Verlängerte Ladentheke

Beratung und Onlineshopping verknüpfen


"Im nächsten Jahr werden das schon viele praktizieren", war VDB-Geschäftsführer Axel Augustin in Hamburg sicher. Gemeint war die so genannte Verlängerte Ladentheke - das Verkaufen mit dem Tablet-Computer, der nicht nur schöne Bilder für den Endkunden bietet, sondern auch Bestellfunktionen aufweist und mit der Warenwirtschaft verknüpft ist.

ABK-Geschäftsführer Thomas Fehr demonstrierte das Modell seines Verbandes, das sich im Rahmen des ABK-Future-Store derzeit in der Testphase befindet und noch ausbaufähig ist. Sein Ziel: "Die moderne Technik soll mit dem stationären Handel verknüpft werden, damit der Kunde im Laden bleibt und nicht abwandert." Die Herausforderung: Eine möglichst große Übereinstimmung zwischen den Erwartungshaltungen von Industrie und Handel hinzubekommen. "Das ist nicht ganz einfach", so Fehr.

Beispielhaft diskutierten Fachhändler Jörg Raderscheid und Industrie-Partnerin Cornelia Loos (Essenza Home) im Rahmen der VDB-Tagung über erste Erfahrungen mit dem System, in dem Kataloge hinterlegt sind, aber auch ein Boxspring-Konfigurator eine passgenaue Beratung ermöglicht. Der Verkäufer bedient das Tablet, der Kunde sieht parallel die Produkte auf einem großen Bildschirm am POS.

"Ich möchte den Kunden nicht ins Internet treiben, aber ihm die komplette Range meiner Lieferanten anbieten", erklärte Raderscheid seine Motivation zur Teilnahme. "Die Frage ist, ob ich unbedingt noch die zehnte Daunendecke eines Herstellers im Laden haben muss." Bei Bettwäsche sei man noch in der Testphase, gut laufe es bereits überall dort, wo man ohnehin schon mit Katalogen gearbeitet habe. Raderscheid: "Die Kunden stehen teilweise fasziniert vor dem Bildschirm und fragen: Kann ich das jetzt alles bei Ihnen bestellen?" Sie können - inklusive einer fachlichen Beratung, die beim Onlineshopping fehlt.

Hier sieht auch Cornelia Loos den Reiz: "Der Fachhandel punktet durch Inszenierung und Storytelling. 66 Prozent der Kunden sprechen sich für eine Beratung aus. Dieses Tool bietet die Möglichkeit, beide Ebenen zu verbinden: Beratung vor Ort und Onlineshopping." Bei Jörg Raderscheid nutzen derzeit fünf Mitarbeiter drei Tablets, allerdings werde nicht ständig nur verkauft, was online bestellbar ist. "Wir sind ein lagerhaltiges Geschäft und verkaufen erst einmal, was da ist." Bestellte waren wird bei ihm auch nicht direkt zum Kunden ausgeliefert, sondern ins Geschäft: "Ich will den Kunden schließlich in meinem Laden halten." Das kann jeder Händler individuell entscheiden.

Thomas Fehr möchte das System auch Fachhändlern außerhalb des ABK anbieten. Ab 1. Juni wird es kommerziell vertrieben, ein abschließendes Preismodell gibt es noch nicht. Für den Händler sei an eine monatliche Miete gedacht, "die nicht dreistellig ist." Fehr sieht in der Verlängerten Ladentheke eine sinnvolle Ergänzung für den POS: "Es ergibt aber keinen Sinn, die Ware im Laden zu ersetzen und alles nur noch online machen zu wollen. Wir sind Fachhändler, und das muss sich im Geschäft auch abbilden."
aus Haustex 05/15 (Handel)