Junger Meister Johann Egger (23) aus Gaißach
Vom Maurerlehrling zum Vize-Europameister der Parkettleger
Eine erstaunliche Karriere hat der 23-jährige Johann Egger aus dem oberbayerischen Gaißach bereits hinter sich: Sofort nach der Realschule startete er mit einer Lehre als Maurer, verkürzte auf zwei Jahre und legte nach einem Gesellenjahr mit seiner Ausbildung als Parkettleger im Familienbetrieb los. Hier schöpfte er dann die volle Zeit aus. Ihm war die fundierte Ausbildung, vor allem die Praxis im dritten Lehrjahr, wichtiger als ein Ausbildungssprint. Wenn Egger etwas macht, will er seiner Sache sicher sein.Landessieger, Bundessieger, Vize-Europameister: Johann Egger fährt eine Trophäe nach der anderen ein. Als Landessieger der Parkettleger in Bayern trat der junge Handwerker nach der Gesellenprüfung in Ehingen 2015 zum Bundesleistungswettbewerb an und holte sich den Sieg. Für den Bundessieger stand damit die Teilnahme an der Europameisterschaft im Südtiroler Bozen fest. Angefeuert durch seine Freunde, unter ihnen auch sein erster Lehrmeister, war er nach den zwei Tagen des Wettbewerbes als erster fertig. Er hatte sich mit seinem Teamkollegen gut abgesprochen, so dass kein Leerlauf entstand.
Egger hat einen hohen Qualitätsanspruch an sich selbst. Längen und Gehrungen berechnet und schneidet er auf Zehntel Millimeter genau. Damit überzeugte er die Juroren und verließ den Austragungsort Fiera di Bolzano als Vize-Europameister 2016 (Ausführliche Berichte zu den Wettbewerben finden Sie in den Ausgaben 1/2016 und 3/2016 des Fussboden Fuxx). "Mit unserer alten Kreissäge von der Baustelle hätte ich noch ein besseres Ergebnis gebracht", ist sich der Silbermedaillen-Gewinner sicher. Schon vor Beginn monierte er den Anschlag an der Kreissäge, der sich nicht fest einstellen ließ.
Der Handwerker: Meister in der dritten GenerationParallel zu den Wettbewerben absolvierte der Bayer seine Ausbildung zum Parkettlegermeister. Auch wenn heute zur Betriebsführung kein Meisterzwang mehr besteht, stand für ihn schon immer fest: er will Handwerksmeister werden wie sein Vater und Großvater, der den Familienbetrieb vor fast sechzig Jahren gegründet hatte. Sein Vater ist sogar dreifacher Meister. Zum Maurermeister absolvierte er mit Verlagerung des Betriebsschwerpunkts in Richtung Bodenbelag noch den Estrichleger- und Parkettlegermeister. Daher war für Johann Egger das Gewerk zunächst nicht entscheidend, sondern mehr die pragmatische Überlegung der kurzen Wege.
Für die Maurerlehre lagen Berufsschule, Arbeitsplatz und Innung im Kreis Bad Tölz und damit vor der Haustüre. Er schnupperte bei einem jungen Maurermeister hinein, der frisch von der Meisterprüfung das Baugeschäft zu Hause übernommen hatte und blieb bei ihm zur Ausbildung und danach noch ein Jahr als Geselle, denn er wollte zusätzlich Erfahrung sammeln. "Die Ausbildung als Maurer ist sehr umfassend und beinhaltet auch Lehrstoff aus anderen Berufen wie zum Beispiel vom Estrichleger," zieht Egger Bilanz. "Insgesamt bekommt man ein gutes Gespür für das Bauen, auch für andere Gewerke."
Der Parkettlegermeister: Perfektion bis ins DetailDas Parkettlegerhandwerk lernte Johann Egger erst mit der Ausbildung so richtig zu schätzen. Die vielen Gestaltungsmöglichkeiten mit Stabparkett im hochwertigen Fußbodenbereich begeistern ihn. "Mit der Qualifikation kann man sich als Handwerker vom Bodenleger abheben, der nur Fertigparkett verlegt", erklärt er den Vorteil aus seiner Sicht.
Den Meisterkurs in Ehingen genoss er. In nur neun Wochen Vollzeit ist hier der praktische Teil der Meisterausbildung kompakt zusammengefasst. Ihm gefiel das Zusatzwissen im Aufbau der unterschiedlichen Holzarten ebenso wie die Praxis in der Oberflächenbehandlung und der Maschinenparcours. Der Unterricht bei Ernst Müller prägte ihn. Mit einfachen Kniffen lernte er, optisch attraktive Sternmotive oder dreidimensional wirkende Objekte als Parkett umzusetzen. Dass bei Sternmotiven die Richtung entscheidender ist als die Fugen, verblüffte ihn jedoch. "Der Blick des Betrachters konzentriert sich fast ausschließlich auf die durchgehende Mittelachse, die in Längsrichtung verläuft, da fallen die einzelnen Fugen kaum ins Gewicht ", erklärte Müller dem Perfektionisten aus Bayern.
Eggers Begeisterung spiegelt sich im aufwendigen Design der Meisterplatte. Um ein Rautenmuster mit 3-D-Effekt sind Sternspitzen angelegt und mit Zweischichtdielen aufgefüllt. Den Abschluss bildet ein Fries mit Würfeln und Adern. Das Material hatte der Meisterschüler von den Großhändlern Hinterseer und Engelhard gesponsert bekommen.
Zweischichtdielen ? Ja - in Ehingen wird die Meisterplatte aus Zweischichtparkett angefertigt, nicht klassisch aus Nut-Nut-Parkettstäben wie in anderen Bundesländern. "Ernst Müller hat dies aus Kostengründen vor sechs Jahren durchgesetzt", weiß Egger. Zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung hatte er wegen der Teilnahme an der Europameisterschaft und einer dringenden Baustelle zwar kaum Zeit zum Üben, war aber dennoch gut strukturiert und sicher. Aus der Ruhe brachte ihn nur die Arbeitsprobe, denn hier wusste er vorher nicht, was auf ihn zukommt. "In kurzer Zeit, nur mit einer Skizze ohne Angabe von Größen und mit begrenztem Arbeitsmaterial die Erwartungshaltung der Prüfer zu erfüllen, hat mich gestresst", sagt er offen. In der Meisterprüfung wird klassisch noch mit Nut-Nut-Stäben gearbeitet. Egger arbeitete sein Fischgrät-Muster ohne Dehnfuge an die auf der Platte simulierte Säule an. Jeder Stab war einzeln anzupassen, das kostete Zeit.
Weniger aufregend empfand er die Wettbewerbe und die Arbeitsplatten in den Prüfungen. "Man hatte im Vorfeld einen Arbeitsplan erstellt und es gab Vorlagen und Maße, mit denen man arbeiten konnte", erklärt er den Unterschied.
Der Nachfolger: Pläne und Perspektiven für das FamilienunternehmenDie Betriebsübernahme ist bereits besprochene Sache. Johann Egger wird das Unternehmen in der dritten Generation weiterführen. Obwohl sein Vater Johann und seine Mutter Barbara Egger noch nicht beabsichtigen, in Rente zu gehen, lassen sie ihrem Sohn Raum. Er kann schon seine eigenen Ideen einbringen. Im Handwerk sieht Johann Egger Junior weiter gute Zukunftschancen, daher will er den Betrieb stärker ausbauen.
Langfristig sind zusätzliche Mitarbeiter nötig. Diese will er künftig auch über die Ausbildung gewinnen. "Bei meinem Vater war ich der einzige Lehrling in 35 Jahren", sagt er, doch das soll sich jetzt ändern. Er hat sehr konkrete Vorstellungen von geeigneten Kandidaten für eine Ausbildung: teamfähig müssen sie sein, Leistungswillen und körperliche Belastbarkeit mitbringen. Dafür muss nicht jeder zum "Häuptling" geboren sein.
Zudem will der junge Egger den Maschinenpark erweitern. Beim Meisterkurs hatte er eine Vielzahl Maschinen im Vergleich testen können. "Gerade zum Untergrundschleifen gibt es heute Technik, mit der man schneller vorankommt", weiß er jetzt. Um die Außendarstellung des Familienbetriebes zu verbessern, stehen dann noch zwei Handlungsfelder an: Ausstellung und Internet.
Der Verkaufsraum wird zu einer Ausstellung umgebaut, bei der Parkett und Vinylbeläge im Vordergrund stehen. Derzeit verkauft Egger zu 40 Prozent Dreischicht-Parkett und zu 60 Prozent Vinyl. Lagerhaltung ist in seinen Augen nicht mehr unbedingt notwendig und nicht zeitgemäß. "Der Kunde kauft nicht, was da ist, sondern, was er sich vorstellt." Der Jungunternehmer setzt dabei auf seine Beratungskompetenz und gutes Mustermaterial.
Etwa 90 Prozent der Kunden sind Privatkunden aus dem Isartal. Die Region um Bad Tölz ist auch für Normalverdiener noch erschwinglich. Die Struktur in Oberbayern orientiert sich stark an den Seen", erklärt der Gaißacher die regionalen Unterschiede. Gut situierte Zweitwohnungsbesitzer bevorzugen den Starnberger See oder Tegernsee.
Die Werbung bei Egger läuft bisher meist über Mundpropaganda. Mit dem Internet bieten sich zusätzliche Möglichkeiten. "Für die Zukunft muss sich Egger auch im Internet neu präsentieren", merkt der Betriebsnachfolger an. Die Gestaltung eines repräsentativen Internetauftritts steht schon auf der Agenda. Im Zusammenhang mit Eigenwerbung ist für ihn die weitere Qualifizierung zum Estrichlegermeister eine Überlegung. "Der Meistertitel ist eines der wenigen Qualitätsmerkmale, mit denen man sich beim Endverbraucher hervorheben kann", betont er.
Vorteile der Innungsmitgliedschaft Für Johann Egger ist es selbstverständlich, dass er als Handwerksmeister wie sein Vater Mitglied in der Innung München-Oberbayern wird. Unabhängig vom Traditionsgedanken sieht er darin auch konkrete Vorteile: "Die Innung hat als Verbund gegenüber der Industrie einen besseren Standpunkt, wenn es um Produktentwicklung oder -haftung geht". Zudem tauschen sich die Mitglieder untereinander aus, sodass Probleme schneller bekannt werden. Zum Wissenstransfer innerhalb der Innung gehören auch die Fortbildungen, die sie selbst anbietet oder mit der Industrie organisiert. Dazu kommt noch die Unterstützung bei der Lehrlingsausbildung - alles gute Gründe, auch in Zukunft dabei zu sein.
aus
Parkett Magazin 04/16
(Handwerk)