Kleiner Fehler – Großer Schaden

Waschbrettoptik – Keine Freigabe für Designestrich


Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich im Schadensfall erst anhand der Ursachenforschung, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um Designestrich, der die Erwartungen des Bauherrn nicht erfüllte.

Der Inhaber eines Textilfachgeschäfts wollte einen Estrich einbauen und einen Teppichboden verlegen lassen. Der beauftragte Boden- und Estrichleger überzeugte ihn, stattdessen einen Designestrich zu wählen, der als fertiger Fußboden diene und zudem viel billiger sei. Auf der Oberfläche der Fußbodenheizung mit warmwasserführenden Heizrohren wurde ein Calciumsulfatfließestrich der Festigkeitsklasse F5 im Schwabbelverfahren aufgebracht.

Der Estrichleger schlug vor, in der 18 x 15 m großen Estrichfläche auf Bewegungsfugen zu verzichten. Er schnitt wandangrenzend die vom Heizungsbauer gestellten, etwa 6 mm dicken Randstreifen ab und montierte neue, 10 mm dicke Polyethylenrandstreifen. Entgegen den Regeln des Fachs, die bei dieser Flächengröße bei einem beheizten Estrich eine Bewegungsfuge erfordern, stellte der Estrichleger eine fugenlose Fläche her.

Nach der Fertigstellung zeigte der Estrich an der Oberfläche eine nicht gewünschte Waschbrettstruktur, die durch die Behandlung mit der Schwabbelstange entstanden war. Ungefähr in der Mitte der Fläche entstand ein deutlicher Riss. Der Verarbeiter baute daraufhin nachträglich in der Mitte eine Bewegungsfuge ein. Zusätzlich begann er, die Estrichoberfläche anzuschleifen. Die Folge: Es entstanden glänzende Hochpunkte der Schwabbelstruktur und dazwischen verbliebene weiße Weichzonen des Estrichs. Das Ergebnis wollte der Bauherr nicht akzeptieren.

Um den Boden zu retten, einigte man sich auf den Einsatz einer für Designspachtelböden geeigneten Spachtelmasse. Nach dem Reinigungsschliff sollte vollflächig gespachtelt und farbig versiegelt werden. Leider konnte auch dieses Ergebnis den Bauherrn nicht zufriedenstellen: Er rügte eine unsaubere Bearbeitung der Estrichfläche an den neuen Bewegungs- sowie an den Randfugen. Gleiches galt für Pickelbildungen und kraterförmige Löcher in der Fläche, die eine gutachterliche Überprüfung erforderlich machten.


Schaden - Stellenweise Krater und Kuppeln

Der Sachverständige führte eine gutachterliche Beurteilung des betreffenden Designestrichs durch, die die Ausführungen des BEB-Merkblatts "Designfußböden" und im Fachbuch "Hinzunehmende Unregelmäßigkeiten in Gebäuden" berücksichtigte. In zwei Dritteln der Fläche konnte er eine relativ glatte, eindeutig gespachtelte und grau versiegelte Fläche attestieren. In Einzelflächen zeigten sich kraterartige Vertiefungen (Durchmesser maximal 10 mm), partiell in anderen Flächenbereichen punktuelle kuppelartige Erhöhungen und Bläschen - jedoch in unbedeutendem Ausmaß. Das galt genauso für geringfügige Spachtelschläge, die messtechnisch deutlich unterhalb von0,5 mm lagen.

In einem Drittel des Raums war die Versiegelung ohne Spachtelung durchgeführt worden, sodass optisch deutlich störend die Schwabbelstruktur und vielzählige, maximal jedoch 0,2 bis 0,3 mm hohe punktuelle Erhöhungen vorlagen. Aufgrund der glänzenden Versiegelung waren sie deutlich erkennbar.

Die in der Mitte hergestellte Bewegungsfuge, farbgleich elastisch verfugt, war an den Estrich angearbeitet worden. Nur bei näherer Betrachtung zeigten sich leichte Unebenheiten und Anschrägungen zur Fuge hin. Diese lagen jedoch innerhalb der zulässigen Ebenheitstoleranzen und ergaben durch Auflegen eines Lineals keine Erhöhungen und Vertiefungen von > 0,5 mm.

In wandangrenzenden Bereichen, und zwar hingehend zu großen Schaufensterfronten, wo keine Sockelleisten montiert wurden, war insbesondere in Ecken und um Pfeiler herum der Randstreifen großzügig, d.h. mit Fehlstellen angeordnet. In diesen Bereichen wurden zwischen den Wänden und Pfeilern und den angrenzenden Estrichflächen unzulässige Abstände bis zu 20 mm gemessen.


Ursache und Verantwortlichkeit - Wo gespachtelt wurde, war das Ergebnis in Ordnung

Vor dem Hintergrund, dass die beteiligten Parteien sich auf ein Überspachteln der Fläche geeinigt hatten, stufte der Sachverständige die gespachtelte und farbig versiegelte Fläche als nicht zu beanstanden ein. Sie entsprach den allgemein anerkannten Regeln des Fachs und der Technik. Das geringfügig variierende Oberflächenerscheinungsbild mit kleinen Poren und pickelartigen Erhöhungen entsprach dem, was materialspezifisch und handwerklich unvermeidbar ist. Die gespachtelte Fläche wurde als mangelfrei bewertet, genauso wie die Ausbildung der Bewegungsfuge.

Als nicht den Regeln des Fachs entsprechend wurden die angrenzend vorliegenden nicht gespachtelten Teilflächenbereiche eingestuft. Dort wurde die Estrichoberfläche nur angeschliffen, jedoch nicht geschliffen und farblich versiegelt, was deutlich erkennbare Schwabbelspuren bzw. eine Waschbrettoptik mit vielen kleinen Kuppelbildungen nach sich zog. Mangelhaft war auch die Ausführung der Randfugen. Das galt in den Flächen, die nicht durch Sockelleisten abgedeckt werden. Bei der Herstellung eines Designfußbodens ist es erforderlich, gleichmäßig breite und geradlinige Randfugen herzustellen und eine gleichmäßige Eckausbildung vorzunehmen.

In diesem Fall hat der Estrichleger planerische Aufgaben übernommen und musste deshalb den Bauherrn umfangreich beraten. Er hätte vorher eine Bemusterung z.B. durch Fotos (großflächig fotografierte Flächenbereiche) durchführen oder sogar eine Musterfläche - mindestens 2 x 2 m groß - anlegen müssen. Es ist in Fachkreisen seit längerer Zeit bekannt, dass Designfußböden regelmäßig von Bauherrn bemängelt werden.

Der Sachverständige hat in dieser Angelegenheit eine Bearbeitung der Fugenbereiche als Nachbesserungsmaßnahme empfohlen. Um ein gleichmäßiges Oberflächenerscheinungsbild zu erzielen, sollten die nicht gespachtelten Flächen nach dem Abschleifen der vorhandenen Versiegelung ebenfalls mit gleichen Materialien gespachtelt und farbgleich versiegelt werden.

Fazit dieses Schadensfalls: Wenn der Verarbeiter Einfluss auf die Ausführung nimmt, hat er umfangreiche Hinweis- und Aufklärungspflichten insbesondere im Hinblick auf die Bemusterung bei Designfußböden im Rahmen der Beratung zu erfüllen.


Helmut Becker der Autor
Fußboden-Gutachter Helmut Becker, öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für Bodenbeläge

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aus FussbodenTechnik 06/15 (Handwerk)