Beauvais Carpets, New York City
Detailarbeit ohne glänzende Fassade
Der Standort kann repräsentativer nicht sein: 595 Madison Avenue in Manhattan, nur einige Blocks entfernt vom Central Park. Und so exklusiv wie die Lage sind auch die Kunden von Beauvais Carpets - Innenarchitekten, die die Privatdomizile und Arbeitsräume für Wohlhabende in aller Welt stilvoll einrichten. Dafür braucht das Unternehmen allerdings keine glänzende Fassade. Denn die Räume von Beauvais im dritten Stock des Fuller Buildings versprühen vor allem eine Arbeitsatmosphäre. Das in der Teppichbranche Außergewöhnliche: Es gibt praktisch keine Teppiche zu sehen. Stattdessen lagern auf Stapeln in Regalen und sortiert in Blätteranlagen Abertausende Muster - quadratische Stücke in der Größe von ein bis zwei Quadratfuß mit unterschiedlichsten Musterungen und Florhöhen. Als "Working Showroom" bezeichnet Jim Ffrench sein Reich, in dem Spezialisten Detailarbeit leisten. "Wir sind keine Galerie, sondern ein Arbeitsplatz", darauf legt der Geschäftsführer Wert.
Ffrench hat früher Antikteppiche bei Sotheby’s und Christie’s betreut. Heute geht es vor allem um moderne Teppiche. 90 Prozent seines Geschäfts bestehen aus Custom Order, daher bedarf es auch keines eigenen Lagers. Jeder Teppich wird dabei nicht nur in der Größe, sondern auch in Musterung und Webstruktur neu entworfen. Aus alleine 35 verschiedenen Knüpfstrukturen können Kunden auswählen, um sich ihren punktgenau zum Interieur passenden Teppich fertigen zu lassen. Dass die Teppiche von Beauvais mehr als nur Alltagsgegenstände sind, zeigen schon die Hauptproduktionsorte in China und Ägypten. Nicht die Knüpflöhne, sondern die Qualitätsstandards sind die entscheidenden Standortfaktoren. Weitere Produktionsstätten unterhält das Unternehmen in Indien, Nepal und Thailand.
Zwölf bis 18 Monate beträgt die Vorlaufzeit eines Projektes. Das bedeutet: Das Gespräch der insgesamt neun Verkäufer von Beauvais mit ihren Kunden beginnt oft lange bevor die Räumlichkeiten bezugsfertig sind. In einer guten Woche wandern schon mal 500 Muster in die Hände der Innenarchitekten. Für Ffrench, der gemeinsam mit dem Unternehmensgründer David Amini alle Teppiche entwirft, ist die Arbeit ein ständiger Balanceakt zwischen Tradition und Moderne. Die Bedeutung antiker Teppiche lässt zwar nach, allerdings hilft ein tiefgehender Sachverstand im kreativen Prozess: "Um etwas Neues zu erschaffen, muss man die alten Regeln kennen", erklärt Ffrench. "Man benötigt viel Erfahrung, um zu wissen, welche Strukturen auf welchen Oberflächen funktionieren."
Keineswegs geht es ihm nur darum, ein Wohn- oder Arbeitsumfeld mit einem teuren Knüpfwerk aufzuwerten. Beauvais hat nicht nur moderne und klassische, sondern auch Handtuft-Teppiche im Angebot. Das Spektrum umfasst den Sisal-Teppich genauso wie den Antikteppich im Wert von einer Million Dollar. Es spiegelt die Unternehmensphilosophie wider, in der das konkrete Produkt und nicht der Schein zählt. "Teppiche haben eine simple Funktion: Sie müssen auf dem Boden gut aussehen", resümiert Ffrench. "Sie sind zwar eine Art von Kunst, wir verkaufen sie aber nicht als solche."
aus
Carpet Magazin 01/15
(Handel)