Handel mit Haus- und Heimtextilien

Möbler legen zu, Fachhandel verliert Marktanteile


Haus- und Heimtextilien werden immer häufiger im Möbelhandel gekauft. Die Möbelhändler konnten ihren Umsatz mit Kissenbezügen, Bettwäsche, Gardinen und Co. in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich steigern. Der Fachhandel verliert Marktanteile. Für 2017 bleiben die Aussichten dank guter Konsumstimmung positiv.

Die Möbelhändler konnten ihren Umsatz mit Kissenbezügen, Bettwäsche, Gardinen und Co. in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich steigern und ihren Marktanteil damit stetig ausbauen - bis auf 16,4 Prozent im Jahr 2016. Das zeigt der aktuelle "Branchenfokus Haus- und Heimtextilien" von IFH Köln und BBE Handelsberatung. Von der Untersuchung erfasst werden neben textilen Bodenbelägen sowie Gardinen und Dekostoffen auch Bettwaren, Matratzen, Rahmen sowie Haus-, Tisch- und Bettwäsche.

"Durch sein breites Sortiment ist der Möbelfachhandel in allen Einrichtungsmärkten präsent, auch bei Haus- und Heimtextilien", erklärt Uwe Krüger, Senior Consultant am IFH Köln. "Allerdings haben die Möbelhändler mit dem aktuellen Marktanteil ihren Zenit erreicht, denn wir erwarten zukünftig ein eher mageres Umsatzwachstum." Bis 2021 rechnen die Branchenexperten damit, dass der Möbelfachhandel seinen Umsatz mit Haus- und Heimtextilien nur leicht um 0,1 Prozent steigern kann. Das entspricht einem Umsatzvolumen von 1,67 Milliarden Euro und damit einem Anteil am Gesamtmarkt von (nur noch) 16,1 Prozent. Auf der Gewinnerseite stehen dagegen Versandhändler und Internet-Pure-Player.

Gesamtmarkt 2016 auf Vorjahresniveau

Der Gesamtmarkt für Haus- und Heimtextilien schließt das Jahr 2016 auf einem nahezu unverändert hohen Niveau ab wie im Vorjahr. Das Marktvolumen liegt weiterhin bei rund 10,1 Milliarden Euro. Damit hält das positive Stimmungsbild der Branche aber nur bedingt an, denn binnen dreier Geschäftsjahre hat sich das Marktwachstum um 1,6 bzw. 2,4 Prozentpunkte auf null reduziert. Die IFH- und BBE-Experten gehen jedoch davon aus, dass die Branche den jährlichen Gesamtumsatz mittelfristig oberhalb von zehn Milliarden Euro halten kann.

"Haus- und Heimtextilien spielen für die Verbraucher eine wichtige Rolle, denn sie runden das Erscheinungsbild der eigenen vier Wände stimmig ab. Auch wenn in den Folgejahren keine Wachstumsraten zu erwarten sind, ist mit einem Marktgesamtvolumen über der Zehn-Millionen-Marke für die kommenden Jahre zu rechnen", so Stefan-Charles Jahner, Consultant bei der BBE Handelsberatung.

Auch die im VR-Branchenspecial der Volksbanken und Raiffeisenbanken und des ifo-Institutes veröffentlichten Analysen zeichnen ein insgesamt positives Bild der Branche. Auch für 2017 wird mit einer Stabilisierung der positiven Situation gerechnet. Gleichwohl: Gerade der Fachhandel kann seine Hände nicht in den Schoß legen. Denn nach Berechnungen der BBE Unternehmensberatung verliert der Facheinzelhandel sukzessive Marktanteile. "Dies galt zuletzt nicht nur für traditionelle Fachgeschäfte, sondern auch für Fachmärkte", heißt es in der Analyse. Die Anteilsgewinne im Möbeleinzelhandel werden hier nicht nur auf das verbreiterte Sortiment zurückgeführt, sondern auch in die Investition "in die spezifische Fachkompetenz seiner Mitarbeiter."

Weiter heißt es in dem Bericht: "In nicht unerheblichem Umfang werden Haus- und Heimtextilien auch über weitere branchenfremde Vertriebswege abgesetzt". Dazu zählen Kaufhäuser, SB-Warenhäuser und Lebensmitteldiscounter ebenso wie Verbraucher- und Baumärkte, aber auch Bekleidungsidscounter und -filialisten. Das Institut für Handelsforschung (IfH) schätzt demnach die Quote auf mittlerweile ein Fünftel, "wobei zuletzt die Online-Umsätze sowohl der Pure Player als auch der stationären Fachhändler spürbar zulegen konnten."

Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hat errechnet, dass die Umsatzentwicklung im Privatkundengeschäft in den Segmenten Bettwäsche, Handtücher und Tischdecken "überdurchschnittlich hohe Wachstumsraten", verzeichne. "Auch die Umsätze mit Bettwaren dürften zugenommen haben. Im ersten Halbjahr 2016 konstatierte die Heimtextilienindustrie gestiegene Inlandsumsätze vor allem bei Steppdecken sowie Kopf- und Kleinkissen."

Mit Blick auf das laufende Jahr zeigen sich die Konjukturexperten weiterhin optimistisch: "Für den Handel mit Haus- und Heimtextilien bleiben die konjunkturellen Rahmenbedingungen 2017 günstig", heißt es. Das ifo-Institut rechnet mit einer Zunahme der privaten Konsumausgaben um nominal 2,6 % (real + 1,2 %). Eine Ursache: Der Wohnungsneubau und damit zusammenhängend auch die geplanten Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Bestand. "Zusätzliches Umsatzpotenzial für Haus- und Heimtextilien bringt die verbreitete Wertschätzung einer gemütlichen und repräsentativen Gestaltung privater Wohnungen und Häuser." Der zunehmende Drang zur Inidividualisierung schlägt sich auch hier nieder, zumal textile Gestaltungselemente vergleichsweise unkompliziert und preisgünstig zur Umgestaltung beitragen können.

Zielgruppe 50plus zunehmend attraktiv

Als eine interessante Zielgruppe macht das ifo-Institut dabei die Generation 50plus aus (siehe auch Seite 86): "Außer mit einem entsprechenden Sortiment kann es dem Fachhandel durch besondere Dienstleitungen und eine angepasste Ladengestaltung gelingen, seine Anziehungskraft auf diese Kundengruppe zu erhöhen. Schon heute liegt nach Angaben der Experten der Bevölkerungsanteil der häufig finanziell gut gestellten Zielgruppe 50plus bei 40 Prozent - mit steigender Tendenz. "Hinzu kommt, dass ältere Verbraucher bei der Wohnraumgestaltung Haus- und Heimtextilien einen überdurchschnittlichen Stellenwert einräumen. Darüber hinaus geben die vergleichsweise hohen Qualitätsansprüche sowie die Bereitschaft, für deren Realisierung auch entsprechend Geld zu investieren, dem Fachhandel gute Gründe, die Konsumgewohnheiten und -bedürfnisse dieser Kundengruppe zu berücksichtigen."

Im Möbelhandel zeichnen die Analysten ein uneinheitliches Bild. Zwar werde das Jahr 2016 mit einem Umsatzplus abgeschlossen,das auch für das laufende Jahr prognostiziert wird. "Allerdings bleibt die Bandbreite der Ergebnisse zwischen den einzelnen Unternehmen erheblich", heißt es. "Einer Reihe - in erster Linie kleiner und mittelgroßer, nicht spezialisierter Vollsortimenter - dürfte es schwer fallen, existenzsichernde Erträge zu erwirtschaften.

"Vor dem Hintergrund des vorherrschenden Verdrängungswettbewerbes stehen die Unternehmen der Branche vor der Aufgabe, permanent an ihrer Attraktivität zu arbeiten und dadurch der häufig beklagten nicht zufriedenstellenden Kundenfrequenz aktiv entgegenzuwirken", raten die Handelsexperten. "Eine wichtige Stellschraube hierfür ist eine ausgefeilte Warenpräsentation, bei der es darauf ankommt, den Kunden sowohl Orientierung auf der Verkaufsfläche als auch emotionale Ansprache zu geben."

Gefragt sind Emotionalität und Qualität

Dazu würden immer häufiger Teile des Sortimentes in sogenannten Wohnwelten präsentiert, "die durch das realitätsnahe Zusammenspiel von Möbeln und Fachsortimenten komplette Einrichtungsideen liefern", so die Analyse. Ein Konzept, das auch dem Bettenfachhandel unter der Überschrift "Schlafraumeinrichter" ein Beispiel geben kann.

Auf Herstellerseite gibt es ebenfalls ein uneinheitliches Bild. Den Möbelherstellern ist es zwar 2016 gelungen, ein weiteres Umsatzplus zu erzielen und damit das Vorkrisenniveau von 2008 erstmals wieder zu übertreffen - und das soll auch in diesem Jahr so weitergehen. Doch die Matratzenindustrie kann in diesen fröhlichen Chor nicht mit einstimmen. Sie blieb mit einem Minus von 3,7 Prozent unter der Umsatzvorgabe des entsprechenden Vorjahreszeitraumes. Zurückgeführt wird das auf den Nachfragerückgang am Inlandsmarkt.

"Die Wettbewerbsfähigkeit der Möbelbranche wird sich künftig nicht mehr nur im Design, der Qualität, der Funktionalität und den innovativen Details der Produkte manifestieren", heißt es in der VR-Analyse. "Der Fokus liegt zunehmend auf kundenindividuell konfigurierten Produkten." Wichtig sei außerdem die Kundenzufriedenheit im Hinblick auf eine schnelle Verfügbarkeit, der Bestellabwicklung unter Berücksichtigung individueller Wünsche und das Reklamationsmanagement.

Aus Kundensicht seien engagiertes und beratungsstarkes Verkaufspersonal unabdingbar, heißt es schließlich. Und: "Bessere Marktchancen werden denjenigen Marktteilnehmern zugesprochen, die sich durch ihre Nähe zum Endkunden auszeichnen und als kompetente Problemlöser positionieren können."
aus Haustex 05/17 (Handel)