FussbodenTechnik-Fachwissen für Fortgeschrittene

Verlegen von ableitfähigen Fußbodensystemen


Gebäude der chemischen und pharmazeutischen Industrie, Lagerräume für brennbare Flüssigkeiten und Explosivstoffe, aber auch Labors, EDV-Räume, Operationssäle oder andere Spezialbereiche mit besonders hohen Anforderungen an die Sicherheit kommen nicht ohne ableitfähige Boden-beläge aus. Günther Hermann, Leiter der Anwendungstechnik Fußbodentechnik von Mapei, erklärt, wie Bodenflächen ableitfähig verlegt werden können.

Elektrostatische Aufladungen lassen sich kaum vermeiden. Sie entstehen überall dort, wo Materialien aneinander reiben oder voneinander getrennt werden. Durch mechanische Trennung beim Abheben oder Reiben kommt es an den gemeinsamen Grenzflächen der Ladungsträger zu einem Ladungsübertritt, es entsteht ein Potenzialunterschied. Die Ladungsträger sind elektrostatisch aufgeladen. Unter bestimmten Bedingungen kann es als Folge von spontanen Entladungsvorgängen mit einer Intensität von mehreren Tausend Volt zu einer Funkenbildung kommen. In explosionsgefährdeten Laboratorien, in chemischen und pharmazeutischen Produktionsstätten, in Lagerräumen für brennbare Flüssigkeiten oder in Abfüllstationen stellt dies eine besondere Gefährdung dar, weil sich Gemische entzünden oder elektronische Geräte geschädigt werden können. Elektrostatische Aufladungen müssen daher in gefährdeten Bereichen minimiert oder sogar vollkommen ausgeschlossen werden.

Qualifizierung von ableitfähigen Bodenbelägen

Sind Bodenflächen hingegen isoliert, kann bei Bewegungen kein Spannungsabbau erfolgen. Erst beim Berühren eines Körpers mit einem anderen Potenzial fließt die gespeicherte Ladung spontan ab. Die statische Elektrizität der Stoffe hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. den Materialien selbst, der Intensität der Reibung und Trennung und auch der relativen Luftfeuchte der Raumluft. Einen wesentlichen Teil der Sicherheitsanforderungen für Menschen und Betriebseinrichtungen bilden neben ableitfähigen Geräten und Mobiliar elektrisch ableitfähige Bodenbeläge. Die Qualifizierung von Materialien für ableitfähige Bodenbeläge erfolgt durch Widerstandsmessungen. Die für den Bodenbelag und die Gesamtkonstruktion geforderten elektrischen Werte werden meist als Maximalwerte für den Ableitwiderstand in Ohm angegeben. Nach EN 14041 sind Bodenbeläge ableitfähig, wenn ihr Erdableitwiderstand 109 nicht überschreitet. Verschiedene Hersteller bieten speziell entwickelte Bodenbeläge dafür an, darunter elastische, textile und keramische Bodenbeläge mit elektrisch leitfähigen Eigenschaften.

Aufbau von elektrisch ableitfähigen Bodenbelägen

Die Einordnung und Festlegung eines elektrisch leitfähigen Bodenbelags ist eine Planungsaufgabe, die durch den Architekten, Planer oder Bodenbelagsnutzer zu erfolgen hat. Dabei sind bei der Ausschreibung der Bodenbelagsarbeiten einige Punkte zu berücksichtigen, beispielsweise die Anforderungen an das System, besondere Hinweise für ESD-Bereiche (ESD = electrostatic discharge, Bereiche mit elektrostatisch gefährdeten Bauteilen), Beschreibung des Systemaufbaus sowie die aktuell gültigen Vorschriften und Verordnungen.

Wichtig: Zu beachten ist, dass eine Ableitung elektrostatischer Aufladungen nur bei durchgehender Leitfähigkeit aller Schichten und Werkstoffe gewährleistet ist. Für die ableitfähige Verlegung von textilen und elastischen Belägen müssen Bodenbeläge mit elektrisch leitfähigen Eigenschaften mit ableitfähigem Klebstoff auf ein Ableitsystem verlegt werden. Das Einbauen der Anschlüsse und das Anschließen des Ableitsystems an den jeweiligen Potenzialausgleich muss von einem Elektriker vorgenommen werden. Ableitfähige Verlegungen können auf drei verschiedene Arten durchgeführt werden:

1. Auf Kupferbändern

Unter jede Belagsbahn und Plattenreihe wird ein Kupferband leitfähig auf den gespachtelten Untergrund geklebt und kopfseitig miteinander verbunden (bei Plattenware zwei Querbänder in jedem Raum). Auf dem so ableitfähig vorbereiteten Untergrund wird der Bodenbelag mit einem entsprechend ableitfähigen Klebstoff unter Verwendung der geforderten Zahnung geklebt. Dabei ist darauf zu achten, dass in Räumen bis zu 30m2 mindestens zwei Anschlussstellen zur Erdung am Potenzialausgleich vorhanden sind. Bei großen Flächen darf der Abstand von einem beliebigen Punkt bis zum nächsten Potenzialausgleich maximal 10 m betragen. Der Anschluss des Potenzialausgleichs erfolgt durch den Elektriker.

2. Auf Querleitschicht

Die Querleitschicht besteht aus einem ableitfähigen Vorstrich, der direkt auf den gespachtelten Untergrund aufgetragen wird. Auf diesen werden alle 30m2 rechtwinklig zur Wand ein mindestens 1,50 m langes Kupferband leitfähig geklebt. Bei kleinen Räumen müssen mindestens zwei, möglichst diagonal gegenüber liegende Anschlussstellen vorhanden sein. Bei großen Flächen darf der Abstand von einem beliebigen Punkt bis zum nächsten Potenzialausgleich maximal 10 m betragen. Der an der Wand überstehende Teil des Kupferbandes von mindestens 0,50 m wird ebenfalls von einem Elektriker an den Potenzialausgleich angeschlossen.

3. Bodenbelag mit vorhandener Querleitfähigkeit

Neben den beiden genannten Arten der ableitfähigen Verlegung gibt es eine dritte Variante: Bodenbeläge, die durch einen leitfähigen Rückenanstrich oder eine leitfähige Rückenbeschichtung bereits eine Querleitfähigkeit aufweisen. Bei diesen Belägen ist es nicht mehr erforderlich, auf der Fläche ein Kupferbandnetz oder eine Querleitschicht aufzubringen. Diese Funktion übernimmt der Belag. Lediglich in den Randbereichen ist eine Kupferbandleitung leitfähig zu kleben, auf die der Bodenbelag dann ebenfalls mit einem leitfähigen Klebstoff verlegt wird. Die Kupferbandleitung ist dabei so anzuordnen, dass alle 30 m2 durch den Elektriker ein Potenzialausgleich angeschlossen werden kann.

Der übrige Bahnenbelag kann mit einem konventionellen Klebstoff verlegt werden. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass Ablüfte- und Einlegezeiten von leitfähig eingestelltem und konventionellem Klebstoff übereinstimmen; man muss systemkonforme Produkte verwenden.

Einige Produzenten von leitfähigen Bodenbelägen geben ausdrücklich vor, keine leitfähigen Vorstriche zu verwenden, da diese unter Umständen einen nicht saugfähigen Untergrund herstellen können und dadurch die Gefahr einer Blasenbildung bei der Klebung mit leitfähigen Dispersionsklebstoffen besteht, insbesondere bei Kautschukbelägen.

Auch für die Herstellung ableitfähiger keramischer Bodenbeläge gibt es entsprechende Systemlösungen. Ableitfähige keramische Bodenkonstruktionen können in drei unterschiedlichen Ausführungsvarianten hergestellt werden:

1.Beläge aus nicht leitfähigen keramischen Fliesen und Platten
2.Bodenbeläge aus unglasierten leitfähigen Fliesen
3.Bodenbeläge aus keramischen Fliesen mit leitfähiger Glasur

Die Fliesenverlegung erfolgt in jedem Fall im hohlraumfreien Dünnbettverfahren gemäß DIN 18157-1 oder -3 mit einem elektrisch leitfähigen Dünnbettmörtel, der aufgrund der begleitenden Beanspruchungen der Klassifizierung C2 gemäß DIN EN 12004 entsprechen sollte.

Abnahme und Prüfung

Die Messung des elektrischen Widerstands von Belägen und/oder ableitfähigen Konstruktionen erfolgt in Abhängigkeit des Belagmaterials. Keramische Beläge bzw. Aufbauten werden beispielsweise nach den Vorgaben von dem AGI-Merkblatt S30, "Erdableitwiderstand des RE" gemessen. Bei elastischen Bodenbelägen erfolgt die Messung nach DIN EN ISO EN 1081 und bei textilen Belägen nach DIN EN ISO 10965. In der Praxis hat sich bei Nadelvliesbelägen die Messung nach DIN EN 1081 bewährt. Der gesamte Bodenaufbau im Objekt hingegen wird nach DIN EN 61340-4-1 berechnet. Eine Messung kann ebenso durch einen Begehtest erfolgen, etwa gemäß EN 1815. Neben den zuvor genannten Messungen wird zusätzlich der Standortübergangswiderstand geprüft.

Fazit: Anforderungen abhängig von Nutzung

Die Anforderungen an den Erdableitwiderstand der Böden sind in jedem Fall von der Nutzung der Räume abhängig und müssen objektspezifisch vom Planer in Abstimmung mit dem Bauherrn festgelegt werden. Die geforderten Erdableitwiderstände liegen in der Regel zwischen 1 x 104 bis 1 x 109 Ohm.

Kurz & Knapp
Was ist bei einer ableitfähigen Verlegung zu beachten?
1.Objektspezifische Festlegung der Anforderungen an den Erdableitwiderstand durch den Planer
2.Verwendung von geeigneten leitfähigen Systemprodukten
3.Fachgerechte Verlegung unter Beachtung gültiger Normen, Merkblätter und Herstellerangaben
4.Verifizierung der Ableitfähigkeit durch Widerstandsmessungen an der fertigen Konstruktion
5.Einbau und Anschluss des Potenzialausgleichs durch einen Elektriker
aus FussbodenTechnik 03/16 (Handwerk)