Kleiner Fehler – Großer Schaden

Spachtelmasse hält nur auf griffigem Estrich

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um eine zu weiche Estrichoberfläche und deren misslungene Sanierung.

In einem aus Wohnungen und Verkaufsräumen bestehenden Neubau sollten Teppichböden und Designbeläge verlegt werden. Da die Oberfläche des Zementestrichs zu weich war, meldete der Bodenleger Bedenken an. Der Estrichleger schliff die Estrichoberfläche intensiv ab, verfestigte sie mit einer 2K-Epoxidharzgrundierung und führte eine Risssanierung durch. Dem Bodenleger genügten diese Maßnahmen nicht. Er meldete erneut Bedenken an, da er direkt auf der Epoxidharzgrundierung ohne Quarzsandabstreuung keine Spachtelmasse aufbringen wollte. Zur Beurteilung wurde der Sachverständige mit einer gutachterlichen Überprüfung beauftragt.

Schaden - Estrich teilweise zu weich und zu glatt


In dem Objekt gab es zum einen Bereiche, in denen der Estrich noch im Urzustand vorlag. Zum anderen gab es Flächen, die bereits abgeschliffen und verfestigt worden waren.

An dem Estrich im Urzustand führte der Sachverständige Oberflächenfestigkeitsprüfungen durch, wie sie in der Kommentierung der DIN 18365 beschrieben werden: Dazu zählen Gitterritzprüfungen, Drahtbürstenbehandlungen und Schabprüfungen. Wie der Bodenleger bemängelt hatte, wies die Oberfläche Weichzonen in unterschiedlicher Intensität auf, die für die unmittelbare Aufnahme einer Spachtelmasse nicht geeignet waren. Ihre Größen lagen zwischen wenigen Quadratmetern und einem kleinflächigen Ausmaß.

An den bereits abgeschliffenen und verfestigten Flächen waren die Weichzonen ordnungsgemäß bis zum festen Korn entfernt und mit einer Expoxidharzgrundierung nachgebessert worden. Allerdings war die Grundierung teilweise "weggeschlagen", d.h. in den Estrich eingezogen. An anderen Stellen zeigte sich die Grundierung als glänzende pfützenartige glatte Schicht erhärtet auf der Oberfläche.

Tatsächlich konnte man in allen Bereichen eine wirksame Oberflächenverfestigung des Estrichs feststellen, aber das unmittelbare Aufbringen einer zementären Spachtelmasse hätte ein hohes Restrisiko im Hinblick auf Ablösungen beinhaltet. Eine ausreichende "Griffigkeit" für eine kraftschlüssige Anbindung der zementären Spachtelmasse zum Untergrund fehlte.

Der Sachverständige empfahl dort, wo bisher keine Nachbesserungsmaßnahmen an der Oberfläche des Estrichs erfolgten, intensive Schleifmaßnahmen durchzuführen. Die Verfestigung der Oberfläche konnte mit dem bereits eingesetzten Epoxidharzmaterial durchgeführt werden - und zwar in Verbindung mit einer Quarzsandabstreuung, um eine ausreichende "Griffigkeit" für die Arretierung der Spachtelmasse zu gewährleisten.

In den Flächen, die bereits im einmaligen Auftrag mit der Epoxidharzgrundierung behandelt wurden, empfahl der Sachverständige eine Reinigung der Oberfläche und den nochmaligen Auftrag des Epoxidharzmaterials einschließlich Quarzsandeinstreuung.

Ursache - Mangelhafter Estrich


Auch ohne aufwendige Festigkeits-, Haftzug- oder Biegezugfestigkeitsprüfungen war es eindeutig: Die Estrichoberfläche ist mangelhaft. Nach dem Abschleifen der Weichzonen befand sich darunter ein ausreichend fester, harter Kern des Estrichs. Die nachträgliche Verfestigung hatte der Estrichleger nicht sach- und fachgerecht durchgeführt: Ihm gelang keine gleichmäßige Verarbeitung des Epoxidharzsystems und die Grundierung sorgte nicht für eine ausreichende Haftung der Spachtelmasse zum Untergrund hin.

Stattdessen hätte der Estrichleger die Epoxidharzgrundierung nach dem Entfernen der Weichzonen vollsatt aufbringen und nach dem Erhärten innerhalb von 24 Stunden eine zweite Epoxidharzschicht darüberlegen müssen, in die vollsatt Quarzsand einzustreuen war. Nach dem Erhärten hätte er den überschüssigen Quarzsand entfernen müssen, bevor mit den Spachtelarbeiten begonnen werden konnte.

Verantwortlichkeit - Estrichleger haftet


Für die mangelhafte Oberflächenfestigkeit des Estrichs ist ausschließlich der Estrichleger verantwortlich. Das gilt im Hinblick auf den Einbau der Estrichkonstruktion genauso wie für die nicht sach- und fachgerecht durchgeführte Sanierung.

Der Bodenleger hat im Rahmen seiner Prüfungspflichten am Untergrund richtig gehandelt. Hätte er aus falscher Gutmütigkeit den mangelhaften Untergrund akzeptiert, wären nachfolgende Schäden am Fußboden wahrscheinlich gewesen.

Wenn der Estrichleger schon erkennt, dass seine Estrichoberfläche hinsichtlich der Festigkeit Probleme aufweist, so ist es kaum möglich, diese im "Husch-Husch"-Verfahren zu neutralisieren. Es ist in einem solchen Fall immer ratsam, Sanierungsmaßnahmen vollflächig nach den Regeln des Fachs durchzuführen.


Helmut Becker der Autor


Fußboden-Gutachter Helmut Becker, öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für Bodenbeläge

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aus FussbodenTechnik 03/15 (Handwerk)