Kleiner Fehler – Großer Schaden
Falschberatung im Baumarkt: Designbelag kommt hoch
Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um eine misslungene Designbelagsverlegung mit bis zu 10 mm hohen Kantenstippungen an den Kopfstößen. Ein Bodenleger kaufte in einem Baumarkt PVC-Designbeläge für die Verlegung in einem Wohnhaus. Er ließ sich in dem DIY-Markt beraten, mit welchen Verlegewerkstoffen die Klebung des Belages durchzuführen sei.
Der Verleger beschrieb dem vermeintlichen Fachberater, dass er einen alten Teppichboden vom Gussasphaltestrich entfernt habe und sämtliche am Untergrund vorhandenen alten Klebstoff- und Spachtelmassenschichten durch Schleifen beseitigt seien. Nach dem Grundieren der Estrichoberfläche mit einem Dispersionsvorstrich führte er eine vollflächige Spachtelung in einer Schichtdicke zwischen 4 und 6 mm durch.
Für dieses Vorgehen empfahl der Baumarkt-Verkäufer einen Polyurethanreaktionsharzvorstrich und einen Dispersionsklebstoff. Letzterer war von dem Verlegewerkstoffhersteller speziell für Designbeläge freigegeben. Nachdem die Spachtelmasse innerhalb von zwei bis drei Tagen getrocknet war, brachte der Bodenleger den 1K-Vorstrich auf. Nach einer mehrstündigen Trockenzeit folgte die Klebung der Designbelagsplanken. Wie empfohlen, benutzte der Bodenleger für den Klebstoffauftrag eine kurzflorige Walze. Etwa einen Tag nach Beendigung der Verlegung stellten die Bauherren hochstehende Kopfstöße der Designplanken fest. Sie ließen sich stellenweise ohne nennenswerten Kraftaufwand manuell ablösen.
Schaden - Kantenstippungen der KopfstößeDer Sachverständige konnte sich davon überzeugen, dass in allen Räumen viele bis zu 10 mm hohe Kantenaufstippungen der Kopfstöße der Designplanken vorlagen. Zwecks Ursachenforschung führte er repräsentativ an mehreren Stellen manuelle Ablöseversuche durch. Nach dem Anheben des Belags ließen sich die betroffenen Planken mit zwei Fingern großflächig vom Untergrund ablösen.
Kurzum: Eine dem Stand der Technik entsprechende ausreichende Klebung der Designbeläge war nicht festzustellen. Stattdessen war der eingefärbte, mit der Rolle und somit dünn aufgetragene Klebstoff teils weich und schmierig und haftete nur punktuell an der Rückseite der Designplanken an. Die vollflächige Dispersionsklebstoffschicht war dünn und ließ sich zudem ohne Weiteres abschaben.
Gleich nach dem Entfernen der Beläge orientierend durchgeführte Feuchtigkeitsmessungen an der Oberfläche der erkennbar geschliffenen Spachtelmassenschicht ergaben Anzeichen erhöhter Feuchtigkeit. Zudem war ein transparent glasartig erhärteter Vorstrich erkennbar. Somit konnte das Wasser aus dem Dispersionsklebstoff nicht von der Spachtelmassenschicht aufgenommen werden.
Der Sachverständige bewertete die Bodenfläche als irreparable Fußbodenschäden, die nur durch eine komplette Neuverlegung der Designplanken zu korrigieren waren.
Ursache - Klebung auf nicht saugenden UntergrundDie Ursache der eindeutig feststellbaren ungenügenden Haftung des Belags ist hauptsächlich darin begründet, dass die Klebung zwar mit einem geeigneten Klebstoff, aber auf der Oberfläche eines durch die Reaktionsharzgrundierung nicht saugenden Untergrunds durchgeführt wurde.
Nach den anerkannten Regeln der Technik und des Fachs und auch den einschlägigen Verarbeitungsrichtlinien vieler Verlegewerkstoffhersteller ist es erforderlich, für eine sach- und fachgerechte Klebung mit einem wasserbasierten Klebstoff einen saugenden Untergrund herzustellen. Dieser kann gerade nicht mit einem Reaktionsharzvorstrich erreicht werden, der die Spachtelmassenoberfläche vollständig abdichtet. Somit lag kein funktionierender Bodenaufbau vor.
Verantwortlichkeit - Versicherung des Baumarktes "rettet" BodenlegerIm vorliegenden Fall lag eine Falschberatung des Verkäufers in Bezug auf den Bodenaufbau vor. Allerdings gehört es zu den handwerklichen Grundkenntnissen eines Bodenlegers, dass wasserbasierte Klebstoffe, die nicht reaktiv erhärten, immer einen saugenden Untergrund benötigen.
Bei der Klebung eines Bodenbelags auf einem Gussasphaltestrich, der nicht saugend ist, ist mindestens eine 2 mm dicke Spachtelung notwendig. Wenn z.B. bei einem Zementestrich eine Oberflächenverfestigung mit einem Reaktionsharz vorgenommen wird - wodurch die Oberfläche wiederum nicht saugend wird -, ist ebenfalls das Aufbringen einer saugenden zementären oder calciumsulfatgebundenen Spachtelmasse erforderlich.
Die Falschberatung im Baumarkt führte zur Verarbeitung einer Reaktionsharzgrundierung auf einer ausreichend festen Spachtelmasse. Dies war keinesfalls erforderlich und auch nicht geeignet, darauf die Verlegung eines Belags mit einem wasserbasierten Klebstoff durchzuführen.
Der Bodenleger hatte Glück, da die Versicherung des Baumarktes für diese Falschberatung eintrat. Die Kosten für die Entfernung des Belags und sämtlicher am Untergrund anhaftender Verlegewerkstoffschichten, die Spachtelung und die Neuverlegung des Belags wurden erstattet.
Der Autor
Fußboden-Gutachter Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für Bodenbeläge.
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aus
FussbodenTechnik 05/14
(Handwerk)