Kleiner Fehler – Großer Schaden

Buckelpiste: Egalisierung eines Altuntergrundes ging schief

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um deutliche Unebenheiten unter einem PVC-Belag in einer Kantine.

Ein Bodenleger erhielt den Auftrag, in einer etwa 200m2 großen Kantine einen PVC-Belag auf einem schwimmenden Estrich zu verlegen. Im Zuge der umfangreichen Sanierung waren in dem Raum Zwischenwände entfernt worden.

Neben der eigentlichen Neuverlegung eines dunkelgrauen PVC-Belags sollte der Bodenleger die Ausbrüche und Fehlstellen von entfernten Wänden mit einem Schnellmörtel ausbessern. Vorhandene Risse waren kraftschlüssig zu schließen und nachfolgend der Boden vollständig zu egalisieren und zu spachteln. Um eine ausreichende Ebenheit erzielen zu können, durfte der Bodenleger bis zu einer Dicke von 10 mm spachteln - diese Zusicherung erhielt er vor der Ausführung.

Der Bodenleger grundierte die Estrichfläche mit einem Polyurethanreaktionsharzvorstrich und streute die Fläche fachgerecht mit Quarzsand ab. Das Egalisieren führte er im Rakelverfahren mit einer zementären hochfesten Spachtelmasse durch.

Nach dem Erhärten der Spachtelmasse wurde die Oberfläche vollständig geschliffen, der 2 mm dicke PVC-Belag geklebt und die Nahtkanten thermisch verfugt.

Nach wenigen Innenausbaumaßnahmen erfolgte die Bauschlussreinigung und die Einpflege des Bodenbelags. Bereits zu diesem Zeitpunkt rügte der Architekt auffällige Unebenheiten in der Fläche, sodass eine sachverständige Prüfung erforderlich war.

Schaden: Buckelartige Erhöhungen in der Fläche

Beim Gutachtertermin zeigte sich die Fläche gesäubert und teilweise hochglänzend. In der zu beurteilenden Kantine finden regelmäßig Veranstaltungen und Betriebsversammlungen statt. Die insgesamt wellige und buckelige Oberfläche würde auch jedem Laien sofort negativ auffallen.

Da der Sachverständige aus jeder Blickrichtung eine Gegenlichtbetrachtung feststellte, legte er diese auch als Maßstab an die Fläche an. In der Oberfläche des PVC-Belags waren eine Vielzahl optisch auffälliger Unebenheiten in Form von buckelartigen Erhöhungen mit angrenzenden Vertiefungen erkennbar. Die Oberfläche wies außerdem wulstartige Erhöhungen und treppenartige Absätze auf, die sich teilweise auch in Form von geradlinigen Rillen darstellten. Diese optischen Beeinträchtigungen zeigten sich in regelmäßigen Abständen von etwa 2 m über die gesamte Länge des Raumes. Neben diesen Unregelmäßigkeiten waren auch halbkreisförmige Kellenschläge in der Spachtelung zu erkennen.

Da im Streiflicht sichtbare Unebenheiten nach DIN 18365 "Bodenbelagsarbeiten" und ihrer Kommentierung zulässig sind, wenn die Toleranzen von der DIN 18202 gedeckt sind, führte der Sachverständige eine Vielzahl von Ebenheitsmessungen durch. Er setzte dabei eine 2m und eine 1 m lange, jeweils nicht waagerecht ausgerichtete Wasserwaage ein. Auf Messstrecken zwischen 1 m, 1,50 m und 2 m ergaben sich Toleranzüberschreitungen der Grenzwerte der Ebenheitstoleranzen nach DIN 18202 Tabelle 3 Zeile 3: Auf Messstrecken bis zu 2 m waren es Stichmaße bis 9mm (das entspricht einer Toleranzüberschreitung von 3 mm) und bei Messstrecken bis 1 m Stichmaße teilweise bis 6 mm (Toleranzüberschreitung 2 mm).

Ebenheitsmessungen bei den geradlinigen Spachtelmassenansätzen ergaben auf kurzen Messstrecken nur wenige Toleranzüberschreitungen von ungefähr 1 mm. Vielfach waren dort die zulässigen Ebenheitstoleranzen eingehalten.


Ursache: Schlechte Egalisierung des Untergrundes

Als Ursache hat sich eindeutig die mangelhafte handwerkliche Leistung beim Egalisieren und Ausgleichen herausgestellt. Der Bodenleger hätte die vorhandene Estrichfläche mit einer 2 bis 4 m langen Messlatte überprüfen müssen, zumal er vom Auftraggeber sogar den besonderen Hinweis erhalten hatte, auf eine ausreichende Schichtdicke beim Spachteln zu achten. Der Verarbeiter hätte erkennen müssen, dass gerade dort, wo Wände entfernt worden waren, zusätzliche Maßnahmen erforderlich gewesen wären. Dazu zählte das Abschleifen von Erhöhungen oder auch in der Fläche begrenzte Egalisierungsmaßnahmen mit einer standfesten Spachtelmasse. Eventuell hätte er auch die Spachtelmasse mit einem Richtscheit abziehen müssen, bevor das vollständige Spachteln im Rakelverfahren durchgeführt wurde.

Für den Fall, dass diese Maßnahme nicht möglich gewesen wäre, hätte der Bodenleger Bedenken anmelden müssen. Der Estrich wäre dann großflächig zu entfernen gewesen.

Zu bemängeln gab es zusätzlich eine mangelhafte Durchführung des Rakelverfahrens. In den Randbereichen einer bereits aufgezogenen Rakelbahn entstanden bereits Erhärtungen (beginnender Abbindeprozess). Bei der angrenzend frisch aufgebrachten Rakelbahn konnte es deshalb nicht zu einem homogenen Verlauf der Spachtelmasse kommen. Es ist davon auszugehen, dass dem Fachmann bereits nach Erhärten der Spachtelmasse solche Unebenheiten hätten auffallen müssen, die dann vor der Verlegung des Belags hätten beseitigt werden können.

Das Fazit fällt ernüchternd aus: Der neu hergestellte Fußboden entsprach aufgrund der handwerklichen Fehlleistung nicht den zurzeit geltenden Normen und auch nicht den allgemein anerkannten Regeln des Fachs.


Verantwortlichkeit: Bodenleger trägt Kosten

Die handwerklichen Fehlleistungen gehen eindeutig zu Lasten des Bodenlegers. Im Rahmen der Prüfung des Untergrundes hätte er eventuell Bedenken anmelden müssen. Außerdem ist die handwerkliche Egalisierung und Spachtelung des Untergrundes misslungen.

In dem Bauvorhaben wurde es erforderlich, die Bodenbeläge vollflächig zu entfernen und vorab mit nahezu rasterförmigen Ebenheitsmessungen Egalisierungsmaßnahmen des Untergrundes durchzuführen. Erst danach sollte ein nochmaliges vollflächiges Spachteln erfolgen. Sollten diese vorgeschlagenen Maßnahmen nicht von Erfolg gekrönt sein, bliebe nur die Erneuerung der gesamten Fußbodenkonstruktion, bei der es sich empfehlen würde, einen Fließestrich einzubauen.

Der Autor


Fußboden-Gutachter Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für Bodenbeläge.

Professor-Lübeck-Straße 8
36088 Hünfeld
Tel.: 06652/2309
Fax: 06652/748778
Internet: www.gutachter-becker.de
aus FussbodenTechnik 06/14 (Handwerk)