Generationenfreundliches Einkaufen

So kann man bei älteren Kunden punkten


Berlin. Es braucht gar nicht viel, um ein Ladenlokal seniorenfreundlich zu gestalten. Die kaufkräftige Zielgruppe wird es danken, das entsprechende Logo des Handelsverbandes Deutschland (HDE) ist für die Geschäfte ein gutes Aushängeschild. Im Bettenfachhandel wird es jedoch kaum genutzt.

Ältere Verbraucherinnen und Verbraucher haben nicht nur mehr Geld für Konsum zur Verfügung als junge Menschen. Sie sind auch bereit, für qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen mehr zu zahlen. Das macht die Zielgruppe für den Fachhandel interessant. Seniorinnen und Senioren verfügen heute über die höchste Kaufkraft aller Zeiten. Ihr Konsumverhalten ist für viele Unternehmen daher ein wichtiges Umsatzkriterium.

Doch längst nicht alle Einzelhandelsgeschäfte verfügen über eine seniorenfreundliche Ausstattung. Angefangen beim barrierefreien Zugang, der ausreichenden Breite zwischen den Regalen, sowie gut lesbaren Preis- und in verständlichem Deutsch geschriebenen Warenschildern.

Mit dem vom Handelsverband Deutschland (HDE), dem Bundesfamilienministerium sowie vielen weiteren Partnerinstitutionen und Unternehmen ins Leben gerufene Qualitätszeichen "Generationenfreundliches Einkaufen" werden Einzelhandelsunternehmen ausgezeichnet, die sich aktiv mit dem demographischen Wandel auseinandersetzen. Das sind Geschäfte, in denen der Einkauf für Menschen aller Altersgruppen, Familien ebenso wie Singles, Menschen mit vorübergehenden oder ständigen gesundheitlichen Handicaps so komfortabel und angenehmen wie möglich ist.

Anhand von insgesamt 58 Kriterien überprüfen extra für dieses Projekt geschulte Tester in den Geschäften vor Ort, ob diese das Qualitätszeichen erhalten. Die Kriterien reichen von der Gestaltung des Eingangsbereichs, der Breite der Gänge, der Beschaffenheit des Bodens, der Höhe der Regale, der Gestaltung der Sortimente über die Beschaffenheit der Aufzüge, Treppen und Fahrtreppen, die Größe der Umkleidekabinen, die Beleuchtung, die Toiletten bis hin zur Lesbarkeit und Verständlichkeit von Preis- und Hinweisschildern, weiteren Services, wie zum Beispiel Spielecken für Kinder, Sitzgelegenheiten und natürlich auch bis hin zur Serviceorientierung des Personals. Natürlich werden in jedem Unternehmen nur die Merkmale überprüft und bewertet, die tatsächlich vorhanden sind. Es wird nach A-, B- und C-Kriterien unterschieden, wobei alle A-Kriterien für das Bestehen ein Muss sind. Außerdem müssen insgesamt 70 Prozent der vorhandenen Kriterien erfüllt sein.

Seit Projektbeginn im März 2010 sind schon mehr als 2.000 Einzelhandelsunternehmen bundesweit nach diesen Kriterien zertifiziert worden. Der Bettenfachhandel ist dabei allerdings kaum repräsentiert: Knapp 20 Geschäfte wurden bislang erst ausgezeichnet: Von Rumöller in Hamburg über Höher in Solingen bis Windmüller in Backnang verteilen sich die Auszeichnungen zwar von Nord bis Süd - mehr könnten es aber schon sein. Denn das Qualitätszeichen ist schließlich auch ein geeignetes Marketinginstrument.

Bei der älteren Kundschaft können Fachhändler punkten, ohne gleich einen Umbau in Angriff nehmen zu müssen. Sie wünschen sich beispielsweise ausgebildetes und hilfsbereites Personal, das sie berät und unterstützt. Über die Hälfe (55 Prozent) der Befragten bemängeln, dass es an Kundentoiletten fehlt oder es zu wenig Sitzplätze (43 Prozent) gebe und Preisauszeichnungen (42 Prozent) oftmals unleserlich und zu kleinteilig seien, wie eine Umfrage der Verbraucherzentralen und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen ergab. Keine großen Dinge - eigentlich.

"Einkaufen ist ein Stück Lebensqualität", sagt etwa Inhaber Cornelius Deisler von Textil Betten Deisler in Gundelfingen, einem der wenigen ausgezeichneten Bettengeschäfte. "Das Einkaufserlebnis und besonderer Service für alle Generationen steht für uns seit 171 Jahren im Mittelpunkt. Daher freuen wir uns sehr über diese Auszeichnung und betrachten sie gleichzeitig als Ansporn, jeden Tag aufs Neue den Ansprüchen unserer Kunden gerecht zu werden".

Aber was muss ein Einzelhändler unternehmen, wenn er das Qualitätszeichen "Generationenfreundliches Einkaufen" erwerben möchte? Er kann sich zunächst im Internet mit dem Kriterienkatalog befassen und den kleinen Schnelltest machen, der ihm einen ersten Hinweis gibt, ob er in Sachen Generationenfreundlichkeit auf der richtigen Spur ist. Dann sollte er sich an den Einzelhandelsverband in seiner Nähe wenden, der die Tester ins Unternehmen entsendet.

Die Auswertung der Fragebögen erfolgt beim HDE in Berlin, der anschließend das Ergebnis an den Verband zurückmeldet. Dieser macht dann dem Einzelhändler die Mitteilung, dass er bestanden hat und verleiht ihm die Urkunde und die Aufkleber "Ausgezeichnet Generationenfreundlich", die er an die Eingangstüren kleben darf. Die Prüfung kostet je nach Größe des Geschäfts zwischen 180 und 700 Euro. Geld, das sinnvoll investiert ist. Denn ältere Menschen bleiben heute nicht nur länger aktiv, als Verbraucher sind sie auch entsprechend wählerisch: Sie wollen Produkte und Dienstleistungen, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Auch beim Einkaufen.
aus Haustex 01/14 (Handel)