EuGH-Urteil zum Ü-Zeichen
Stimmen der Verbände
Fachverband der Hersteller elastischer Bodenbeläge (FEB)
Urteil bringt keine Veränderungen
"Der Klagegegenstand und damit auch das Urteil beziehen sich nur auf die drei Produktkategorien Rohrleitungsdichtungen aus thermoplastischem Elastomer, Wärme-Dämmstoffe aus Mineralwolle und Tore, Fenster und Außentüren - erfasst in den harmonisierten Normen EN 681-2:2000, EN 13162:2008 und EN 13241-1. Deshalb bringt dieses Urteil keine Änderung der Rechtslage für die Hersteller und für die Verarbeiter von Bodenbelägen. Nach wie vor müssen elastische und textile Bodenbeläge sowie Laminat der EN 14041, der Bauprodukteverordnung (BauPVO) und in Bezug auf VOC auch der Bauregelliste Teil B entsprechen. Folglich sind abZ und Ü-Zeichen neben den weiteren Vorgaben der BauPVO auch weiterhin gesetzlich vorgeschrieben.
Die FEB-Mitglieder sehen in der aktuellen BauPVO und den ergänzenden Schadstoffregelungen viele Vorteile für die Verbraucher und Bewohner hinsichtlich der Qualität und der Sicherheit der Bodenbeläge. Deshalb gehören VOC-Prüfungen für die FEB-Mitglieder seit fast zehn Jahren zum normalen Alltag. Denn bereits Anfang 2007 verkündete der FEB, dass alle Produkte der Mitglieder eine abZ besitzen und die Herstellungsprozesse kontinuierlich überwacht werden. Hinsichtlich Emissionen und der Qualität der Raumluft gibt es keinen besseren Schutz für den Bewohner."
Verband der Deutschen Heimtextilien-Industrie (Heimtex)
abZ leistet wichtigen Beitrag
"Die Entscheidung des EuGH ändert an der Rechtslage im Hinblick auf die von der Bauregelliste erfassten Bodenbeläge erst einmal nichts. Das Argument des innereuropäischen freien Warenverkehrs ist zwar nicht neu, das Urteil bezieht sich aber nur auf die dort bezeichneten Produktgruppen; eine weitergehende Wirkung besteht nach unserer Auffassung daher nicht.
Unabhängig davon wird mit der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung (abZ) ein wichtiger und sinnvoller Beitrag für die Qualität der Innenraumluft geleistet. Ein vergleichbares Bestreben ist in unseren europäischen Nachbarländern Belgien und Frankreich zu beobachten. Eine einheitliche europäische Regelung wäre daher wünschenswert, um tatsächlich gleiche Verhältnisse in ganz Europa in diesem Bereich zu schaffen.
Das Handwerk hat mittlerweile die Bedeutung der abZ erkannt und fragt bei seinen Lieferanten auch gezielt nach, um keine böse Überraschung zu erleben. Im Bereich der Architekten und Facility-Manager besteht unseres Erachtens noch Aufklärungsbedarf. Hierum kümmern wir uns ebenso, wie um die bekannten ,schwarzen Schafe’."
Verband der Europäischen Laminatfußbodenhersteller (EPLF)
Urteil beseitigt Markthemmnisse
"Der EPLF begrüßt dieses Urteil und sieht es als Meilenstein auf dem Weg, die nach wie vor in verschiedenen Mitgliedsländern bestehenden Markthemmnisse innerhalb der EU endgültig zu beseitigen. Der EPLF hatte bereits vor Jahren im Gespräch mit Repräsentanten des DIBt auf ,disharmonische’ Regelungen hingewiesen, war aber entschieden zurückgewiesen worden. Auch wenn sich das aktuelle Urteil des EuGH konkret auf Bauprodukte bezieht, die durch bestimmte harmonisierte europäische Normen abgedeckt sind (in diesem Fall insbesondere Türen, Tore und Wärmedämmprodukte), muss es sich aus Sicht des EPLF auf das gesamte deutsche System der Bauregellisten auswirken.
Zur aktuellen Situation jenseits dieses Urteils: Die jüngst verabschiedete Bauproduktenverordnung (BauPVo) (305/2011/EU) erweitert die Möglichkeit, innerhalb der CE-Markierung die gesundheits- und umweltrelevanten Eigenschaften von Bauprodukten zu deklarieren. Damit können die Mitgliedsstaaten zwar Leistungsanforderungen für Bauprodukte festlegen, allerdings nur unter der Bedingung, dass damit nicht der freie Verkehr von CE-gekennzeichneten Produkten behindert wird. Zum Beispiel für die Laminatböden der EPLF-Mitglieder entsteht dadurch die Möglichkeit, deren Umweltfreundlichkeit deutlich sichtbar und konkret nachprüfbar zu machen."
Verband der Deutschen Parkettindustrie (VDP)
Beim Parkett bleibt alles wie bisher
"Das Urteil behandelt Regelungen, die unter den Geltungsbereich der Bauproduktenrichtlinie fielen. Ebenso werden im Urteil exemplarisch drei Produktnormen aufgeführt. Welche Auswirkungen das Urteil auf die aktuell gültige Bauproduktenverordnung hat, wird sicherlich in nächster Zeit noch zu klären sein.
In Bezug auf die europäisch harmonisierte Norm EN 14342 ,Holzfußböden und Parkett - Eigenschaften, Bewertung der Konformität und Kennzeichnung; deutsche Fassung EN 14342:2013’ und den in Deutschland erforderlichen Nachweis der Prüfung nach AgBB-Schema gehen wir derzeit davon aus, dass alles bleibt wie bisher.
Den Grund für unsere Einschätzung in Deutschland sehen wir in dem derzeit europäisch nicht harmonisierten Bereich der Grundanforderungen an Bauwerke (früher wesentliche Merkmale) Nr. 3: Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz. So existieren z.B. sowohl in Frankreich als auch in Belgien nationale Anforderungen hinsichtlich der VOC-Emissionen. Derzeit ist nicht erkennbar, dass hier eine europäische Harmonisierung erreicht werden kann."
Technische Kommission Bauklebstoffe (TKB) / Industrieverband Klebstoffe (IVK)
Bodenbelags- und Parkettklebstoffe müssen Norm-Hürde erst noch nehmen
"Das Urteil bezieht sich nur auf die Produktgruppen, die harmonisierten EN-Normen unterliegen, und gilt nicht für andere Bauprodukte. Dennoch ist es als Referenzurteil von großer Bedeutung für ein juristisches Vorgehen gegen die nationalen Regelungen des DIBt, insbesondere die ergänzende Forderung nach einer bauaufsichtlichen Zulassung für Produkte, die durch Erfüllung der Forderungen einer harmonisierten EN-Norm die Übereinstimmung mit der Bauproduktenverordnung nachweisen. Ein Nebeneinander von europäischem CE- und deutschem Ü-Zeichen ist demnach juristisch anfechtbar. Für Bodenbelags- und Parkettklebstoffe steht ein Rückzug der nationalen Anforderungen (Ü-Zeichen) noch nicht an, da die zugehörigen EN-Normen EN 14259 und EN 14293 noch nicht die wesentlichen Anforderungen (BRCW) der Bauproduktenverordnung (CPR) enthalten. Entsprechend erweiterte, von TKB / IVK erstellte Normentwürfe liegen seit längerem vor und sind bereits im entsprechenden CEN-Normungsgremium beraten worden."
Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik (ZVPF)
Noch keine Antwort vom DIBt
"Offen ist die Frage, wie mit diesem Urteil im Hinblick auf die Zulassungspflicht von Parkett und Bodenbelägen sowie Hilfswerkstoffen umzugehen ist. Wir können nur empfehlen, sehr sorgfältig mit dieser Problematik zu verfahren, weil die Auffassung des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt), wonach die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes nur für die im Urteil benannten Bauprodukte gelten soll, sich so im Urteil nicht wieder findet. Vielmehr ist dort davon die Rede, dass diese Entscheidung für alle Bauprodukte gilt, für die es harmonisierte europäische Normen gibt. Dies ist für nahezu alle von unseren Mitgliedsbetrieben verarbeiteten Produkte und Hilfswerkstoffe zutreffend.
Wir empfehlen bis zur abschließenden Klärung auch weiterhin nur zugelassene Produkte mit Ü-Zeichen und bauaufsichtlicher Zulassung zu verwenden. Meine Anfrage an das DIBt, wie sich die Handwerker verhalten sollen, blieb bislang unbeantwortet."
Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB)
Bauschaffende müssen sich auf Bauprodukte verlassen können
"Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes befürchten Qualitätsverluste bei Bauprodukten und fordern, dass die Verwendbarkeit von Bauprodukten sichergestellt und Europäische Normen nachgebessert werden.
Mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs ist die bewährte Qualität von Bauprodukten in Deutschland gefährdet. Wir sehen die Bundesregierung und die Bauaufsichtsbehörden in der Pflicht, wesentliche Anforderungen an Bauprodukte, die den Schutz von Leben, Gesundheit und Umwelt tangieren, entweder auf europäischer Ebene durchzusetzen oder einen Lösungsweg für eine nationale Regulierung zu finden.
Obgleich sich das Urteil nur auf drei im Verfahren konkret benannte Produktkategorien und auf die inzwischen nicht mehr gültige, im Jahr 2013 durch die EU-Bauproduktenverordnung abgelöste EG-Bauproduktenrichtlinie bezieht, sind negative Konsequenzen auch für eine weitaus größere Zahl bislang nach deutschen Qualitätsstandards hergestellter, durch akkreditierte Prüfinstitute fremdüberwachter und mit einem Ü-Kennzeichen versehener Bauprodukte möglich. Deutschland ist deshalb gefordert, alle wesentlichen bauaufsichtlichen Verwendbarkeitsanforderungen an Bauprodukte so festschreiben, dass Hersteller auch künftig angehalten bleiben, diese vollständig nachzuweisen. Eine Verlagerung dieser Verantwortung auf den Anwender oder den privaten Verbraucher ist undenkbar. Bauschaffende müssen sich auf die Verwendbarkeit von Bauprodukten verlassen können."
Bundesregierung
Mängel in der EU-Harmonisierung beseitigen
"Es ist jetzt klar, dass wir in Deutschland von unmittelbar produktbezogenen Zusatzanforderungen und verpflichtenden nationalen Zulassungen wegkommen müssen. Hier müssen wir eng mit der Europäischen Kommission zusammenarbeiten. Genauso wichtig ist es aber auch, dass wir gegenüber der Kommission darauf bestehen, dass die vielen bekannten Mängel und Lücken in der europäischen Harmonisierung von Bauprodukten jetzt rasch beseitigt werden. Das wichtigste ist für mich, dass wir in Europa und in Deutschland die Errungenschaften eines sicheren und nachhaltigen Bauens bewahren und ausbauen."
aus
BTH Heimtex 12/14
(Bodenbeläge)