle (Multichannel) und die Regalkommunikation in den Mittelpunkt seines Auftritts auf der Messe "Euroshop" vom 16. bis 20. Februar 2014 in Düsseldorf stellen. Nach Ansicht des Vorstandschefs wird das Einkaufserlebnis am POS derzeit neu interpretiert: "Auf der einen Seite lockt die sinnliche Präsenz der Dinge. Sie eröffnet dem Verbraucher die Gelegenheit, Waren zu berühren und auszuprobieren. Auf der anderen Seite stehen die faszinierenden Möglichkeiten von Bildschirmen, Informationsterminals, Internet und mobilen Smartphones. Sie bieten eine ganz neue Art, Produkte spannend zu inszenieren, sie begehrenswert und kaufenswert zu machen und führen völlig neue Services in den Verkaufsprozess ein." In dieser Synthese der digitalen und der realen Welt liegt nach von Rautenfelds Prognose das Erfolgsmodell für den Handel der Zukunft.
Einrichtung im Boutique-Stil
Dazu passt das neue Gestaltungscenter von Farbenhersteller Caparol mit seinen drei kompakten Modulen. Während die Mustertafel- und die Drehsäule eher klassische Elemente sind, erweist sich das Beratungscenter als technisches Highlight im System. In dessen Lichtkabine kann der Kunde die großflächigen original Farbton-Handmuster betrachten und sehen, wie verschiedene Lichtquellen die visuelle Wahrnehmung eines Farbtons beeinflussen. Zusätzlich erlaubt das Center, Bodenbeläge sowie Tapeten- und Gardinenmuster in die Lichtkabine zu integrieren, mit denen sich dann ganze Raumsituationen darstellen lassen.
Weitere Farbtöne und Umgebungen können über einen Touchscreen realisiert werden. "Mit unserer Gestaltungssoftware Spectrum 5 simuliere ich direkt am Monitor unterschiedliche Anmutungen von Innenräumen und Fassaden", erläutert Burkhard Wagner, Leiter des Bereichs Caparol Marketing Service Facheinzelhandel. Individuell wird die Simulation, wenn der Kunde ein digitales Bild seines zu gestaltenden Objekts mitbringt, das mit unterschiedlichen Farben und Oberflächen verändert werden kann. "Er sieht sein Wohnzimmer, wie es nach der Renovierung einmal aussieht", erläutert Wagner.
"Wir setzen uns mit dem Gestaltungscenter deutlich von den Mitbewerber ab. In unserer Region ist es einzigartig", betont Facheinzelhändler Guido Büscher aus Rösrath. Mit Hilfe des Modul-Systems würden Zimmer oder ganze Häuser in kürzester Zeit farblich gestaltet. "Der Kunde fühlt sich einfach gut beraten."
Digitale Beschilderung im Kommen
Tapetenhersteller A.S. Création setzt im Rahmen seines modernen Livingwalls Shop Konzepts im Boutique-Stil auf Kundenberatung mit verschiedenen Hightech-Tools. Eines davon ist die neue Version des A.S. Touchscreens: Einmal antippen und schon lassen sich Tapeten in unterschiedlichen Wohn- und Beleuchtungssituationen darstellen. Auf Wunsch können auch einzelne Bahnen nebeneinander gezeigt werden. Wie das alles funktioniert und wie eine attraktive Produktpräsentation auszusehen hat, zeigt sich im "Livingwalls Flagshipstore", der vor einem Jahr von Mike Eichmüller in Köln eröffnet wurde. Er bietet ausschließlich das Sortiment von A.S. Création an.
Aber nicht nur in der Beratung spielt Technik eine wachsende Rolle. Immer wichtiger wird auch die digitale Beschilderung, um die Aufmerksamkeit des Verbrauchers zu gewinnen. Eine derartige "Digital Signage" wirkt nach Ansicht von Marc Doderer, Vorstand von Echion Corporate Communication in Augsburg, besser als Poster und Plakate. "Statische Inhalte dringen kaum noch zum Konsumenten durch. Für eine emotionale Bildsprache ist mittlerweile schlichtweg Bewegung erforderlich", meint er. Die Verbraucher hätten sich inzwischen an Bewegtmedien und schnelle Informationsquellen gewöhnt. Dazu habe der Smartphone- und Tablet-Markt massiv beigetragen. Echon Corporate Communication entwickelt Lösungen, die vermeintliche Nachteile des stationären Handels ausgleichen sollen und präsentiert sie ebenfalls bei der Euroshop.
Ob nun Digital Signage als Lockmittel oder nicht. Nach Einschätzung von Julia Rupprecht von der Unternehmenskommunikation Barthelmess Display & Decoration rückt das Schaufenster in den Mittelpunkt des Visual Merchandising. "Der stationäre Handel hat erkannt, dass er, um sich gegenüber dem Wettbewerb und vor allem auch der Online-Konkurrenz zu behaupten, gerade mit dem Schaufenster ein unschlagbares As im Ärmel hat. Hier wird die Marke vor den Augen der Kunden dreidimensional lebendig. Produkte werden mit Geschichten und attraktiven Ideen in Szene gesetzt." Handel sei ein soziales Ereignis, bei dem sich Menschen begegneten und austauschten. "Diese menschlichen Begegnungen halten auch in die Schaufensterinszenierungen immer mehr Einzug", stellt Rupprecht fest.
Handel als soziales Ereignis
Abgesehen von einer attraktiven und übersichtlichen Produktpräsentation gilt ganz allgemein: "Der Endverbraucher möchte geführt werden und wünscht sich ein echtes Einkaufserlebnis", wie es Jörn Kämper von A.S. Création formuliert. Diese Erkenntnis wurde auch bei Armstrong DLW umgesetzt. Dazu Kathrin Riedrich, Leiterin Vertriebsmarketing Zentral-Europa: "Da viele Kunden mittlerweile das Internet als Informationsquelle nutzen, ist es wichtig, bei der realen Warenpräsentation einen Mehrwert zu bieten - etwas zum Anfassen, das haptische Erlebnis." Bei der Präsentation der Bodenbeläge setze deshalb Armstrong DLW auf zielgruppengerechte Ansprache, Übersichtlichkeit und Haptik.
"Einkaufen ist so emotional wie nie", zeigt sich Henning Ruf, Geschäftsführer Home Trendberater überzeugt und rät Händlern dazu, alle Sinne der Kunden anzusprechen. Dabei sei auch die Lichtplanung wichtig. "Ohne die richtige Grundausleuchtung und dem Sortiment angepasste Ambiente-Spots wird keine Wohnstimmung erreicht werden." Die Kompetenz des Fachhändlers könne zudem durch eine ausgeklügelte Dekoration dokumentiert werden, dazu gehöre auch die wechselnde Gestaltung des Schaufensters. Außerdem müsse der Kunde von außen sehen, was ihn innen erwartet.
Die Gestaltung des POS ist also eine spannende Aufgabe für den Fachhändler, die bei einer übersichtlichen Warenpräsentation gerade erst anfängt. Die Aufgabe des Verkaufsorts ist es, Begehrlichkeiten zu wecken. Mit der Darstellung wertiger Produkte, die einhergeht mit professioneller Beratung, unterstreicht der stationäre Handel seine Vorteile gegenüber der Online-Konkurrenz.
aus
BTH Heimtex 11/13
(Handel)