Online-Petition zu Ausbaukosten bei Materialfehlern gestartet
Initiative fordert: Schluss mit Alleinhaftung des Handwerks
Ein Handwerker, der beim Händler Material bestellt, das sich nach dem Einbau als mangelhaft herausstellt, muss für Ein- und Ausbaukosten selbst aufkommen. Dagegen wehrt sich jetzt eine Initiative von Handwerksorganisationen. Sie kämpft dafür, dass die Verantwortung für fehlerhaftes Material dorthin zurückgeht, wo sie eigentlich hingehört: zum Händler oder Hersteller.
Ausgangslage ist dieser Fall: Ein Handwerker kaufte von einem Großhändler Parkettstäbe und verlegte diese bei einem Kunden. Später lösten sich große Teile der Lamellen ab. Ursache war keine falsche Klebung, sondern ein Produktionsfehler. Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Verkäufer nur die Lieferung mangelfreier Parkettstäbe schuldet, jedoch nicht die Ein- und Ausbaukosten (15.7.2008, Az. VIII ZR 211/07; weitere Urteile: 17.10.2012, Az. VIII ZR 226/11; 2.4.2014, Az. VIII ZR 46/13). Denn: "Das Kaufrecht umfasst hinsichtlich des Nacherfüllungsanspruchs diese Kosten nicht", erklärt Andreas Becker, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. Nur sofort ersichtliche Mängel können im Rahmen des Kaufvertrags nach §377 HGB Untersuchungs- und Rügepflicht beim Verkäufer beanstandet werden.
Ein gewerkeübergreifender Zusammenschluss fordert nun ein faires Gewährleistungsrecht. "Mit einer Stimme" wird der Protest direkt an den Bundestag adressiert. Hier die Antworten zu den wichtigsten Fragen rund um die Aktion.
Wer steckt hinter der Initiative?Initiatoren sind mehrere Verbände und Verbundgruppen aus dem Innenausbau-Handwerk, darunter der Bundesverband Estrich und Belag, Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik, Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz, Netzwerk Boden, Parkettprofi sowie die Decor-Union. "Unsere Mitglieder dürfen nicht unverschuldet Existenzrisiken ausgesetzt sein", begründet Geschäftsführerin Regina Hebbeln-Röttjer das Engagement der Einkaufskooperation.
Was will der Zusammenschluss erreichen?Der Bundestag soll das Thema neu behandeln. Union und SPD haben sich im Koalitionsvertrag zwar darauf verständigt, dass Handwerker nicht auf Folgekosten von Produktmängeln sitzen bleiben. Fraglich bleibt, ob und wie eine Regelung umgesetzt wird. Damit das Thema von der Regierung ernst genommen wird, hat die Initiative eine Online-Petition ins Leben gerufen. Sie soll im Frühjahr 2015 angemeldet werden, berichtet Klaus Stolzenberger, Sprecher der Initiative.
Was ist eine Online-Petition?Mit Hilfe dieses digitalen Instruments können Bürger seit 2005 ihre Anliegen in den Bundestag tragen. Der Initiator selbst hat 500 Zeichen Platz für seine Forderung, 3.000 weitere für eine Begründung. Nötig sind 50.000 Unterstützer, damit der Bundestag sich mit dem Anliegen befasst.
Wie kann man sich an der Petition beteiligen?Der Handwerker, seine Familie und Freunde können sich im Netz unter www.miteinerstimme.org eintragen. Dafür muss man sich zuerst online registrieren, namentlich oder auch anonym. In jedem Fall ist die Angabe der E-Mail-Adresse notwendig. Ferner kann eine persönliche Erklärung abgegeben werden. Bis zum tatsächlichen Start der Online-Petition bekommen die Teilnehmer fortlaufend Informationen per E-Mail.
Was passiert, wenn nicht genügend Unterstützer zusammenkommen?Die Initiative will dann andere Strategien verfolgen. Wie diese aussehen sollen, ist derzeit nicht bekannt.
... und wann muss der Lieferant/Hersteller doch alles bezahlen?
wenn der Bauherr selbst das Material einkauft, dieses von einem Handwerker einbauen lässt und später ein Mangel durch einen Materialfehler auftritt. Dann muss der Händler bzw. Hersteller neben der Ersatzlieferung eines mangelfreien Produkts auch die Ein- und Ausbaukosten tragen. Grund: Der Endverbraucher ist im Gegensatz zum Handwerker durch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie der Europäischen Union geschützt (RA Andreas Becker, Hannover).
aus
Parkett Magazin 05/14
(Handwerk)