Kleiner Fehler – Großer Schaden

Wenn Linoleum ungewollt einen Bogen macht

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um misslungene Linoleumverlegung.

In dem neuen Anbau eines Industriegebäudes sollte ein Bodenleger eine 2,5 mm dicke Linoleum-Bahnenware verlegen. Dazu musste der zementäre Estrich in den Laborräumen zunächst gespachtelt und die Nahtkanten nach der Verlegung thermisch verfugt werden. Als besondere Herausforderung befanden sich dort Anschlüsse, d.h. aus dem Boden herausragende Installationsrohre für Labortische, die überwiegend 60 x 60 cm große Aufstandsflächen hatten.

Der Bauherr bemängelte die Einschnitte und Quernähte des Linoleumbelags an den Installationsrohren, da diese teilweise krumm, diagonal und auch mit versetzten Stößen hergestellt waren. Dies fiel insbesondere nach Beendigung der thermischen Nahtkantenverfugung optisch auf, weil diese geringfügig heller und teilweise glänzend war.

Schaden - Mangelhafte Ausführung von Einschnitten und Quernähten


Der Sachverständige überprüfte die Verlegung der Linoleumbeläge in den Laborräumen, die noch nicht möbliert waren. Bei den Längskanten der 2 m breiten Linoleumbahnen ergaben sich aus unterschiedlichen Betrachtungsrichtungen keine Beanstandungen - sowohl mit Gegenlichtbetrachtung als auch ohne.

Es war bereits beim Betreten der Räume deutlich erkennbar, dass die thermische Nahtkantenverfugung an den Einschnitten und Kopfnähten versetzte Stöße aufwies. Anders ausgedrückt: Die handwerklichen Einschnitte und Quernähte passten nicht aneinander. Zudem war insbesondere auffällig, dass die immer von einer Seite aus vorgenommenen Einschnitte diagonal oder bogenförmig, teils auch wellig und krumm verliefen. Das konnte man auch ohne Lineal nachvollziehen.

Bei den welligen Einschnitten und Kopfnähten führte eine Handverschweißung zu unterschiedlich breiten Thermoschnurfugen. Es zeigten sich auch Doppelverschweißungen, die manchmal angrenzend an die Längsnaht in die angrenzende Bahn verliefen. Trotz farbgleicher Thermoschnur fielen die krummen und schiefen Anordnungen der Kopfnähte deutlich störend ins Auge. Auch wenn die Mängel nach Fertigstellung des Gebäudes durch Einrichtungsgegenstände stellenweise abgedeckt werden, so bleiben die deutlichen Versätze an den Längskanten und die krummen Quernähte teilweise frei sichtbar.


Ursache - Grobe handwerkliche Fehlleistung


Als Ursache der optischen Beeinträchtigung wurden handwerkliche Fehlleistungen ausgemacht, die vorgenommenen Einschnitte erhielten die Bewertung "unfachmännische Ausführung". Mit erhöhtem Personalaufwand wäre stattdessen ein vorausgehendes Vermessen der Einschnitte möglich gewesen. Man hätte die "Durchdringungen" vorab in die Bodenbeläge ohne Quernähte einschneiden können. Grundsätzlich war aber auch das Anlegen von geradlinigen Quernähten, die nicht über die gesamte Bahnenbreite verliefen, eine zulässige Verlegeart.

Vor dem Kleben hätten beim Zuschneiden des Linoleumbelags die Bodenbelagsbahnen angrenzend an die Durchdringungen ausgelegt werden müssen.

Mit einem Winkel und einem Lineal muss man den erforderlichen Abstand messen und einen Einschnitt vornehmen. Erst danach werden die Bodenbelagsbahnen endgültig ausgelegt und filigran an den Durchdringungen ausgeschnitten. Dadurch wären gerade Quernähte entstanden, die im Stoßbereich angrenzend an die Längsnaht mit der weiteren Quernaht der angrenzenden Bahn zusammengepasst hätten.
Auch wenn der Bodenleger angab, den erhöhten Aufwand aufgrund der zahlreichen Durchdringungen nicht gekannt zu haben, was gemäß der Vorgaben der VOB Teil A DIN 1960 in eine ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung der Planung gehört, durfte er trotz allem nicht eine so grobe handwerkliche Fehlleistung abliefern.


Verantwortlichkeit - Bodenleger haftet


Die Verantwortung durch die mangelhafte Linoleumverlegung fällt ausschließlich in den Bereich des Bodenlegers. Tatsächlich war der Aufwand für eine fachgerechte Verlegung hoch. Deshalb hätte sich der Bodenleger mit seinem Auftraggeber vorab über die Vergütung des Mehraufwandes abstimmen müssen.

Keinesfalls hätten schräge, krumme, wellige und somit unakzeptable Einschnitte zusätzlich mit versetzten Stößen in den Bodenbelagsbahnen vorgenommen werden dürfen. Die Quernähte und Einschnitte wären grundsätzlich immer nur in Verbindung mit einem Lineal und auch einem Winkel durchzuführen gewesen.
Unabhängig von der Tatsache, dass der Bodenleger alleine verantwortlich ist, muss der Sachverständige jedoch Zweifel an einer ordnungsgemäßen Bauüberwachung hegen, da die Verlegung der Belagsbahnen über mehrere Tage andauerte. Zwischendurch hätte die Bauleitung die Verlegung stoppen müssen.

Helmut Becker der Autor


Fußboden-Gutachter Helmut Becker, öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für Bodenbeläge

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aus FussbodenTechnik 02/15 (Handwerk)