Interaktiver Handel

Couch ist König


Hamburg. Kaufentscheidungen werden immer häufiger mit dem Tablet-PC auf dem heimischen Sofa gefällt. "Das Internet ist der Motor für die Entwicklung des Einzelhandels", glaubt Christoph Wenk-Fischer, Geschäftsführer des Bundesverbandes des Versandhandel (BVH). Die jüngsten Zahlen scheinen ihm recht zu geben: Bereits mehr als jeder zehnte Euro wird nicht mehr stationär ausgegeben.

Der interaktive Handel in der Bundesrepublik ist im vergangenen Jahr um 22,9 % gewachsen. Der Gesamtumsatz stieg 2013 auf den Rekordwert von 48,3 Mrd. Euro, wie der BVH auf seiner Jahrespressekonferenz in Hamburg mitteilte. Der Anteil der Haus- und Heimtextilien liegt nach BVH-Angaben bei 2,4 % oder 1,1 Mrd. Euro; davon werden 600 Mio. Euro im reinen E-Commerce umgesetzt. Zum Vergleich: Mit Bekleidung, der umsatzstärksten Warengruppe im interaktiven Handel, wird mehr als das Zehnfache erwirtschaftet, 11,6 Mrd. Euro. Die Warengruppe Möbel und Dekoration kam auf einen Umsatz von rund 1,6 Mrd. Euro.

Unter dem Begriff "interaktiver Handel" wird eine Vielzahl an Einkaufsmöglichkeiten zusammengefasst. Vom reinen Internet-Anbieter über Teleshopping, Katalog-Versender oder Shopping-Clubs bis zu Online-Marktplätzen wie Amazon oder eBay: Die Möglichkeiten des Online- und Versandhandels sind breit. Klassische Bestellwege wie Telefon, Postkarte oder E-Mail verlieren insgesamt weiter an Bedeutung: 81 % des Umsatzes im interaktiven Handel werden online erzielt (2012: 70,2 %).

Der steuerbereinigte Anteil des Online- und Versandhandels am gesamten Einzelhandel ist auf 11,2 % gestiegen (2012: 9,4 %). Ein Ende der Entwicklung ist noch lange nicht in Sicht: Für 2014 erwartet der BVH im interaktiven Handel erneut eine deutliche Umsatzsteigerung um 15,5 % auf 55,8 Mrd. Euro. "Wir stehen mitten im Umbruch der gesamten Einzelhandelsbranche", glaubt BVH-Geschäftsführer Wenk-Fischer. "Es gibt praktisch niemand mehr, der nicht online bestellt. Und es gibt fast nichts mehr, was nicht bestellbar ist." Der interaktive Handel sei in der Mitte der Bevölkerung angekommen, so Wenk-Fischer.

BVH-Präsident Thomas Lipke pflichtet ihm bei: "Die Kaufentscheidungen werden zuhause gefällt, mit dem Tablet in der Hand", so Lipke. "Couch is king." Je mehr Websites mobil optimiert würden, desto stärker werde der Markt verändert, ist der BVH-Präsident sicher. Die Kaufentscheidungen werden hierbei mehrheitlich von Frauen getroffen. Dies gilt bei Haus- und Heimtextilien nicht nur stationär, sondern auch im Distanzhandel: Hier beträgt ihr Anteil laut BVH-Angaben 79 Prozent, bei Möbel und Dekoration 66 Prozent.

Trotz der hohen Wachstumsraten stehen die Versender zunehmend unter Druck. "Im Netz findet ein harter Wettbewerb statt, in dem viele Anbieter ihre Claims abstecken und versuchen, andere vom Markt zu verdrängen", erklärt Thomas Lipke. Abseits des Preiskampfes weiß er, dass auch die Kunden ganz unterschiedlich ticken. Die Versender kämen nicht umhin, sich auf die "mulitoptionalen Bedürfnisse" der Endverbraucher einzustellen, die auf ganz unterschiedlichen Kanälen einkaufen. Denn es gibt nicht nur den Trend, sich im stationären Handel beraten zu lassen, um dann online zu bestellen. "Die Menschen, die sich gedruckten Katalogen inspirieren lassen, bevor sie online bestellen oder in der Filiale kaufen", so Lipke, "sind längst noch nicht ausgestorben."
aus Haustex 03/14 (Handel)