Gesellenprüfung ist nicht gleich Gesellenprüfung
Die Gesellenprüfungen im Raumausstatterhandwerk unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland. Melina Dittrich vom Zentralverband Raum- und Ausstattung (ZVR) erklärt.
Zehn junge Gesellen und Gesellinnen starten mit Elan in das Raumausstatter-Handwerk: Der Gesellenprüfungsausschuss in Braunschweig-Lüneburg-Stade begrüßte zur Freisprechung der jungen Handwerker in feierlichem Rahmen mehr als 90 Gäste. Frank Heinze als Meisterbeisitzer und Raumausstattermeister Mirko Witkowski, neuer Vorsitzender der Prüfungskommission, berichteten stolz, dass alle Prüflinge den praktischen Teil der Prüfung bestanden haben. Doch wie läuft so eine Prüfung genau ab? Gibt es Unterschiede bei Gesellenprüfung im Raumausstatter- und Sattlerhandwerk innerhalb der verschiedenen Bundesländer?
Bereits im Ablauf der Gesellenprüfung im Raumausstatterhandwerk gibt es Unterschiede. Während die Theorieprüfungen etwa in Hessen und Niedersachsen zwei Tage andauern, erstreckt sich die Prüfung in Baden-Württemberg auf drei Tage. Auch die praktischen Prüfungen variieren: In Niedersachsen haben die Prüflinge 32 Stunden, in Baden-Württemberg 34 Stunden und in Hessen vier Tage Zeit, um die gestellten Aufgaben zu bearbeiten. Vorab können sie zusammen mit dem Ausbildungsbetrieb einen Prüfungsschwerpunkt festlegen, der sich vom Boden, Polstern bis hin zur Wand und der Dekorationstechnik erstreckt. Die männlichen Teilnehmer wählen hierbei meistens den Boden, viele Damen entscheiden sich für die Dekorationstechnik.
Die Stimmung während der Prüfung ist bundesweit ähnlich. Hauptsächlich herrscht gute Laune, da sich die einzelnen Gruppen gegenseitig aufbauen und die Rahmenbedingungen während den Prüfungen im Allgemeinen als gut empfunden werden. Aber es kann natürlich auch schon einmal zu Tränen kommen, wenn etwas nicht klappt, die Zeit zu knapp wird oder wenn sich die Prüflinge überschätzt haben. Zwar gibt es immer intensive Vorgespräche, die die Auszubildenden bei den Planungen unterstützen sollen, doch nicht immer werden die Anregungen ernst genug genommen.
Die meisten Gesellenstücke werden jedoch in der vorgegebenen Zeit fertig, wobei die Aufgaben in ihrem Schwierigkeitsgrad aus Sicht der Berufsschullehrer angemessen sind. Am besten schneiden die meisten Prüflinge dabei in ihren jeweils gesetzten Schwerpunkten ab. In Baden-Württemberg lässt sich zudem erkennen, dass beim Polstern - wahrscheinlich der eher schweren Abläufe geschuldet - die meisten Probleme auftreten. Ein Grund hierfür kann auch sein, dass das Polstern ein immer weiter abnehmender Arbeitsbereich in den meisten Betrieben ist.
Die Gesellenprüfung im Sattlerhandwerk besteht ebenfalls aus einer theoretischen und praktischen Prüfung. In Baden-Württemberg reichen die Prüflinge einige Wochen vor dem praktischen Teil einen schriftlichen Vorschlag zur Gesellenprüfung beim Prüfungsausschuss ein, wobei es bestimmte Grundparameter bezüglich des Schwierigkeitsgrads gibt. Nach der Genehmigung fertigen die Sattler dann ihr individuelles Gesellenstück an. Die Ergebnisse der schriftlichen und der praktischen Prüfung weichen im Sattlerhandwerk nicht sehr stark voneinander ab. Insgesamt ist die praktische Prüfung jedoch beliebter bei den Prüflingen.
Bei den Gesellenprüfungen werden verschiedene Materialien benötigt, die meistens von den Ausbildungsbetrieben gestellt werden. Es kommt jedoch auch vor, dass Auszubildende das benötigte Material selbst besorgen. Nachdem die Prüfungskommission die Arbeiten bewertet hat, erfolgt die feierliche Freistellung mit der Übergabe der Gesellenbriefe. Aus den Prüflingen werden Neugesellen im Raumausstatter- und Sattlerhandwerk, die vielleicht selbst eines Tages als Meisterin oder Meister Prüfungen abnehmen werden.
Melina Dittrich
aus
BTH Heimtex 09/17
(Handwerk)