Forschungsprojekt Feuchtemessung

Welcher Messmethode gehört die Zukunft?


Wann ist ein Estrich trocken genug, um Parkett darauf zu verlegen? Parkettleger sind gehalten, den Untergrund zu messen - "Belegreife bestimmen" heißt das allgemein, aber Sachverständige scheuen diesen Begriff, weil er mehr Faktoren enthält, als nur den Feuchtegehalt. Auf dem Sachverständigentag 2017 erörterten Experten verschiedene Methoden.

Die einen messen zerstörungsfrei auf kapazitive, resistive oder elektromagnetische Weise. Andere setzen auf Sorptionsisothermen über die Luftfeuchte mit Sensoren innerhalb oder außerhalb des Estrichs. Bislang hält die Branche jedoch an der recht aufwändigen CM-Messung fest. Wie anfällig ist diese Methode für Fehler? Offenbar nicht so stark, wie manche behaupten. Sachverständigen-Obmann Manfred Weber hat 41 Kollegen befragt, wie viele Parkettschäden sie trotz scheinbar korrekter CM-Daten registriert haben. In die Auswertung kam eine Anzahl von mindestens 28.000 bis maximal 44.000 Messungen. Die Rückmeldung ergab bei normalem Zementestrich sechs Schadensfälle, bei Schnellestrich vier Fälle. Auf die Frage, wie viele solcher Schäden ihnen als Sachverständige bekannt seien, wurden für Zementestrich drei Fälle und für beschleunigten Estrich zehn Fälle genannt. Nimmt man diese Angaben, so rangiert die Menge der Parkettschäden aufgrund fehlerhaft gemessener CM-Werte in einem verschwindend geringen Prozentbereich. Die Suche nach Alternativen und vermeintlich sicheren Messmethoden ist dennoch ungebrochen.

Feuchte verstehen

Bei Feuchtigkeit geht es um Wasser - das kann fest, flüssig oder gasförmig sein. Aber Achtung: Gasförmiges Wasser ist kein Wasserdampf, denn den kann man sehen (Wolken). Wenn Wasser sich mit anderen Materialien verbindet oder reagiert, entstehen Luft-, Holz- und Estrichfeuchte. Dr. Thomas Brokamp (Bona) erklärt aus Sicht des Chemikers: "Feuchte ist also Wasser plus ein anderes Material. Damit verbundene Reaktionseffekte können unterschiedlich groß sein. Bei Luftfeuchte sind sie klein, im Holz wird der Dampfdruck des Wassers schon deutlich reduziert."

Probleme mit Bodenbelägen entstehen, wenn die Feuchtigkeit im Estrich wandert und nach oben steigt. Erläutert wird das vom Diffusionsgesetz. Dessen Formel basiert auf drei Parametern: der relativen Luftfeuchte (treibender Druck), der Leitfähigkeit des Baustoffes in Bezug auf Wasser (Transportweg) und der Darrdichte in Verbindung mit der Speicherkapazität des Baustoffes für Wasser (Volumen). Brokamp: "Um den Feuchtezustand im Untergrund zu bestimmen, muss man eigentlich alle drei Parameter prüfen. Wir sind aber sparsam, wollen aus einem Parameter auf das ganze System schließen, und das am liebsten nur an einem einzigen Mess-punkt. Wir müssten jedoch sowohl die Speicherfunktion, den Druck wie eine bestehende Transportmöglichkeit für Feuchtigkeit prüfen".

Ist der Druck hoch und kann die Feuchtigkeit nicht schnell genug in die Raumluft entweichen, wird der Bodenbelag starker Feuchtigkeit ausgesetzt. Grundsätzlich jedoch wird nur die Menge Wasser nach oben geleitet, die einen Ausgleich zur Luftfeuchtigkeit sucht. Besteht hier ein Gleichgewicht, geschieht dem Parkett nichts. Auf diesen Ausgleich kommt es an, nicht auf die Menge des Wassers im Estrich.

Was bewirken physikalische wie chemische Bedingungen im Bodenbelag? Zunächst Dimensionsänderungen, die im Holz zu Schäden führen können, wenn die Luftfeuchtigkeit unter 25 % oder über 75 % liegen sollte. Bei elastischen, druckdichten Belägen werden osmotische Blasen registriert, die mit Salzen aus dem Estrich zu tun haben können. Denn Salze ziehen Wasser an die Oberfläche. Auch Schimmelbildung braucht nicht viel, nur eine Luftfeuchte über 70 %, eine Temperatur um die 20 °C und ein wenig Staub als Nährstoff. Liegt die Luftfeuchte gar über 80 % treten bei Klebstoffen und Lackbindemitteln eventuell Verseifungsreaktionen auf. Und wasserempfindliche Polymere, etwa PUR- und Silanklebstoffe, können weich werden.

Wann ist der Unterboden trocken genug?

Ausreichend trocken ist ein Estrich in der Regel, wenn die korrespondierende Luftfeuchte 65-70 % beträgt. Kann das Wasser in Gasform ungehindert durch den Belag (z. B. Teppich) hindurch dampfen, sind sogar 90 % Luftfeuchte möglich. Jedoch ein dampfdichter Belag oder ein lackiertes Parkett hindern den schnellen Ausgleich mit der Luftfeuchtigkeit. Dann muss eine Feuchtesperre auf dem Estrich das Problem lösen.

Brokamp: "Man hat sich in Deutschland meist nur darum gekümmert, ob zuviel Wasser im Boden gespeichert ist, aber nicht gefragt, ob diese Menge Wasser überhaupt das Potenzial hat, Schaden anzurichten. Bei etwa 2,0 CM-% hat man sich nach Erfahrung darauf verlassen, dass die korrespondierende Luftfeuchte unter 75 % lag. Den Dampfdruck hat man vernachlässigt."

Rein mathematisch lässt sich die Trocknungskurve eines Estrichs mit Hilfe der Sorptionsisotherme und der Schnell’schen Austrocknungskurve berechnen und in Darr-% übertragen. Brokamp: "Die für uns interessante Trocknungskurve läuft aber auf der sogenannten Scanning-Isotherme ab. Das ist eine Isotherme, bei der man nicht allein von der physikalischen, sondern vom Beginn der chemischen Trocknung aus startet. Da ein Estrich unterschiedliche Feuchtestellen aufweist, wird sich ein Mischwert (kein Mittelwert) entsprechend dieser Scanning-Isotherme einstellen".

Methoden zur zerstörungsfreien Messung

Die Suche nach einem besseren Verfahren zur Messung der Belegreife geht weiter. Die TKB ist auf dem Gebiet aktiv, aber auch das Bundesamt für Materialforschung und -prüfung (BAM). Dr.-Ing. Christoph Strangfeld und Sabine Kruschwitz haben sich unter Laborbedingungen zehn verschiedene Estrichproben in zwei Dicken (35 und 70 mm) vorgenommen. Die Massenfeuchte gilt ihnen kaum als geeigneter Wert zur Bestimmung der Belegreife. "Man sollte nicht die Frage stellen, wie viel Wasser im Estrich drin ist, sondern wie viel Wasser pro Tag heraus kommt. Ein weiteres Kriterium ist die Luftfeuchte des sich einstellenden Ausgleichsklimas".

Das BAM-Projekt sucht unter diesen Maßgaben ein zerstörungsfreies, preiswertes und ohne Kalibrierung funktionierendes Messverfahren, das schon bei geringen Massenfeuchten anschlägt, gleichzeitig Luftfeuchte und Wasserabgabe einbezieht, unabhängig von der Estrichdicke ist, eine tiefenaufgelöste Feuchteverteilung angibt und per Online-Abfrage gesteuert werden kann.

Vorhandene Messmethoden können all dieses nicht leisten. Die Messung per Mikrowelle zeigt sich dickenabhängig und blind gegenüber den Verhältnissen in Calciumsulfat-Estrichen. Das kapazitive Ergebnis mit der handlichen Hydromette scheint sich relativ neutral zum Baustoff zu verhalten, ist jedoch beim Estrich ebenfalls abhängig von der Dicke. Das gelte auch für Denzel-Geräte, die auf den gemessenen Estrich eingestellt sein müssen und sich mit CA-Estrichen schwer tun. Was sich dagegen durchaus mit einem kapazitiv messenden Gerät nachvollziehen lässt, ist die Wasserabgabe in g/m2 und Tag. Ein drittes Handgerät, die Wenner-Sonde, misst im resistiven Verfahren den elektrischen Widerstand gegen Feuchte in Masseprozent. Mit diesem Gerät kam das BAM-Projekt jedoch nicht einmal bis zur Belegreife, sondern stellte eine starke Material- und Dickenabhängigkeit fest.

Möglich ist darüber hinaus der Einsatz von Radar. Dabei wird ein elektromagnetischer Impuls gesendet und eine Welle kommt zurück. Den Phasenübergang von Luft zu Estrich kann man per Echo-Reflektion mit der Feuchte in Beziehung setzen. Das geht schnell und ließe sich auf der Baustelle umsetzen, erweist sich vor allem bei CA-Estrichen aber als komplett blind.

Noch akademischer ist die Kernspinresonanzspektroskopie (NMR). Hier werden ein Permanent-Magnet und ein elektromagnetisches Feld genutzt, die Energie zu messen, die man braucht, um das im Baustoff enthaltene Wasser in Bewegung zu setzen. Man erreicht eine Tiefenauflösung bis etwa 25 mm. Als positiv bewertet wird bei dieser Vorgehensweise die Anzeige der Belegreife. Zudem misst die NMR-Methode das freie Wasser und damit die schadensträchtige Wasserabgabe. Leider ist sie ein sehr teures Verfahren.

Favorisiert wird von Christoph Strangfeld eine vergleichsweise einfache Messmethode mit billigen Luftfeuchte-Sensoren, wie sie in kleinen Wetterstationen eingebaut sind. Zehn Stück sind in eine 70 mm dicke Estrichprobe in 6 mm Abstand zueinander eingebettet. Sie zeigen die relative Luftfeuchte im Baustoff an. Das ist ähnlich der korrespondierenden Luftfeuchte, zusätzlich jedoch über den Estrichquerschnitt tiefenaufgelöst. Nun lässt sich bestimmen, wann der Estrich im Vergleich zur Raumluft seine Ausgleichsfeuchte erreicht hat. Beim 35 mm CA-Estrich war das im Labor nach 21 Tagen, beim identischen 70 mm CA-Estrich erst nach 116 Tagen der Fall.

Ein neues Verfahren ist patentiert

Christoph Strangfeld: "Keines der oben genannten Verfahren funktioniert richtig toll, aber seit Juni haben wir ein neues Patent". Dabei treffen sich Mathematik und die schon genannten Luftfeuchte-Sensoren. Basis ist die Kelvin-Gleichung. In Abhängigkeit von Umgebungsdruck und -temperatur kann sie die Oberflächenspannung eines Wassertropfens berechnen. So lässt sich bestimmen, wie sich einzelne Wassertropfen verhalten, wenn man langsam in die Sättigung kommt. Betrachtet man nun wassergefüllte Poren im Estrich, zeigen sich kleine Poren als gesättigt und große als nur teilgesättigt. Dort geschieht der Übergang des Wassers von der Flüssigphase zur Gasphase. Christoph Strangfeld: "Wir fangen mit ganz kleinen Poren an und können jeder einzelnen Pore eine Sättigung in Abhängigkeit zur Luftfeuchte zuordnen. Und letztere haben wir mit unseren eingebetteten Sensoren schon gemessen."

Jeder Estrich hat eine gewisse Porenverteilung, und die Sättigung dieser Poren mit Wasser ändert sich über die Zeit. Das Wasser muss irgendwo hin - theoretisch in eine von drei Richtungen, aber in der Regel nach oben. Christoph Strangfeld: "Nimmt man die Porenvolumenverteilung, rechnet für jede einzelne Pore die Sättigung aus und setzt dazu die gemessene Luftfeuchte, kann der Computer kalkulieren, wie sich die Sättigung über die Zeit verhält. Wir haben hier wirklich alle drei Größen: die Luftfeuchte, die wir selbst messen, dann mathematisch ausgerechnet, wie sich die Massenfeuchte über die Zeit entwickelt, und daraus lässt sich die Wasserabgabe des Estrichs pro Quadrameter und Tag bestimmen."

Henrik Stoldt
aus Parkett Magazin 06/17 (Handwerk)