Kommentar von Ulrich Baumert

"Rote Karte" für Direktvermarktung


Man schrieb das Jahr 2000, als Parador die Entscheidung traf, seine Produkte auch über Baumärkte zu vertreiben, was bei den bis dahin exklusiv belieferten Holz- und Baustoffhändlern einen Sturm der Entrüstung auslöste. Doch es war ein laues Lüftchen, verglichen gegenüber dem, was den Coesfeldern in den vergangenen Wochen ins Gesicht blies und Thema Nr. 1 in den einschlägigen Branchen war. Einen vergleichbaren Affront eines Industrieunternehmens gegenüber seinen Kunden im Holz-, Bodenbelags- und DIY-Handel hat es selten gegeben - ein Drama in drei Akten.

1. Akt: In einem Kundenbrief hatte Parador mitgeteilt, als Direktvermarkter in den Internethandel einzusteigen und die "Möglichkeit zu bieten, Markenprodukte zum UVP online zu bestellen". Zugleich würden damit die "Anforderungen des Marktes nach Preistransparenz und Orientierung im Internet" erfüllt. Und weiter: "Gerne unterstützen wir Sie dabei, wenn Sie selbst professionell im Netz agieren möchten". Ein wohl gemeintes Angebot, könnte man denken - doch es ging hoch wie eine Bombe.

2. Akt: Als größte Einkaufskooperation des Holzhandels ergriff Holzland mit einer Blitzumfrage die Initiative. "Werden Sie die Firma Parador weiterhin als Lieferant der (Parkett-)Eigenmarke HQ fördern?", hieß es da unter anderem, was von den Mitgliedern mit einem deutlichen Nein beantwortet wurde. Ein Ultimatum, das Thema E-Commerce zu beenden, ließ Parador verstreichen, weshalb andere Parketthersteller eingeladen wurden, Angebote abzugeben. Mit der Hagebau und Eurobaustoff machten weitere Verbundgruppen ihren Unmut gegenüber Parador deutlich.

3. Akt: Am 19. November dann die überraschende Kehrtwende: Nach vier Wochen stellt Parador - zermürbt vom Druck aus dem Markt - den Online-Direktvertrieb ein. Schadenfreude wollte bei der Konkurrenz nicht aufkommen. "Da sieht man mal wieder, wie wir armen Hunde der Industrie vom Handel durch die Manege geführt werden", kommentierte ein Geschäftsführer.

Die Marktpartner sehen das offensichtlich anders: Was Parador "Preistransparenz" nennt, ist für den stationären Handel ein Schreckgespenst. Um die Vergleichbarkeit via Internet zu umgehen, platziert man Eigenmarken oder weniger bekannte Zweit-Label. Dennoch: Auf die großen Namen will niemand verzichten, wie unsere Nachstehende Umfrage beweist
(siehe Seite 10).

Das Thema polarisiert wie kein zweites. Die Problematik E-Commerce/Marke brachte ein Händler so auf den Punkt: "Der selektive Vertrieb ist heute kaum mehr vorhanden und auch nur noch begrenzt zeitgemäß. Eine klare Struktur der Vertriebswege ist aber möglich und nötig - Direktvertrieb der Industrie an End- oder Handwerkskunden ist für eine Industriemarke in unserer Branche völlig inakzeptabel. Auch hier gilt noch ein gewisses Maß an notwendigem Vertrauen zwischen Handel und Hersteller. Die Erschließung neuer Vertriebswege muss für Industrien, die eine ,starke Marke’ werden wollen, immer in Zusammenarbeit mit den bestehenden Kunden passieren."

Dem ist aus unserer Sicht nichts hinzuzufügen.
Ein Kommentar von Ulrich Baumert
aus Parkett im Holzhandel 06/14 (Handel)