BTH Heimtex initiiert die Kreativ-Runde Teppichboden

"Sprechen Sie nicht von Teppichboden, sondern von Behaglichkeit"

Wie lässt sich Teppichboden dem Endverbraucher wieder schmackhaft machen? Um diese Frage zu beantworten, hat BTH Heimtex die "Kreativ-Runde Teppichboden" ins Leben gerufen. Branchenkenner aus allen Vertriebsstufen trafen sich in Hamburg mit der Redaktion, um gemeinsam zu überlegen, wie der textile Belag beim Verbraucher sein positives Image zurück bekommen kann. In einer lebhaften Diskussion kristallisierten sich drei Ansätze heraus: 1. Ein Future Shop könnte dem stationären Ideen und Anregungen geben. 2. Der textile Belag braucht einen professionellen Auftritt im Internet. 3. Nur gemeinsam lässt sich der Imagewechsel schaffen, wobei es der Zahlung eines Mitgliedsbeitrages für eine Initiative nicht getan ist.


Teppichboden hat beim Endverbraucher ein denkbar schlechtes Image: beige, schmuddelig, altmodisch - einfach nicht sexy. Vor allem jüngere Konsumenten ziehen den textilen Belag gar nicht mehr in Betracht, wenn sie sich über Bodenbeläge Gedanken machen.

Um diese Wahrnehmung in den Köpfen zu ändern, hat BTH Heimtex zur "Kreativ-Runde Teppichboden" nach Hamburg eingeladen. Branchenkenner aus Industrie, Groß- und Fachhandel, Handwerk sowie Design trafen sich, um das Problem zu diskutieren und Lösungsansätze zu formulieren.

Für den unverstellten Blick von außen saß der Industrie-, Oberflächen- und Innenraumdesigner Markus Benesch mit am Tisch. Er hält es für zwingend erforderlich, bei Werbung und Verkauf von Teppichboden viel stärker emotionale und ästhetische Aspekte anzusprechen. Gegenwärtig ginge es bei Gesprächen über den textilen Belag sowohl im Freundes- und Kollegenkreis als auch im Internet im Wesentlichen um technische Einzelheiten oder die Frage, ob er besser geeignet sei als Laminat.

Benesch findet dies um so verwunderlicher, als Teppichboden ursprünglich ein dekoratives Einrichtungselement und auch ein Statussymbol gewesen ist: "Hier fehlt der Branche das Selbstbewusstsein, mit Qualität und Ästhetik Emotionen und Begehrlichkeiten zu wecken."

Der Designer schlägt deshalb vor, Teppichboden in der Werbung zusammen mit allen anderen Produkten der Raumausstattung und Inneneinrichtung zu zeigen. Denn den Endkunden interessiert die spezielle Tapete oder der bestimmte Bodenbelag erst einmal nicht. "Er will den tollen Raum, in dem er sich wohl fühlt oder gut arbeiten kann." Eine Kampagne sei dann erfolgreich, wenn der Endkunde Teppichboden wieder als wichtigen und festen Bestandteil einer gemütlichen Wohnung ansieht - auch wenn er dann nur in einem Raum liegen sollte.

Wernfried Fesenberg, Geschäftsführer bei der Schlau Heimtex Einkaufs GmbH und einer der größter Einkäufer von Bodenbelägen in Deutschland, stimmte Benesch zu. Er findet, dass technische Argumente in einer Imagekampagne für Teppichboden nichts mehr zu suchen haben. "Das machen wir seit 30 Jahren. Gebracht hat uns das nichts. Die Frauen, die ja in der Regel über den Bodenbelag entscheiden, wollen eine schön gestaltete Wohnung. Alles andere wie etwa Reinigungsfähigkeit, Trittschallverbesserungsmaß oder Allergikereignung ist erst einmal zweitrangig. Das darf erst kommen, wenn sich der Endkunde für Teppichboden entschieden hat." Stattdessen müsse man Begehrlichkeiten wecken, damit der Konsument sich überhaupt wieder für das Produkt interessiert.

Thomas Böhmler, Geschäftsführer des Objekteurs und Einrichtungshauses Böhmler in München, will vor allem, dass Teppichboden im Internet einen besseren Auftritt bekommt. "Die meisten Endkunden informieren sich online, bevor sie in den Laden kommen. Sie haben sich dann meist schon für eine Belagsart entschieden - und das ist leider oft nicht der Teppichboden. Umstimmen können wir sie an diesem Punkt nicht mehr", so seine Erfahrung.

Für Böhmler wäre das Ziel von Werbung im Internet klar: Der erste Treffer einer Google-Suche, die am Ende zum Bedarf nach Teppichboden führen kann, müsse von der Teppichbodenbranche kommen. Auf der Webseite dazu muss emotional und gut über das Produkt berichtet werden. Momentan stoße der Verbraucher auf keine derartigen Seiten.

Das sieht Daniel Butz, Geschäftsführender Gesellschafter von Object Carpet, genauso. Er schlägt vor, in erster Linie mit hochwertigen Produkten Imagewerbung zu betreiben. Denn nur sie könnten das aktuelle Schmuddel-Bild vergessen machen. "Die reinen Informationen und Fakten sowie die technischen Vorteile müssen parallel online und firmenneutral verbreitet werden, etwa über Wikipedia oder die Seite eines Verbandes."

Dazu gehört nach Auffassung von Johannes Schulte, Geschäftsführer der Vorwerk Flooring Group, dass über die beiden Themen Reinigungsfähigkeit und Allergikereignung aufgeklärt wird - vor allem mit Blick auf Laminatböden. Mittlerweile habe man zusammen mit dem Deutschen Asthma- und Allergikerbund erreicht, dass Ärzte in ihrer Ausbildung lernen, dass regelmäßig und flächig gesaugte Teppichböden für Allergiker besser geeignet sind als glatte Beläge.

Endkunden, die nach einer Internet-Recherche zukünftig wieder eine gute oder zumindest neutrale Meinung zu Teppichboden haben, sind im Handel viel empfänglicher für das Produkt. Aber nur, wenn es dann in der Ausstellung ansprechend präsentiert wird, wäre man dem Ziel einen Schritt näher, findet BTH Heimtex-Redakteurin Silvia Mändle. Denn: "Viele Händler berichten, dass sie Teppichboden nur dann verkaufen, wenn sie ihn auch zeigen - im besten Fall modern und emotional", hat sie die Erfahrung gemacht.

Leider gebe es aber immer weniger gute Verkaufspunkte für Teppichboden, berichtete Manfred Birkenstock, Geschäftsführer der Großhandelskooperation Copa und Hauptinitiator der Kampagne "Teppich & Du". Auf der Webseite teppich-und-du.eu wurde deswegen mittlerweile ein Shopfinder eingerichtet, über den der Verbraucher zu "seinem" Händler geführt wird.
Um denjenigen, die Teppichboden noch stationär verkaufen, Inspiration und Hilfestellung zu geben, schlägt BTH Heimtex-Chefredakteur Michael Steinert einen so genannten Future Shop vor, der etwa auf den Branchenmessen in Frankfurt und Hannover gezeigt werden könnte. In ihm sollen Verkäufer, Marketingexperten und Kreative aus der Branche und von außerhalb Ideen und Vermarktungskonzepte realisieren und zeigen, wie der Konsument im Handel für den textilen Belag begeistert werden kann. So würde auch der hochwertige Händler dazu animiert, wieder Textiles für den Boden zu zeigen.

Auch Steinert ist der Auffassung, dass Teppichboden als Teil eines Wohlfühl-Zuhauses beworben werden muss. Er erinnerte an die bekannten Aussprüche "Preise nicht Bücher an, sondern Bildung. Preise nicht Anzüge an, sondern Eleganz. Preise nicht Sekt an, sondern Lebensfreude." Seine Schlussfolgerung für die Branche: Sie soll nicht Teppichboden bewerben, sondern Behaglichkeit und Wohlgefühl.

Johannes Schulte schlug vor, sich mit anderen Initiativen zu vernetzen, etwa Teppich & Du, Textile Räume oder Buy Local. Teppich & Du habe einen guten Anfang gemacht und die Branche zusammengebracht. Die Erfahrungen zeigten aber auch, dass es zwar möglich ist, viele Akteure zu dem für einen Erfolg unbedingt erforderlichen finanziellen Engagement zu bewegen. Doch dieselben Firmen würden die dadurch geschaffene Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu wenig für das eigene Marketing nutzen und es außerdem versäumen, zusätzliche Werbung für ihre Produkte zu machen. Aber nur das führe zu mehr Umsatz.

Dem konnte sich Wernfried Fesenberg nur anschließen. "Deshalb engagiere ich mich zeitlich und finanziell nur, wenn wir in den kommenden Monaten ein ordentliches Konzept entwickeln, sich alle aus der Branche beteiligen und sich vor allem die Teppichbodenhersteller einig sind und auch bleiben." In der Vergangenheit seien die Lippenbekenntnisse oft größer gewesen als das tatsächliche Engagement. Im Hinblick auf die insgesamt schrumpfenden Umsätze im Handelsbereich, müsse damit aber Schluss sein und ein Umdenken einsetzen.
jochen.lange@snfachpresse.de
aus BTH Heimtex 02/15 (Bodenbeläge)