Der Kampf um junge Führungskräfte

Unter Jungakademikern ist der Handel nicht erste Wahl, wenn es um den Arbeitgeber geht. Und viele, die bereits dort arbeiten, wollen weg. Warum, das versucht das Trendence Young Professional Barometer zu ermitteln.

Das Trendence Young Professional Barometer erfasst seit 1999 die Karrierepläne und Wunscharbeitgeber von Jungakademikern mit maximal zehn Jahren Berufserfahrung. Für BTH Heimtex hat das Trendence Institut die Daten speziell mit Blick auf den Handel ausgewertet.

Demnach gehört dieser per se nicht zu den bevorzugten Betätigungsfeldern für den Führungsnachwuchs und landet nur auf Platz 9 von fünfzehn Branchen. Lediglich 12,3 % der Befragten gaben an, sich "auf jeden Fall" für eine Position im Handel bewerben zu wollen; sogar 18,4 % schlossen dies kategorisch aus.

Es ist aber nicht nur vergleichsweise schwierig, junge Führungskräfte zu gewinnen, sondern auch, sie zu halten. Neun von zehn der bereits im Handel Tätigen sind offen für eine andere Beschäftigung; knapp 20 % sind aktiv auf der Suche nach einem neuen Job. Von den Wechselwilligen würde sich nur gut die Hälfte "auf jeden Fall" wieder im Handel bewerben. "Das ist mit Abstand der schlechteste Wert im Branchenvergleich", erklärt Annekatrin Buhl, Head of PR & Marketing bei Trendence.

Gefragt, warum sie mit ihrem aktuellen Job nicht zufrieden sind, nannten 36,9 % das Gehalt. Aber auch den Führungsstil (35,0 %), mangelnde Wertschätzung (34,4 %) und eine schlechte Work-Life-Balance (29,5 %) bemängelte eine relevante Zahl der Befragten.

Während diese also insgesamt betrachtet nicht unbedingt glücklich mit ihrer Arbeitssituation sind, scheinen die jungen Führungskräfte aus dem Handel gleichzeitig bei Arbeitgebern durchaus begehrt zu sein. 73 % hatten in den vergangenen zwölf Monaten Angebote von anderen Unternehmen erhalten. "Damit sind die Mitarbeiter des Handels nach denn der Consulting- und der IT-Branche die begehrtesten Young Professionals in Deutschland", stellt Annekatrin Buhl fest. Da ist die Versuchung groß, zumindest über einen Wechsel nachzudenken. Am größten ist der Wunsch danach bei Mitarbeitern mit drei bis fünf Jahren Berufserfahrung.

Gefahr des Brain-Drains im Handel besonders hoch

Nach diesen Zahlen überrascht es nicht, dass der Handel auch beim erstmals erstellten Brain-Drain-Index schlecht abschneidet. Dieser gibt Auskunft über das Verhältnis zwischen der Gefahr, den Führungsnachwuchs zu verlieren, und der Chance, ihn zu gewinnen. Hier landet der Handel auf Platz vier von 15 Branchen und hat damit ein vergleichsweise hohes Risiko, die jungen Leute zu verlieren.

Und zwar nicht unbedingt nur an die Konkurrenz oder andere Branchen. Dem Schritt in die Selbstständigkeit stehen junge Angestellte aus dem Handel ganz besonders offen gegenüber. Fast 11 % gaben an, sich in den kommenden zwölf Monaten selbstständig machen zu wollen; gut 80 % von ihnen hatten bereits eine Idee, womit.

Um dennoch für den Führungskräftenachwuchs interessant zu sein, sollten Firmen den jungen Leuten eine Beschäftigung mit ausgewogener Work-Life-Balance anbieten. Diese wurde als wichtigstes Kriterium bei der Wahl des Arbeitgebers genannt. Dahinter folgen attraktive Arbeitsaufgaben und die Möglichkeit zur persönlichen Entwicklung. Speziell der Handel ist zudem aufgefordert, an der Gehaltsgerechtikeit zu arbeiten. Denn während Männer hier im Schnitt 56.900 EUR verdienen, sind es bei den Frauen 44.700 EUR - stolze 21,4 % weniger. In kaum einer anderen Branche ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern so groß.
thomas.pfnorr@snfachpresse.de
aus BTH Heimtex 12/16 (Handel)