Risiken schwimmender Verlegungen
Vollflächige Klebung bedeutet eingebaute Sicherheit
Lose liegende Designbeläge, schwimmend verlegtes Laminat oder nur an den Rändern fixierte Teppichböden - nicht immer werden Oberbeläge vollflächig auf den Untergrund geklebt. Will man nicht kleben, sollte man sich allerdings auch über die Risiken im Klaren sein. Qualitativ hochwertige und langlebige Bodensysteme sind nicht nur das Ergebnis einer soliden Untergrundvorbereitung, sondern auch der ergänzenden vollflächigen Klebung, sagt Thomsit Chef-Techniker Uwe Elvert. Im folgenden Beitrag listet er die Fußangeln schwimmender Verlegungen auf.
Rollende und statische Lasten Immer wieder kommt es vor, dass private Auftraggeber darum bitten, einen im Haushalt frisch verlegten Teppich mit einem dünnen Klebestreifen an den Außenkanten zu fixieren. Hat man beispielsweise in einem Raum von 3 x 4 Quadratmetern einen textilen Belag mit einem 5 Zentimeter breiten Klebestreifen arretiert, wird sich der Teppich dort, wo er befestigt ist, nicht mehr bewegen können. In allen übrigen Bereichen schon. Rollende Lasten wirken allerdings nicht ausschließlich in die Richtung, in die sie geschoben werden, sondern drücken zugleich auch durch ihr Eigengewicht nach unten auf die Struktur des Teppichs.
Durch diese kombinierte Krafteinwirkung wird die werksseitig gelieferte feste Teppichstruktur im Mikrobereich ausgewalzt und der Belag gelängt. Anfangs wird dieser Prozess kaum wahrnehmbar sein. Bei längerer Beanspruchung hingegen - beispielsweise durch dauerhaften Stuhlrolleneinsatz - wird sich dieser Materialüberschuss über die Gesamtfläche addieren und sichtbar werden. Denn Teppiche verfügen nicht über die Elastizität, sich nach der Ausdehnung wieder zusammenziehen zu können.
Einmal gelängt, bleiben textile Oberbeläge verformt. Schon Zehntel Millimeter reichen aus, um mit der Zeit Beulen zu erzeugen oder bei Hartbelägen Stippungen hervorzurufen. Die Crux: Durch die Randfixierung können die entstehenden Beulen und Wellen nicht nach außen verebben. Andererseits werden sie bei weiter andauernder Belastung immer größer, weil der Belag nicht auf der gesamten Fläche geklebt ist. So zeigen sich mit der Zeit in der Mitte solcher Böden vielerlei Belagsverformungen.
Auch andere einseitige Bewegungseinflüsse können zu ähnlichen Ergebnissen führen. Ein Beispiel aus der Praxis: Bei der Sanierung eines Schlosses durfte ein Teppich nicht auf den darunter liegenden Parkettboden geklebt werden. So war der rund 20 Meter lange textile Belag, der durch einen großen Besuchersaal führte, schwimmend auf einer formstabilen Unterlagsbahn verlegt worden.
Das Ergebnis: Schon nach einem Jahr hatten sich Belag und Unterlage unter der dynamischen Belastung rund zehn Zentimeter an der Wand des nächstangrenzenden Zimmers hochgeschoben, weil die Besucher stets in der gleichen Richtung durch das Schloss geführt worden waren. Nur ein Jahr nachdem der Materialüberschuss abgeschnitten worden war, hatten sich wieder knapp acht Zentimeter Teppich und Unterlage die Wand hochgeschoben.
Speziell bei Teppichböden tritt dieser Effekt sehr deutlich zutage. Moderater verhält sich ein Designbelag. Als relativ elastischer Bodenbelag reagiert er eine gewisse Zeit recht tolerant. Bei ungünstiger Konstellation wird er sich allerdings letztlich ähnlich verhalten.
Dieselbe fixierende Wirkung wie Klebstreifen erzeugen Einrichtungsgegenstände wie ein schwerer Tisch, ein Schrank oder ein Bücherregal. Das Gewicht dieser Möbel fixiert den Belag ebenso wie ein Klebstoff fest am Boden und lässt ihm keinen Bewegungsspielraum. Wird in den nicht geklebten Bereichen - wo genau spielt dann quasi keine Rolle - in der beschriebenen Form Kraft ausgeübt, wird sich der Belag in möbelnahen Bereichen stauchen.
Thermische Einflüsse Auch in Zonen, die intensiven Temperaturwechseln ausgesetzt sind, wie fensternahe Bereiche, ist dieses Phänomen ungleich fixierter Bodenelemente ein ebenso häufiges Problem. Steht beispielsweise ein Regal auf einem nicht geklebten Designbelag, so ist der Boden nicht mehr gleitfähig. Stattdessen wird er durch das Schrankgewicht förmlich auf den Unterboden gepresst und dadurch derart fest fixiert, als wäre er geklebt. Starke Sonneneinstrahlung und damit verbunden ein deutlicher Temperaturanstieg führt unter solchen Bedingungen dazu, dass sich die nicht geklebten und durch Möbel nicht fixierten Paneelen ausdehnen.
Spätestens am Regal wird diese Bewegung jedoch abrupt gestoppt. So können leichte Stippungen entstehen. Das ist der gravierende Unterschied zur Klebung. Fußbodenklebstoffe halten den Belag bei vollflächigem Einsatz an jedem Punkt der Fläche fest. Damit sind die Bewegungsmöglichkeiten des Belags erheblich geringer als die eines lose liegenden Systems, das sich - würde man es im Zeitraffer beobachten - fleißig hin und her über den untergrund bewegt.
Die Fugenbildung ist ein zweiter Aspekt. Kühlt sich die Fläche ab, ziehen sich die einzelnen, nicht geklebten Designbelagselemente wieder zusammen. Während sich die Ausdehnungen jedoch addieren, schrumpft jede einzelne Platte auf ihrem Raum und um sie herum bilden sich Fugen, die empfänglich für Schmutz- und Staubeinlagerungen sind. Klebstoffe unterbinden auch solche Dimensionsänderungen. Insofern kann nur davon abgeraten werden, LooseLay-Designbeläge oder solche mit Klickverbindung dort einzusetzen, wo starke Sonneneinstrahlung zu erwarten ist.
Vereinzelt kann es sogar vorkommen, dass sich eine Fläche absehbar derart erhitzt, dass bei vollflächiger Klebung sogar auf den Einsatz von Dispersionsklebstoffen zugunsten polyurethanbasierter Reaktionsharz-Produkte verzichtet werden sollte. PUR-Reaktionsharzklebstoffe haben den Vorteil, dass sie eine extrem harte und starre Verbindung herstellen. Selbst Temperaturspitzen von 50 oder 60 Grad können ihnen in der Regel nichts anhaben, da sie je nach Produkt teilweise bis zu 100 Grad wärmestabil sind.
Einflussfaktor Luftfeuchtigkeit Bei Laminatböden, die in der Regel schwimmend verlegt werden, ist das nicht anders. Grundsätzlich benötigen sie unbedingt Bewegungsspielräume, um Schwankungen niedriger und höherer Luftfeuchtigkeit ausgleichen zu können. Sind sie jedoch gewissermaßen eingeklemmt durch einen schweren Bücherschrank auf der einen und durch ein nicht minder schweres Regal auf einer anderen Seite - ganz gleich ob gegenüber oder angrenzend - wird der Boden leichte Wellungen zeigen. Neben der optischen Veränderung werden sich zudem die ohnehin schon relativ hohlen Klack-Geräusche der schwimmenden Verlegung verstärken.
Keine Kompromisse in NassräumenObwohl die Dekorvielfalt von Designbelägen gerade auch für den Einsatz in Bädern ausgesprochen verlockend ist, sollte man spätestens hier keinerlei Kompromisse eingehen und auch Designbeläge ebenso wie keramische Fliesen ausschließlich vollflächig kleben. Schwimmend verlegte Klickbeläge oder gar lose liegende Designbeläge öffnen dem Eintritt von Feuchtigkeit und Wasser durch die Fugen unter die Beläge Tür und Tor. Schimmel- und Geruchsbildung wären die zu erwartende Folge. Mit geeigneten Fußbodenklebstoffen lassen sich dagegen nahezu wasserfeste Verlegungen realisieren.
Neben Nass- oder Sanitärräumen zählen auch Behandlungsräume in Zahn- oder Augenarztpraxen zu solchen Problembereichen. Angesichts des teils ausladenden medizinischen Geräts sind gerade in Arztpraxen häufig kleine Stühle mit nicht unbedingt genormten Rollen zu finden. Diese Rollen können einen solchen Belag durchaus schnell zermahlen. Ist der Boden indes geklebt, ist er ungleich widerstandsfähiger.
Klebstoffe lassen Bewegungen nicht zuGeschont werden Beläge auch dadurch, dass sie nicht ständig Dimensionsänderungen unterliegen, weil Klebstoffe dieses Streben unterbinden. Das führt dazu, dass der Belag auch unter Druckbelastungen kaum ausgewalkt und gelängt wird. In der Konsequenz ermüdet das Material nicht so schnell und der Boden bleibt langfristig schön.
HohlgeräuscheEs gibt aber auch völlig andere Kriterien, die zumindest zum Überdenken einer geplanten schwimmenden Verlegung anregen sollten - zum Beispiel das eigene Wohlbefinden. Jedem Auftraggeber und jedem Verleger sollte klar sein, dass man zumindest bei Hartbelägen später hören wird, ob ein Oberbelag schwimmend verlegt oder geklebt worden ist. Der typische Effekt sind hörbare Hohlgeräusche beim Gehen. Das muss nicht zwingend als belästigend empfunden werden. Tendenziell allerdings weist die Wahrnehmung in diese Richtung.
Dieser Hohlklang kommt durch Schwingungen der Luft in Gang, die durch das Betreten beispielsweise einer schwimmend verlegten Designbelagspaneele ausgelöst werden. Diesen physikalischen Vorgang kann es bei einem vollflächig geklebten Boden nicht geben, da in dem Maße weder Luft unter dem Oberbelag eingeschlossen sein wird, noch die Paneele in Schwingung versetzt werden kann.
Maximale EinbauhöheAls vorteilig erweist sich die vollflächige Klebung ebenso in vielen Sanierungssituationen, in denen eine maximale Aufbauhöhe nicht überschritten werden darf. Die niedrigste mögliche Aufbauhöhe bieten hier dünne Designbeläge mit 2,5 Millimetern Belagsdicke. Solche Beläge verfügen weder über das notwendige Eigengewicht, um bei einer schwimmenden Verlegung zumindest satt auf dem Boden aufliegen zu können und nicht direkt wegzurutschen, noch sind sie ausreichend dick, um Nut und Feder für eine Klicklösung enthalten zu können. Geklebt allerdings liegen auch solche dünnen Designbeläge sicher.
Mindestens fixierenInsofern bleibt das Kleben das Maß aller Dinge, wünscht man einen ebenso qualitativ hochwertigen wie auch hoch belastbaren Boden mit langer Lebensdauer. Zumindest aber fixiert sollten beispielsweise Designbeläge sein - auch Klickbeläge. Gerade im Umgang mit ihnen empfehlen viele Techniker die dünnen Elemente am Boden zu fixieren, um die empfindliche Klickverbindung zu entlasten. Starke Zugkräfte wie sie unter Stuhlrolleneinfluss auftreten können, machen sich besonders bemerkbar, wenn das Material ausgewalkt wurde und sich verlängert hat. Dann führt das größere Spiel hin und wieder zum Abriss der sensiblen Federn. Diese Bewegung würde durch eine Fixierung indes unterbunden.
aus
Parkett Magazin 03/15
(Handwerk)