Tierpark Hagenbeck: Estricharbeiten und Bodenbeschichtungen im Zelt

Extreme Bedingungen


Eine Beschichtung der Bodenflächen im Technikkeller sowie im Backstage-Bereich des neu gebauten Eismeers im Tierpark Hagenbeck in Hamburg soll Korrosionsschäden an der Stahlbetonkonstruktion verhindern. Die naturgetreu nachgeahmten Lebensbedingungen für die Tiere stellten mit Temperaturschwankungen von -20C bis +40C, einer ständigen Luftfeuchtigkeit von maximal 93 %, Meerwasserluft und Salzwasserbecken besondere Anforderungen an Material und Verarbeitung. Die fachgerechte Ausführung der Arbeiten wurde gemäß der Richtlinie Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton sichergestellt.

Das historische Eismeer im Tierpark Hagenbeck schrieb einst Geschichte: Als Gründer Carl Hagenbeck die Anlage 1907 eröffnete, präsentierte er weltweit erstmalig eine arktische Landschaft mit Tieren, die nur durch einen Graben von den Besuchern getrennt waren. Leider wurde die Anlage während des zweiten Weltkrieges schwer beschädigt und konnte später nie wieder in ihren ursprünglichen Dimensionen hergestellt werden. Auch die verbliebenen - immer noch eindrucksvollen - Reste waren mittlerweile schwer vom Zahn der Zeit gezeichnet: Die Kunstfelsen wiesen zahlreiche Risse auf, im Inneren der Anlage war der Putz großflächig von Decken und Wänden abgeplatzt, auf der Rückseite lagen die Stahlstützen, die zwischenzeitlich zur Verstärkung der hölzernen Unterkonstruktion der Felsenlandschaft eingebaut wurden, an vielen Stellen frei und rosteten. Kleine Schönheitsreparaturen reichten zur Behebung der Schäden nicht mehr aus: Die Standfestigkeit des Bauwerks war gefährdet und damit konnte die Sicherheit von Menschen und Tieren langfristig nicht mehr gewährleistet werden. Ein Abriss der historischen Anlage, auch wenn sie unter Denkmalschutz stand, war unvermeidbar.

Als Ersatz sollte an gleicher Stelle eine moderne Eiswelt entstehen, deren Architektur sich - auch unter Berücksichtigung der Auflagen des Denkmalschutzes - am historischen Vorbild orientiert. Wie beim 1907 eingeweihten Eismeer auch, ist es dem Tierpark gelungen, eine Weltneuheit zu präsentieren. Ein 750 m langer Besucherweg und Unterwasser-Panorama-Scheiben im Inneren der begehbaren Anlage ermöglichen den Besuchern spannende Einblicke in die Gehege. Mit einer Ausstattung, die deutlich über dem von der EU geforderten Standard liegt, ermöglicht die 20 Mio. EUR teure Eismeer-Landschaft eine moderne und artgerechte Tierhaltung und -zucht. Eine über 8.000 m große Gesamtfläche, davon allein 1.200 m2 Wasserfläche mit mehr als fünf Mio. l Wasser und moderne Kälte- und Wassertechnik sorgen für naturnahe Bedingungen. Technische Innovationen wie eine CO-neutrale Kühlung durch Geothermie machen es in der vom Hamburger Generalplaner Geising + Böcker konzipierten Anlage möglich, die Lebensräume an Nord- und Südpol so detailliert wie möglich nachzuahmen.

Meerwasserluft und Salzwasser aber sind Gift für die Konstruktion der Anlage aus Stahlbeton-Platten. Korrosionsschäden waren vorprogrammiert. Besonders gefährdet war der so genannte Backstage-Bereich, also jene Zonen im Hintergrund in die sich die Tiere zum Schlafen zurückziehen. Um Korrosionsschäden vorzubeugen, sollten daher die Bodenflächen besonders in den Außengehegen, aber auch im Technikkeller mit einer Kunstharzbeschichtung geschützt werden.

Hohe Anforderung durch extreme Umgebungsbedingungen


Die Realisierung der naturgetreuen Lebensbedingungen führte zu extremen Umgebungsbedingungen, die speziell für die Estrich- und Beschichtungsarbeiten aber auch für die eingesetzten Materialien eine besondere Herausforderung darstellten. So mussten Temperaturschwankungen von -20C bis +40 C und eine ständige Luftfeuchtigkeit von maximal 93% berücksichtigt werden. Bei den Arbeiten in den Außenbereichen fiel außerdem das niederschlagreiche Klima erschwerend ins Gewicht. Außerdem kam es immer wieder durch Befüllung der Wasserbecken für die Tiere, die teilweise parallel zu den Bodenarbeiten erfolgte, zu Wassereintritten.

Auch für die Ausführungen der Flächen selbst galten hohe Anforderungen. Sie sollten glatt, durabel und diffusionsoffen sein. Glatt, damit sich Tiere wie Walrösser, Pinguine oder Robben nicht verletzen, wenn sie über den Boden rutschen. Durabel, weil die Flächen durch regelmäßige Reinigungsmaßnahmen mit Hochdruckreinigern und Chemikalien hohen Belastungen ausgesetzt sind und weil die rutschfesten Spezialsohlen der Stiefel des Reinigungspersonals ebenso keine Schäden hinterlassen sollen wie die Tiere selbst. Eisbären etwa sind dafür bekannt, dass sie ihre starken Krallen gerne an Wänden und im Boden schärfen. Diffusionsoffenheit war wegen der großen Temperaturschwankungen verlangt.

Arbeiten im Zelt


Um die Beeinträchtigungen durch Kälte, hohe Luftfeuchtigkeit und Niederschlag weitgehend auszuschalten, griff das beauftragte Unternehmen, die Bögershausen Bau aus Goldenstedt, ein Mitglied in der Landesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken Bremen und Niedersachsen, in den Außenbereichen zu einer ebenso ungewöhnlichen wie aufwändigen Maßnahme und baute ein rund 150 m2 großes Zelt, unter dem die Arbeiten ausgeführt wurden. Tag und Nacht brannten darin zwei Öfen. So konnte einerseits die Luftfeuchtigkeit reduziert und andererseits die Temperatur so weit erhöht werden, dass die erforderlichen Verarbeitungstemperaturen erreicht wurden. Bodenbereiche mit Wassereintritt wurden mit dem Bunsenbrenner getrocknet.

Die Arbeiten erfolgten abschnittweise jeweils in Segmenten, die der Zeltgröße entsprachen. Maßgeblich für die Wahl der einzelnen Abschnitte war das Rückkehrdatum der einzelnen Tiere, die für die Bauzeit in verschiedenen Zoos in ganz Europa untergebracht waren.

Ausführung der Bodenarbeiten


Wegen der schwierigen Umgebungsbedingungen entschied sich das ausführende Unternehmen zum Einbau eines schnellen und praktisch schwindfrei erhärtenden Zementestrichs in der Güte CT-C40-F6, der besonders für Einbausituationen geeignet ist, in denen hohe Festigkeiten, Dauerhaftigkeit, Feuchte- und Witterungsstabilität verlangt werden. Das Material wurde in einer Dicke von 10 cm frisch in frisch auf eine mineralische Haftbrücke aufgetragen, die zuvor auf dem durch Kugelstrahlen vorbereiteten Betonuntergrund aufgetragen wurde und einen unlösbar haftenden Verbund mit dem Untergrund sicherstellt. 'Der Boden," begründet Jens Bögershausen, Geschäftsführer von Bögershausen Bau, die auf eine langjährige Erfahrung im Fußbodenbau zurückblickt, die Maßnahme, 'verfügte so über die notwendige Eigenschaften in Bezug auf die bestehenden Umgebungsbedingungen."

Um die fertige Estrichfläche vor zu schnellem Austrocknen und 'schüsseln" zu schützen, wurde sie sofort nach dem Glätten über Nacht mit PE-Folie abgedeckt. Bereits einen Tag nach dem Einbau des Estrichs konnten die Mitarbeiter des Unternehmens mit den Beschichtungsarbeiten beginnen. Nach Vorbereitung des Untergrundes wurde im Außenbereich und im Backstagebereich eine Grundierung mit einer Dicke von 0,3kg/m2 aufgebracht, die speziell für feuchte Untergründe geeignet ist und sowohl innen als auch frei bewittert eingesetzt werden kann. Die Masse wurde flutend bis zur völligen Porenfreiheit des Untergrundes mit dem Gummischieber aufgetragen und durch Nachrollen gleichmäßig verteilt.

Schon am folgenden Tag konnten die Fläche nach Vorbereitung durch Kugelstrahlen beschichtet werden. Zum Einsatz kam eine Epoxidharz-Beschichtung in hellem Grau, die gemäß Chemikalienbeständigkeitsliste chemisch hoch beständig ist, eine hohe Widerstandfähigkeit gegen mechanische Belastung bietet sowie über eine hohe Verschleißfestigkeit verfügt und außerdem schnell austrocknet. Um die Gesundheit der Tiere nicht zu gefährden, wurde außerdem darauf geachtet, das die eingesetzte Beschichtung frei von lackschädlichen Additiven ist. Das Material wurde in einer Schichtdicke von 2 kg/m2 aufgetragen, mit der Zahnrakel abgezogen und mittels Stachelwalze im Kreuzgang entlüftet. Abschließend ist für den gesamten rund 610m2 großen Backstagebereich der Auftrag einer farbigen Versiegelung von (0,2kgm2) geplant.

Im Bereich der Boden-/Wandanschlüsse wird die Dichtigkeit durch Hohlkehlen gewährleistet. Sie wurden vor Beginn der Beschichtungsarbeiten vor Ort aus Kunstharzmörtel gebaut und im Wand- bzw. Boden-bereich jeweils 5 cm ausgezogen. Ebenfalls mit Hohlkehlen abgedichtet wurden die Anschlusspunkte der Stallgehege.

Im Technikbereich kam auf den rund 500m2 großen Flächen ein diffusionsoffenes 2-Komponenten-Epopxidharzsystem zum Einsatz, das für mittlere bis hohe mechanische Belastungen geeignet ist und nach nur kurzer Aushärtungszeit schnell begehbar war.

Auf sämtliche Wände wurde nach geeigneter Untergrundvorbereitung und dem Aufbringen einer Grundierung eine wässrige Epoxidharz-Beschichtung (0,12kgm2) aufgetragen. Allerdings dient diese Maßnahme weniger dazu, das Endringen von Wasser zu verhindern, sondern soll vor allem die Reinigung der Anlage erleichtern.
aus FussbodenTechnik 06/13 (Bau)