Acht Vorurteile gegen Wärmedämmung – und wie man sie entkräften kann


Die energetische Sanierung des Gebäudebestands ist ein wesentlicher Baustein der Energiewende. Um diese voranzutreiben, hat die Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP), dem Energieinstitut Vorarlberg, dem Karlsruher Institut für Technologie (Kit) und Ebök Planung und Entwicklung ein Positionspapier erstellt. Darin versuchen die Experten, mit gängigen Vorurteilen gegen den Einsatz von Dämmstoffen aufzuräumen und liefern Industrie, Planern, Fachhandel sowie Handwerkern gute Argumente zur Überwindung von Missverständnissen. Sie widerlegen acht Einwände:

1. Häuser müssen atmen: Dies bezieht sich auf einen Messfehler vor 150 Jahren. Tatsächlich kann ein relevanter Luftaustausch zwar durch Fugen von Fenstern und Türen sowie unverputzte Bauteilfugen erfolgen, nicht aber durch die verputzte Wand. Die kann nicht "atmen". Gleichwohl ist ein Mindestluftwechsel im Haus erforderlich, um die Bewohner mit Frischluft zu versorgen sowie Feuchte und Schadstoffemissionen abzuführen. Dies geschieht durch Öffnung der Fenster.

2. Wärmedämmung führt zu Schimmel: Ein zusätzlicher Wärmeschutz führt zu einer höheren raumseitigen Oberflächentemperatur von Außenbauteilen und senkt damit das Schimmelrisiko. Sollte sich Schimmel trotz Wärmedämmung bilden, liegt dies unter anderem an geschwächter Wärmedämmung durch verbliebene Wärmebrücken. Hierzu gibt es Lösungen. Auch neue, dichtere Fenster können Ursache von Schimmelbildung sein, wenn nicht ausreichend gelüftet wird. Zur Kontrolle der Luftfeuchtigkeit im Winter empfiehlt sich ein Hygrometer.

3. Wärmedämmung wird zur Brandfalle: Viele Dämmstoffe werden so hergestellt, dass sie bauaufsichtlich zumindest als "schwer entflammbar" (Baufstoffklasse B1) einzustufen sind. Die öffentlichkeitswirksamen Reportagen über Brandschäden in Verbindung mit WDVS beziehen sich meist auf Vorhaben, die sich noch in der Bauphase befinden. Somit hatten die Systeme ihre finale Funktionstüchtigkeit noch nicht erreicht.

4. Dämmstoffe schaden der Gesundheit: Bei richtiger Produktauswahl und korrekten Lager-, Verarbeitungs- und Nutzungsbedingungen sind Gesundheitsbeeinträchtigungen im eingebauten Zustand nicht zu erwarten, bei Beachtung der Arbeitschutzrichtlinie ist dies auch während der Verarbeitung sichergestellt.

5. Die Dämmstoffherstellung verbraucht mehr Energie als die Systeme während ihrer Nutzungsdauer einsparen: In der Regel liegt die energetische Amortisationszeit von Dämmstoffen unter zwei Jahren. Durch die Wahl geeigneter Dämmstoffe lässt sie sich auf weniger als ein Jahr senken. Bei organischen Dämmstoffen liegt sie innerhalb weniger Monate.

6. Wärmedämmung wird ein großes Entsorgungsproblem: Die Entsorgung von Verbundkonstruktionen ist in der Tat nicht unproblematisch; im schlechtesten Fall kommt es zu einer Deponierung des Gesamtsystems. Wird das Gesamtsystem nach der Nutzung thermisch verwertet, kann der im Baustoff gespeicherte Energieinhalt genutzt werden. Verfahren zum stofflichen Recycling von Dämmmaterialien sind in der Entwicklung.

7. Wärmeschutz rechnet sich nicht: Pauschale Aussagen zur Wirtschaftlichkeit sind mit Vorsicht zu betrachten. Für eine fundierte Aussage müssen die zu erwartenden Investitionskosten des konkreten Projekts und die realitätsnah prognostizierte Einsparung an Heizkosten unter den tatsächlichen Rahmenbedingungen gegenübergestellt werden. Sehr oft lassen sich Investitionen wirtschaftlich darstellen, wenn ohnehin der Außenputz erneuert oder großflächig ausgebessert werden muss. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass eine energetische Sanierung den Wert des Objekts und den Wohnkomfort erhöht.

8. Wärmedämmung verunstaltet Gebäude: Die Frage der Gestaltung ist in erster Linie abhängig von der Kreativität der Architekten. Eine große Anzahl gelungener Sanierungen belegt dies.
aus BTH Heimtex 05/15 (Bau)