"Ich bin die Marke"

Christian Borchardt tritt seinen Kunden kompetent und selbstbewusst gegenüber. Der Hamburger Raumausstatter führt den vom Vater gegründeten Betrieb auf klassische Art ohne viel Schnickschnack, dafür mit Engagement - und Erfolg.

Christian Borchardt ist sich sicher: Gute Arbeit ist ihren Preis wert. Und wenn die Kunden zufrieden sind, empfehlen sie seine Firma weiter. "Bei uns gibt es keine Verkaufsaktionen, keine Newsletter oder Jubiläumspreise. Wir liefern Wertigkeit und verschleudern nichts, wir agieren authentisch zu fairen Konditionen", erklärt der Raumausstatter aus Hamburg. Seine Kunden vertrauten ihm und kauften Borchardt-Produkte, nicht die der Hersteller. Der Raumausstatter sagt deshalb: "Ich bin die Marke - und ich muss überzeugen."

Der Betrieb Borchardt Raum & Idee befindet sich seit 1974 in Wellingsbüttel, einem der einkommensstärksten Stadtteile Hamburgs, immer an gleicher Stelle. "Auch das Sortiment ist ähnlich geblieben, bei gleicher Kernpalette", erklärt der Inhaber, der nach einer Tischlerlehre in einem fremden Betrieb das Raumausstatter-Handwerk von der Pike auf im väterlichen Unternehmen gelernt hat.

2003 übernahm er die Firma: "Das war ein fließender Übergang, zunächst als gemeinschaftliche KG." Bis heute stehe ihm Vater Peter Borchardt mit Rat und Tat zu Seite, sei darüber hinaus für die Neugestaltung der Schaufenster alle sechs bis acht Wochen zuständig. Christian Borchardt, der mit Frau Pamela, einer selbständigen Steuerberaterin, und der 15-jährigen Tochter in Hamburg-Bergstedt wohnt, denkt seinerseits noch nicht über Nachfolgeregelungen nach. "Ein paar Jahre gebe ich mir für dieses Thema noch", schmunzelt der 42-Jährige.

Aus- und Weiterbildung ist selbstverständlich

In seinem Betrieb lernt mindestens ein Auszubildender pro Jahr den Beruf des Raumausstatters. "Viele der Azubis konnte ich übernehmen", so Borchardt, in dessen Betrieb heute fünf Gesellen (darunter vier ehemalige Lehrlinge), drei Azubis und zwei Meister beschäftigt sind. Sie schickt er regelmäßig auf Verkaufstrainings und Produktschulungen. Und wenn jemand besondere Interessen zeigt, kann er sich der Unterstützung des Chefs sicher sein. Wie die Gesellin Nikolina Hoof, die sich zur Gestalterin im Handwerk hat fortbilden lassen.

Seine Firma sieht Borchardt mit einem Umsatz zwischen 600.000 und 700.000 EUR gut aufgestellt: "Nach mehr als 40 Jahren haben wir viele Stammkunden, die uns weiterempfehlen." Es gebe in der Umgebung einige Marktbegleiter mit ähnlicher Produktpalette, jedoch böte niemand das umfassende Angebot seines Unternehmens.

Herkömmliche Werbe- und Anzeigenformen nutze er nicht mehr. Die Webseite, die vor drei Jahren einem Relaunch unterzogen wurde, sei eher ein erweitertes Schaufenster. Virtuelle Raumplaner oder ähnliches überzeugen Borchardt bislang nicht in Anwendung und Nutzen. "Wir arbeiten klassisch: Beim Aufmaß vor Ort mache ich Fotos, anhand derer wir im Laden dann besprechen, was in Frage kommt." 98 % seiner Kunden wollen Beratung. Bei einer Tasse Kaffee setze man sich dann zusammen, um die optimale Lösung zu finden. "Wenn Kunden mit ihren Kindern kommen, werden die Kleinen von einer Mitarbeiterin bespaßt, damit die Eltern in Ruhe entscheiden können."

"Gardinen erleben eine Renaissance"

Den Auftraggebern aus dem Großraum Hamburg bietet Christian Borchardt ein Vollsortiment im mittleren bis gehobenem Preissegment: "Wir haben Stoffe von 40 bis 300 EUR im Angebot, der mittlere Preisbereich wird am häufigsten verkauft." Die fast ausschließlich Privatkunden finden in seinem Laden eine Auswahl an textilen und elastischen Bodenbelägen inklusive Designbelägen sowie Parkett, außerdem Tapeten, Wandfarben, Sonnen- und Insektenschutz, Deko- und Möbelstoffe. Schwerpunkt und sein liebstes Geschäft seien Gardinen, betont Borchardt: "Der Bereich ist in den vergangenen Jahren gewachsen, Gardinen erleben gerade eine gewisse Renaissance." Mit innovativen Stilgarnituren wie der Wave-Aufhängung würden Räume modern interpretiert. Darüber hinaus sieht der Raumausstatter derzeit eine wachsende Bedeutung von Farben und Tapeten.

Die Aufträge werden in eigener Werkstatt und eigenem Atelier bearbeitet. "Wir beschäftigen keine Subunternehmen, bei Bedarf werden Fachleute anderer Gewerke vermittelt wie Elektriker oder Maler", beschreibt der eloquente Hamburger seine Philosophie. So würden hochwertige Materialien zu eigenen Produkten gemacht, erklärt Borchardt, der sich als Handwerker und nicht als Textilhändler versteht.

Die Verkaufsräume hat er vor drei Jahren renovieren lassen. Alles ist jetzt hell und licht gestaltet. Die Bügelpräsentationen sind in eleganten, herausziehbaren Apothekerschränken verschwunden. Nach Bedarf kann die Auswahl unter mehreren hundert Stoffmustern in durchschnittlich zehn bis 15 Farben hervorgezaubert werden. "Der ganze Raum wirkt klarer, die Wertigkeit der Produkte wird unterstrichen", begründet der Unternehmer die optische Reduktion. Auf den ersten Blick sichtbar sind noch Schaubenpräsentationen mit den Gardinen-Highlights, einige Wasserfallständer, dazu Bibliotheksmuster und Teppichkollektionen.

An hohen, weißen Tischen werden dem Kunden die Muster präsentiert. "Wenn ich gut vorbereitet bin und die Bedingungen vor Ort kenne, suche ich im Vorfeld drei bis vier Stoffe raus. Meistens ist darunter schon der Volltreffer", erklärt Borchardt. Wohnaccessoires sucht man hingegen vergebens. "Wir haben keine Laufkundschaft. Kissenbezüge, Duschvorhänge, Tisch- oder Tagesdecken werden individuell auf Wunsch angefertigt."

Netzwerken über die Innung und den Südbund

Restmengen an Stoffen werden gespendet, für Nähübungen der Azubis verwendet oder entsorgt. Das sei ein teurer Spaß, da zweimal im Jahr neue Kollektionen kommen - und es platzt aus Christian Borchardt heraus: "Die Industrie sollte sich Gedanken über die Kosten für die Muster und deren Amortisation machen." Er gebe viel Geld dafür aus. "Bei guten Umsätzen möchte ich das am Jahresende wieder raushaben", ärgert er sich und hofft auf Ideen zu diesem Thema. Das gilt auch für die Lieferzeiten: Viele Lieferanten böten eine immer tiefere Kollektion, was längere Lieferzeiten zur Folge habe. Borchardts Forderung: Die Kollektionen zusammenstreichen und die Bevorratung aufstocken, um die Lieferfähigkeit zu gewährleisten.

Dass er mit diesen Ärgernissen nicht allein ist, erfährt der Hamburger beim Erfahrungsaustausch mit Händlern aus dem norddeutschen Raum. Die Erfa-Gruppe des Südbund trifft sich zweimal im Jahr, dazu kommen zwei bis drei Termine der Innung. Zusammen mit den Vertreterbesuchen sowie der Lektüre von Fachzeitschriften wie BTH Heimtex fühlt sich der Unternehmer dann stets gut informiert.

Christian Borchardt lagert selbst keine Stoffe. Bei ihm wird nach Bedarf bestellt, über den Südbund oder größtenteils direkt bei den Herstellern. Er hat derzeit rund 13 Stofflieferanten im Programm (darunter Jab Anstoetz, Designers Guild und Fischbacher), Teppiche von Kinnasand und Jab Anstoetz, die Südbund-Kollektion, eine handverlesene Auswahl an Tapetenkollektionen sowie den Farbenhersteller Little Green. Seine derzeitige Lieblingskollektion ist die von Kinnasand, bei der ihn das klare Design und die ausgezeichnete Materialität überzeugt. "Hier finden sich viel Leinen- und Naturfasern mit ganz toller Haptik." Aber auch die Kollektion von Zimmer + Rohde begeistert den Raumausstatter: "Design mit Understatement - das mag ich."


Daten + Fakten
Borchardt Raum & Idee e.K.
Rolfinckstraße 18
22391 Hamburg
Tel.: 040/5 36 18 43
info@borchardt-raumundidee.de
www.borchardt-raumundidee.de

Inhaber: Christian Borchardt
Gründung: 1974
Mitarbeiter: 10
Kooperation: Südbund
Sortimente: Deko- und Möbelstoffe, Bodenbeläge, Parkett, Sonnen- und Insektenschutz, Gardinen-Atelier, Polsterei
aus BTH Heimtex 10/16 (Handwerk)