Portugal: Umbruch in der Korkbodenproduktion

Homag-Anlagen für Kork-Vinylböden


Portugal ist mit seinen Korkeichenwäldern unbestrittenes Zentrum der weltweiten Korkindustrie. Die meisten massiven Korkböden und Korkfertigparkette kommen nach wie vor aus Portugal. Aktuell hat sich hier jedoch ein Wandel vollzogen. Die Kork-Decklagen des Korkfertigparketts werden zunehmend durch Vinyl ersetzt. Anlagenhersteller Homag ist Teil dieser Entwicklung, hat maßgeblich die hierfür nötigen Technologien entwickelt und technische Voraussetzungen geschafft. "Heute gibt es nirgends in Europa so viele Hersteller, die LVT-Produkte verarbeiten, wie in Portugal", beschreibt Roland Dengler, Teamleiter Fußboden der Homag Group Engineering, die derzeitige Situation. Er ist überzeugt, dass die "heimlichen Gewinner des LVT-Trends in der Bodenbelagsbranche die Korkfertigparketthersteller sind".

Als Hersteller von Maschinen für die Produktion von Fußböden verfolgt Homag die Entwicklung im Detail. Bereits vor 60 Jahren war Portugal ein wichtiger Hersteller von Korkfußböden. Zuerst in Großbritannien und den USA, später auch in anderen Ländern, wurde Klebeparkett in den klassischen Zoll-Maßen 12" x 12" und 24" x 12" verkauft. In deutschen Haushalten trat der Korkfußboden seinen Siegeszug in den 80er Jahren an. Das Umweltbewusstsein wuchs. Kork schien ein ideales Produkt aus nachwachsenden Rohstoffen zu sein und wurde als "ökologischer Bodenbelag" vermarktet. Zum Renner wurde die typische 300 x 300 mm Korkfliese, hergestellt aus Abfallprodukten der Flaschenkorkenindustrie und minderwertigem Kork. Doch die Verlegung des Bodens war nicht einfach. Der Untergrund musste eben sein, denn Korkfliesen wurden vollflächig geklebt, geschliffen und danach versiegelt - eindeutig eine Aufgabe für den Bodenleger und Raumausstatter, nicht für den Heimwerker.

Korkfertigparkett: Korksubstrate auf und unter MDF

Um 1990 wurde ein neues Produkt geboren: Die Amorim-Gruppe begann damit, Korksubstrate auf MDF-Platten zu leimen. Ein Korkgegenzug diente gleichzeitig als Trittschalldämmung und Ausgleich für kleinere Unebenheiten. An den MDF-Träger wurde das klassische Nut-Feder-Profil gefräst. Dieser Boden konnte schwimmend verlegt werden, indem Nut und Feder mit Weißleim fest verbunden wurden. So war die Verlegung auch für den Heimwerker möglich. Das bedeutete den Zugang zum Volumenmarkt und immer mehr Hersteller sprangen in den 90er Jahren auf den Zug des Korkfertigparketts auf. Wie in der Parkett- und Laminatindustrie ersetzte bald die Klick/Loc-Verbindung das Nut-Feder-Profil und machte die Installation noch einfacher.

Der Verbraucher will neue Designs

Im Laufe der Zeit änderte sich das Verbraucherverhalten. Der braune Farbton der typischen Korkbodenbeläge war nicht mehr so stark gefragt und Hersteller investierten in aufwändige Farbgebungs - und Lackiertechniken. Aber erst die digitale Drucktechnik führte vor wenigen Jahren dazu, authentische Holz-, Stein- sowie Fantasiedekore herstellen zu können. Dabei machen das hygroskopische Verhalten von Kork, seine poröse Oberfläche und die Elastizität dieses Unterfangen nicht einfach. Es musste getüftelt werden, um die heute sichtbaren Ergebnisse zu erzielen.

Das gleiche gilt für die Anforderungen im Bereich der Kratz- und Verschleißfestigkeit. Um der Elastizität des Korks Rechnung tragen zu können, muss die Lackschicht flexibel sein. Bei gewerblichen Flächen stieß man jedoch bald an Grenzen. Deshalb setzten Hersteller über lange Zeit eine transparente Vinylfolie ein. Das passte zwar nicht zum "Öko-Image" des Korkbelages, war zunächst aber die einzige Möglichkeit, der Beanspruchung bei hohem Besucherverkehr gerecht zu werden.

Schwäbischer Entwicklergeist in Portugal

Der Mann, der diese Entwicklung in den letzten 50 Jahren nachhaltig beeinflusste, ist Herbert Brehm, Vertreter beim Homag-Vertriebspartner Projecta. Der Schwabe lebt seit über 50 Jahren in Portugal und ist bis heute eine zentrale Ansprechperson, wenn es darum geht, das Produkt Korkfußboden weiterzuentwickeln. Sein Know-how aus der Holzindustrie, erworben an der Hochschule Rosenheim, ließ er in die Korkindustrie Portugals einfließen. Noch heute reist Brehm mit seinen Korkkunden durch Europa zu den unterschiedlichsten Maschinenherstellern, um bei neuen Produktentwicklungen mitzuarbeiten.

Heute gibt es eine Handvoll Korkfertigparketthersteller in Portugal. Es handelt sich um kleinere und mittelständische Betriebe. Von Umfang und Art sind sie, einschließlich des dominierenden Korkkonzerns Amorim, allesamt dem Mittelstand zuzuordnen. In der Endfertigung setzen sie bei der Profilierung zu 100 % Maschinen aus dem Hause Homag ein. Diesen Erfolg verdankt das deutsche Unternehmen der engen Zusammenarbeit mit Herbert Brehm und der ständigen Anpassung der Maschinentechnik an die Nischenprodukte Kork- und Designbelag. Bis zum heutigen Datum lieferte Homag 15 Linien für die Profilierung von Kork/LVT-Fertigparkett nach Portugal.

Der große Schritt: Kombination von LVT und Kork

Die Portugiesen, in einem rohstoffarmen Land mit kleinem Binnenmarkt, abgeschieden am Rande Europas, sind seit Jahrhunderten auf den Handel und Export angewiesen. Alle Fußbodenhersteller haben daher ein weltweites Vertriebsnetz aufgebaut. Lange Zeit war Deutschland der Hauptabsatzmarkt für das Korkfertigparkett und nimmt noch heute eine bedeutende Position ein. Doch trotz der Entwicklung neuer Oberflächentechnologien und der Erschließung neuer Märkte konnte ein gewisser Abschwung nicht aufgehalten werden. Die typische Korkoberfläche ist nicht mehr so "in" wie sie einmal war.

Daher sind die mittelständischen Unternehmen, allesamt Tüftler und Produktentwickler, auf eine Weiterentwicklung des Produktes Korkfertigparkett angewiesen. Zusammen mit einem Südtiroler Korkfertigparketthersteller, der heute in der Schweiz ansässig ist, griffen sie lange vor anderen Unternehmen in Europa den LVT-Trend auf. Es bedurfte keiner großen Investitionen in die Produktionsanlagen, um die oberste Schicht des Korkfertigparketts durch Vinyl zu ersetzen oder das zumeist aus Asien, der Heimat des LVT-Fußbodens, importierte Vinyl-Material zusätzlich aufzukleben. Durch die transparente Vinyl-Schutzfolie für die gewerblichen Anwendungen der Kork-Fertigparkettprodukte hatte man diese Technologie bereits seit Jahren im Haus.

Im Ergebnis entstand ein neuer, leiser Bodenbelag mit den gleichen Eigenschaften bezüglich Haptik, Struktur und Designvielfalt wie bei den gerade aufkommenden LVT-Belägen, aber obendrein verbunden mit den bekannten Eigenschaften des Korkfußbodens.

Dieser Bodenbelag erlebt einen wirtschaftlichen Boom. Einige der portugiesischen Hersteller generieren heute über 30 % ihres Umsatzes mit Vinyloberflächen - nicht mit Korkoberflächen. Jedoch ist irgendwo in diesem mehrschichtigen modularen Fußbodenaufbau immer noch mindestens eine Schicht Kork vorhanden.

Anpassung der Produktionsanlagen

Maschinenhersteller Homag ist Teil dieser Entwicklung. Produktionsanlagen müssen auf die neuen Oberflächen angepasst werden. Im Vergleich zu mehrschichtig aufgebauten reinen Vinylbelägen hat der Vinyl-Kork-Fertigboden eine wesentlich stabilere Klick-Verbindung und verliert diese nicht bei Sonneneinstrahlung.

Einen Nachteil jedoch weist das auf HDF-Trägermaterial basierende Produkt auf, sagt Roland Dengler: "Es ist nicht für Feuchträume geeignet." Aber im Gegensatz zu den meisten europäischen Laminatfußbodenherstellern, die ihre Fußbodenproduktion in Verbindung mit dem Absatz der eigenen HDF-Platten sehen, sind die portugiesischen Hersteller nicht an ein bestimmtes HDF-Trägermaterial gebunden. Sie können nach anderen Werkstoffen Ausschau halten. Dengler: "Aktuell wird intensiv an alternativen wasserfesten Trägermaterialen gearbeitet. Aber auch bei diesen in Entwicklung befindlichen Produkten wird das Naturprodukt Kork sicherlich eine zentrale Rolle im Produktaufbau spielen."
aus Parkett Magazin 05/14 (Bodenbeläge)