Möbelmarkt Dogern, Möbelarena Rheinfelden, Wohnpark Binzen
"Was man nicht zeigt, kann man nicht verkaufen"
Teppichabteilungen im Möbelhandel zeichnen sich seit vielen Jahren durch schrumpfende Flächen und eine sinkende Angebotsvielfalt aus. Dass es auch anders geht, beweist Wilhard Kühne, der als Fachbereichsleiter die Teppichabteilungen in sechs Einrichtungshäusern im südlichen Baden-Württemberg betreut. Seine Abteilungen zeigen die gesamte Bandbreite des Teppichs und schaffen eine wirtschaftlich erfolgreiche Balance zwischen preiswerten Modeprodukten und hochwertigen klassischen Knüpfteppichen.Zugegeben - die Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Teppichverkauf sind hier günstiger als anderswo: Die Möbelarena in Waldshut-Tiengen, der Möbelmarkt Dogern, die Möbelarena Rheinfelden und der Wohnpark Binzen ziehen sich wie eine Perlenkette entlang des Rheins - mit der Schweiz am anderen Ufer buchstäblich in Sichtweite - bis in die französische Grenzregion. Großindustrie, ein überaus potenter Mittelstand und Vollbeschäftigung prägen die Wirtschaftsstruktur im Dreiländereck. Kaum irgendwo sonst ist die Kaufkraft höher als hier. Und dennoch bedarf es auch an diesem ökonomisch privilegierten Standort viel Detailarbeit, um Teppich und Konsument zusammenzuführen. Wilhard Kühne, der als Leiter und Zentraleinkäufer für die Teppichabteilungen verantwortlich ist, hat in allen Häusern deutlich seine Handschrift hinterlassen. Die sechs Häuser, die Kühne betreut, gehören zu einem Unternehmen, treten nach außen aber eigenständig auf.
Wer im Möbelmarkt Dogern den Besucherweg im Erdgeschoss entlang schreitet, wird zu seiner Linken von einer Blätteranlage mit modernen Teppichen empfangen, die häufig ausgetauscht werden, so dass die Kunden permanent Neues sehen. Gleich daneben zeigt die Abteilung die gesamte Bandbreite der Teppichkultur: Ein Vollsortiment von hochwertiger Knüpfware bis zu preiswerten Markenartikeln, abgerundet mit einem breiten Angebot von Handwebteppichen von Allgäuer Handwebereien und Paulig. Die Positionen der modischen Schnelldreher werden zum Beispiel von Schöner Wohnen, OCI, Astra und Arte Espina besetzt. Auf den Stapeln mit der klassisch gemusterten Ware finden sich Teppiche aus Pakistan, Indien und Iran. Ergänzt wird das Knüpfteppichsortiment mit Gabbeh und Nepalteppichen. Auch Kelims und Felle haben einen Platz. Etwas abgesetzt komplettieren ein Natur Pur-Shop und eine Schatzkammer mit klassischen Seidenteppichen die Abteilung. Auch bei den Größenläufen ist Kühne ein rundes Sortiment wichtig. Selbst große Stücke mit Maßen von 250 x 300 cm - perfekt für das Esszimmer - finden sich in großer Auswahl. Viele andere Abteilungen haben solche Formate längst aufgegeben. Dass hinter der Abteilung nicht nur ein Verkaufsprofi, sondern auch ein Teppichenthusiast steht, zeigen ausgefallene, einmalige Stücke, wie Nachknüpfungen klassischer Tibet-Teppiche, die persönlich in Auftrag gegeben wurden oder alte afghanische Teppiche, mit denen Kühne im Sortiment experimentiert. Und noch ein weiteres Detail der Konzeption zeigt, dass man hier von geknüpften Klassikern überzeugt ist: Das Sortiment aller Abteilungen enthält - als einzige Lücke - ganz bewusst keine klassisch gemusterten Maschinenwebteppiche. Als sehr interessantes Randsortiment findet sich eine respektable Auswahl an Sauberlaufmatten.
Die für heutige Verhältnisse große Produktvielfalt spiegelt sich in Dogern in bemerkenswerten Verkaufsanteilen wieder. Rund 25 Prozent der Umsätze werden mit klassisch gemusterter Knüpfware und 15 Prozent mit Gabbeh- und Tibet-Teppichen erwirtschaftet. "Knüpfteppiche sind nach wie vor gefragt und werden - entgegen allen Vorurteilen - auch von jungen Leuten gekauft", weiß Kühne zu berichten. Dass der allgemeine Branchentrend jedoch hin zum Teppich als billiges und beliebiges Konsumgut geht, schmerzt ihn. "Der Teppich hat es nicht verdient, auf seinen Preis reduziert zu werden", sagt Kühne. "Den Teppich als Kulturgut kann man eben nur dann verkaufen, wenn man ihn auch als solches präsentiert." Kühne ist es besonders wichtig, in seinen Abteilungen ein Vollsortiment zu zeigen, mit einem großen Anteil klassisch gemusterter Ware. Und das, obwohl ihm keine riesigen Flächen zur Verfügung stehen. "Was man nicht zeigt, kann man nicht verkaufen", erklärt Kühne seine Leitlinie.
Die Möbelarena in Rheinfelden zeigt wieder deutlich die Handschrift des Abteilungsleiters. Nach dem Umbau vor einem Jahr wurde - so wie es in allen anderen Abteilungen gleichermaßen praktiziert wird - die hochwertige Ware stark in den unmittelbaren Fokus gerückt. Obwohl die Fläche hier nur halb so groß wie in Dogern ist, sind Knüpfteppiche jetzt im Eingangsbereich der Abteilung platziert, damit auch diejenigen Kunden sie bewusst passieren, die zu den Markenteppichen im hinteren Teil wollen. Die Neugestaltung, bei Beibehaltung eines Vollsortimentes, hat sich ausgezahlt: "Die Wertigkeit der Umsätze hat sich deutlich verbessert", erklärt Kühne, "40 Prozent des Umsatzes erwirtschaften wir heute mit Knüpfteppichen." Doch dafür ist viel Detailarbeit notwendig. Denn obwohl die Möbelarena nur eine halbe Stunde vom Möbelmarkt Dogern entfernt liegt, bedient sie eine merklich andere Kundschaft. Hier werden etwa Gabbehs deutlich besser verkauft, und das Sortiment ist entsprechend auf diese Nachfrage ausgerichtet.
Das Flaggschiff unter den verschiedenen Häusern ist der im Oktober 2012 eröffnete Wohnpark Binzen, der mit Verkäufern, die auch französisch sprechen, bereits deutlich im Einflussbereich des Nachbarlandes liegt. Die Teppichabteilung hat mit dem Eingangsbereich des Erdgeschosses eine Prämiumplatzierung bekommen - schon vom Parkplatz aus sind durch die Glasfassade zusammengerollte Läufer zu sehen. Wer durch diese Teppichabteilung geht, passiert auch hier zuerst hochwertige Knüpfteppiche, bevor er zu den trendigen Schnelldrehern im hinteren Bereich kommt. Beide Sortimentsteile sind sowohl optisch als auch wirtschaftlich gleichwertige Stützen der Abteilung.
Für Wilhard Kühne ist die sorgfältige Konzeption einer Teppichabteilung aber nur eine Voraussetzung für den Verkaufserfolg. Noch wichtiger ist ihm aber gut geschultes Personal. "Mir nützt die schönste Abteilung nichts, wenn der Verkäufer keine Beziehung zum Produkt hat", beklagt der Teppichveteran den branchenweiten Rückgang von Fachverkäufern. "Jede Abteilung steht und fällt mit einem guten Verkäufer."•
aus
Carpet Magazin 03/14
(Handel)