Bodenkultur Ten Eikelder, Köln
Marken bieten Orientierung
Franz ten Eikelder richtet das Sortiment seines Fachhandels konsequent an der Nachfrage aus, "denn wer sich gegen den Trend stellt, erstickt." Shop-in-Shop-Systeme und bekannte Marken strukturieren die Produktvielfalt für den Kunden. Eine Rückbesinnung auf den Teppich als Ausdruck von Individualität sieht der Vorsitzende des Sachverständigenverbandes hingegen noch nicht.
Seit bald einem Jahrhundert besteht das Fachhandelshaus für Teppiche und Bodenbeläge in der Kölner Severinstraße. Und in dieser Zeit hat sich die Bedeutung des Teppichs grundlegend verändert. Er wurde vom exotischen Luxusgut zum Konsumartikel und bildete zwischendurch in kleineren Zyklen wechselnde Moden aus. Die Kenntnis dieser jüngeren Geschichte des Teppichs kann für die strategische Ausrichtung des Geschäftes durchaus hilfreich sein, selbst wenn dann diese nicht immer den eigenen Vorlieben entsprechen mag.
Das Geschäft von Bodenkultur ten Eikelder in unmittelbarer Rheinnähe ist in seiner Konzeption ein Seismograf des Marktgeschehens. Im Erdgeschoss sind die modernen Designerteppiche ausgestellt: Marken wie Jan Kath und Theko schmücken Wandaufstellungen. Und Flachgewebe von Edelgrund und Vintage-Teppiche des Labels The Knots verleihen der modernen Abteilung eine orientalische Note. Hier ist die Angebotspräsentation auf die konkrete Nachfrage ausgerichtet und bei wechselnden Trends entsprechend modifiziert. Liebhaber nomadischer Teppiche und klassischer Orientteppiche finden im ersten Stock ein umfassendes Angebot: Gerahmte Fotos mit orientalischen Szenen, antike Möbel und Accessoires vermitteln das Flair der Herkunftsländer. Beleuchtete Prunkstücke an den Wänden und niedrige Stapel vermitteln einen Eindruck von Exklusivität und sind übersichtlich zugleich. Wer zu Teppichen ein pragmatischeres Verhältnis pflegt und ein begrenztes Budget hat, wie etwa junge Familien, findet im Untergeschoss des Geschäftes eine ansprechende Auswahl von Markenteppichen der Einstiegsklasse.
Ten Eikelder bietet mit seinem Teppichsortiment einen Spiegel der gegenwärtigen Markttrends und weist daher auch eine Umsatzstruktur auf, wie sie heute typisch für den Fachhandel ist: Etwa die Hälfte der Verkäufe werden mit Nepalteppichen erzielt, danach folgen Gabbeh mit 30 %, rund 15 % entfallen auf Handwebteppiche und 5% auf klassisch gemusterte Orientteppiche. Ganz bewusst orientiert sich Franz ten Eikelder, der ebenfalls Vorsitzender des Bundesverbandes der Sachverständigen für orientalische, handgeknüpfte Teppiche und Flachgewebe ist, eng an der Nachfrage: "Wer sich gegen den Markt stellt, erstickt", erklärt ten Eikelder. "Es hilft nicht, dem klassischen Orientteppich hinterher zu trauern, wenn er den Geschmack des Massenmarktes nicht trifft." Den klassischen Teppich werde es zwar immer geben, aber die Zeiten des Bidjar seien nun einmal vorbei. Stattdessen ist der Trend zum Nepalteppich in Unifarben und dezenten Musterungen ungebrochen, und auch Vintage-Teppiche verkaufen sich besonders bei jungen Leuten nach wie vor gut. "Überfärbte Teppiche in großen Formaten, etwa für den Einsatz in geräumigen Altbauwohnungen, sind erst im Kommen", erklärt ten Eikelder. Flachgewebe sind besonders wegen ihrer kräftigen Farben beliebt. Patchworks hatte er auch schon im Angebot, sie wurden von seiner Klientel allerdings nicht angenommen.
Worauf muss ein Teppichhändler jenseits des Sortiments achten, um den Kunden durch das Geschäft zu leiten? Schließlich wollen viele Leute sich erst einmal selbst umsehen und nicht mehr von Anfang an den Verkäufer an ihrer Seite haben. Für den eigenständigen Streifzug durch das Sortiment sind vor allem Shop-in-Shops hilfreich, die eine bestimmte Produktgruppe oder Stilrichtung bündeln. Marken bieten hier eine wichtige Orientierung. "Die Zeiten, in denen man einfach unterschiedliche Teppiche auf einen großen Stapel packen konnte, sind längst vorbei", sagt ten Eikelder.
Schon lange sei der Teppich nicht mehr ein Ausdruck von Individualität. Allenfalls noch in der Form: So werde Custom Order immer wichtiger. Heute würden die Kunden weniger aus dem Bauch heraus kaufen, sondern genau auf ihr Einrichtungsumfeld achten. Und dabei fällt die Wahl eben oft auf den unifarbenen Nepalteppich - als Gegenentwurf zum klassisch gemusterten Orientteppich. Von den gängigen Erklärungsmustern zum Bedeutungsverlust des Orientteppichs - Rabattschlachten, andauernden Ausverkäufen oder Betrug bei der Wäsche - ist ten Eikelder nicht überzeugt und sieht das Problem des Handels stattdessen viel grundsätzlicher in einem veränderten Stilempfinden: "Der Teppich als solches ist weniger gefragt: In Haushalten, in denen früher in jedem Zimmer Teppiche lagen, gibt es heute vielleicht noch drei Stück."
Heute kauft ten Eikelder seine Ware überwiegend beim Großhandel, die Türkei ist das einzige Herkunftsland, in dem er noch direkt Teppiche aussucht. Wo sind die Trends der Zukunft? Ten Eikelder nimmt drei verschiedene Perspektiven ein: Im Tagesgeschäft entstünden heute immer neue Materialmixes, zudem seien hochflorige Teppiche weniger gefragt, auch bei Gabbeh. Perspektivisch werde Markenbildung immer wichtiger. Wegweisend sei hier Jan Kath, der - vielleicht als einziger weltweit - eine wirklich starke Teppichmarke geschaffen habe. In einem historischen Kontext hingegen konstatiert ten Eikelder der Produktgattung Teppich seit der Wiener Weltausstellung von 1873, die seinerzeit dem klassischen Orientteppich in Europa zur Beliebtheit verholfen hat, einen Stillstand. Ob das eine traurige oder tröstliche Diagnose ist, mag jeder Marktteilnehmer der Branche für sich selbst entscheiden.
aus
Carpet Magazin 01/15
(Handel)