Kleiner Fehler –Großer Schaden
Nicht ausreichende Ebenheit – Gussasphaltestrich legt Industrieanlage lahm
Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich im Schadensfall erst anhand der Ursachenforschung, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um einen zu unebenen Gussasphaltestrich, der eine industrielle Korbstapleranlage lahm legte.Ein Estrichleger erhielt den Auftrag, einen fugenlosen Gussasphaltestrich der Festigkeitsklasse DIN 18560 AS IC 10 im Verbund auf einer Betonkonstruktion einzubauen. In dem betreffenden Industriegebäude sollte später eine Korbstapleranlage dafür sorgen, dass leere Kunststoffkisten in bis zu 4m Höhe gestapelt werden. So war der Plan.
Laut Leistungsverzeichnis und Vergabeprotokoll sollte der Gussasphaltestrich mit einer erhöhten Ebenheit gemäß DIN 18202 Tabelle 3 Zeile 4 hergestellt werden. Als oberflächenfertiger Estrich war keine zusätzliche Beschichtung vorgesehen. Nach Abnahme der Estricharbeiten stellten die Monteure der Korbstapleranlage durch Schnurschlag Abweichungen von der für sie erforderlichen Ebenheit und insbesondere der Waagerechten fest, sodass die Stapleranlage durch die aus dem Lot geratenen Kisten nicht funktionieren konnte. Der Bauherr rügte die Estricharbeiten, die der Sachverständiger gutachterlich überprüfte.
Schaden: Ebenheit des Estrichs nicht ausreichend
Zu Beginn des Gutachtertermins stellte der Sachverständige fest, dass im Leistungsverzeichnis "Gussasphaltestricharbeiten" keine Anforderungen an die Winkeltoleranzen formuliert waren. Vereinbart waren nur die "erhöhten Anforderungen der Ebenheitstoleranzen", die sämtliche Vorgaben der DIN 18560 "Estriche im Bauwesen" und DIN 18353 "Estricharbeiten" automatisch mit einschließen.
Während der gutachterlichen Überprüfung machten die Monteure darauf aufmerksam, dass es aus technischer Sicht auf einer Fläche von 1 x 1 m maximal eine Höhenabweichung von 3,5 mm geben dürfe, damit die Stapleranlage funktionieren könne. Diese Werte decken sich bezogen auf die Ebenheit nahezu mit den Anforderungen der DIN 18202, die auf der Messstrecke von 1 m eine maximale Abweichung von 4 mm (einfache Anforderungen) bzw. 3 mm (erhöhte Anforderungen) fordert.
Der Sachverständige führte im Objekt eine Vielzahl von repräsentativen Ebenheitsmessungen im Einklang mit dem Merkblatt der DIN 18202 durch. Die Prüfmaßnahmen mit einer 3, 2 und 1m sowie 60 cm langen Messlatte und Messkeilen ergaben in keinem Flächenbereich eine Toleranzüberschreitung der erhöhten Anforderungen hinsichtlich der Ebenheit nach DIN 18202 Tabelle 3 Zeile 4.
Zu einem anderen Ergebnis kamen die Monteure aus technischer Sicht. Sie hatten einzelne Flächen mit Kreide markiert, die die herstellerseitigen Vorgaben von einem Stichmaß von 3,5 mm beim waagerechten Ausrichten der Messlatte auf einer Messstrecke von 1 m überschritten.
Da die Anforderungen auf die Ebenheit/Winkeltoleranz im Bereich der Korbstapleranlage nur für den mittleren Teil der gesamten Fläche galt, führte der Sachverständige in Randbereichen der Fläche keine Überprüfung der Winkeltoleranzen durch.
Auf Wunsch des Bauherrn ermittelte der Sachverständige orientierend die Winkeltoleranzen innerhalb der Fläche, die mehrfach um 1 bis 3 mm oberhalb der zulässigen Toleranz für die Korbstapleranlage von 3,5 mm lagen. Bei der parallel dazu durchgeführten Beurteilung der Winkeltoleranz nach DIN 18202 Tabelle 2 ergaben sich allerdings keine Überschreitungen.
Damit die Korbstapleranlage in Betrieb genommen werden konnte, empfahl der Sachverständige umfangreiche Egalisierungsmaßnahmen des Estrichs mit selbstverlaufenden Materialien.
Ursache und Verantwortlichkeit: Fehlende planerische Vorgaben
Die Beeinträchtigung der Korbstapleranlage durch einen unzureichend ebenen, insbesondere waagerechten Gussasphaltestrich hätte durch fachgerechte Vorgaben seitens des Planers vermieden werden können.
Da insgesamt auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber ausschließlich im Bauvorhaben die Ebenheit nach DIN 18202 Tabelle 3 Zeile 4 (erhöhte Anforderungen) gefordert waren, konnte der Sachverständige in seinem Gutachten die Feststellung treffen, dass die Herstellung des Gussasphaltestrichs im Hinblick auf die Oberflächenbeschaffenheit den zurzeit geltenden Normen und Richtlinien sowie den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprach.
Eine technische Verantwortlichkeit dafür, dass es Problemstellungen im Hinblick auf die Beeinträchtigung der Korbstapleranlage gab, insbesondere aufgrund der fehlenden Waagerechten, ist nicht dem Estrichleger zuzuschreiben.
Im Rahmen der Planung des Objekts, insbesondere der Fußbodenkonstruktion unter Berücksichtigung der speziellen Nutzung, war es eindeutig die Aufgabe des Planers, im Rahmen der Auftragsvergabe bzw. bereits in der Beschreibung klare Vorgaben im Hinblick auf die Ebenheit/Waagerechte zu formulieren, da für die Herstellung einer Estrichkonstruktion mit diesen Anforderungen ein extrem hoher Aufwand absehbar ist, der auch zu kalkulieren war.
Die nachträglichen Egalisierungsmaßnahmen verursachten ein Vielfaches von den Kosten, die bei der Herstellung einer tauglichen Estrichkonstruktion erforderlich gewesen wären.
Helmut Becker der Autor
Fußboden-Gutachter Helmut Becker, öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für Bodenbeläge
Professor-Lübeck-Straße 8
36088 Hünfeld
Tel.: 06652/2309
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aus
FussbodenTechnik 04/15
(Handwerk)