Kleiner Fehler - Großer Schaden
Nicht endlos beanspruchbar: Schwimmende MMF-Beläge im Fitnesscenter machten schlapp
Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich im Schadensfall erst anhand der Ursachenforschung, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um mehrschichtig modulare Fußbodenbeläge (MMF), die den Belastungen in einem Fitnesscenter nicht standhielten.
Ein Bodenleger erhielt den Auftrag, in einem neu erbauten Fitnesscenter rund 900 m
2 mehrschichtig modulare Bodenbeläge zu verlegen. Als Untergrund für die schwimmende Verlegung der Beläge der Klasse 2 auf Polymerbasis mit Klickverbindung - im nachfolgenden Designbelagselemente genannt - diente ein Calciumsulfatfließestrich.
Unter den lose verlegten Designbelagselementen kam ein 1,3 mm dicker Polyolefinschaum als Dämmunterlage zum Einsatz. Dies war laut Datenblatt des Belags nicht zu beanstanden und stand außerdem in Einklang mit der Verlegeanleitung des Bodenbelagsherstellers. Ohne erkennbare Beanstandungen folgte eine reibungslose Abnahme der Bodenbelagarbeiten.
Nach der Einrichtung und Möblierung des Fitnesscenters mit einer Vielzahl schwerer Fitnessgeräte kam es in den Laufzonen zu Beeinträchtigungen des Belags. Vor Fensterfronten und auch in weiteren Flächen ohne Sonnenlichteinfall zeigten sich Aufwölbungen der Elemente in den Längskanten, Verformungen, Fugen und insbesondere Entriegelungen der Klickverbindung. Schließlich rügte der Bauherr die Verlegung.
Schaden
Fugen im Belag & Entriegelungen der Klickverbindung
Auf den ersten Blick waren bei der gutachterlichen Überprüfung, die an einem relativ kühlen und regnerischen Tag im Sommer stattfanden, keine Aufwölbungen und hochstehenden Kanten der Beläge festzustellen. Auf den zweiten Blick jedoch zeigten sich beim Befühlen geringe Nachgiebigkeiten an den Längsstößen, einhergehend mit teilweise deutlichen Fugen. An diesen Stellen kam es zu regelrechten Entriegelungen der Klickverbindungen.
Diese Beschreibung galt besonders für die Laufzonen vom Eingang des Gebäudes bis in die einzelnen Räume - und zwar ausschließlich dort, wo bereits Fitnessgeräte wie schwere mobile Stepper und Crosstrainer aufgestellt waren. Konzentriert lagen die Fugenbildungen unmittelbar angrenzend an die bis zum Boden gehenden Fensterelemente eines großen Fitnessraums vor. Dort standen zahlreiche Spinning-Geräte, sogenannte Indoor-Cycle, die jeweils auf Rollen an den Standbeinen fahrbar waren.
Die näher gehende Überprüfung zeigte in Randbereichen, wo Elemente aufgenommen werden konnten, eine gute Verriegelung. Allerdings dort, wo die überproportionalen Fugen vorlagen, konnte bei näherer Betrachtung mit der Lupe eine deutliche Entriegelung sowie eine teilweise Verschiebung der Elemente nachvollzogen werden. Die vom Bauherrn beschriebenen deutlichen Aufwölbungen konnte der Sachverständige nur als gering hochstehende Längskanten feststellen, und zwar in erster Linie vor der Fensterfront des Fitnessraums.
Der Auftraggeber hatte von einer deutlichen Sonneneinstrahlung mit Oberflächentemperaturen bis 40 °C gesprochen. Tatsächlich konnte der Sachverständige, als kurzzeitig die Sonne durchkam, innerhalb kürzester Zeit Temperaturen von bis zu 27 °C auf der Oberfläche des Belags messen. Die überproportional breiten Fugen gab es in erster Linie in den Teilflächen, wo die Sonne durch die Fenster schien, mit einer etwas geringeren Intensität auch auf Flächen im Inneren des Gebäudes ohne Sonneneinstrahlung.
Stichprobenartige Überprüfungen der Randfugen ergaben, dass diese ausreichend dimensioniert waren. Im Gegensatz dazu fehlte in dem beschriebenen Fitnessraum mit einer Länge von 18 m (quer zur Verlegerichtung) eine nach den Regeln des Fachs erforderliche Bewegungsfuge. Eine Überprüfung der Rollen der Fitnessgeräte ergab, dass diese überwiegend weiche Bandagen aufwiesen. Sie verliefen häufig mit einer deutlichen Krümmung zur Mitte der Rollen und zeigten Laufflächen von nur 5 mm Breite.
Ursache
Zu hohe Punkt- und dynamische Lasten für schwimmend verlegten Belag
Auch ohne Prüfmöglichkeiten an unverlegten Materialproben kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass der schwimmend verlegte Belag nicht für die fahrbaren Fitnessgeräte geeignet war. Die verlegten Designbelagselemente, die gemäß Herstellerangaben in die Nutzungsklasse nach DIN EN 685 31/23, d. h. für den "Wohnbereich - stark" und "gewerblich mäßig" ausgelobt sind, standen nicht im Einklang mit den hohen Punktlasten der schweren Geräte. Gleiches galt für den beim Befahren entstehenden Radpressdruck.
Hinzu kamen die verlegetechnischen Mängel bei der Anordnung ausreichender Bewegungsfugen. Gemäß Verlegeanleitung des Belagsherstellers sind diese ab Seitenlängen von 10 m erforderlich. Zusätzlich außerdem in allen Türdurchgängen. Die fehlenden Fugen bezeichnete der Sachverständige als schadensforcierend. Auch wenn solche Fugen in größeren Räumen nicht gewünscht sind, hätte man im Bauvorhaben diesem einfach entgegenwirken können, wenn - wie in der Verlegeanleitung beschrieben - die Verlegung der Elemente in Längsrichtung des Raums erfolgt wäre. Das war jedoch nicht der Fall.
Ebenfalls als schadensfördernd hat der Sachverständige die nachvollziehbare Sonneneinstrahlung aufgrund großer Fensterflächen erkannt. Laut zu Protokoll gegebenen Angaben sollen am Boden Oberflächentemperaturen von 40 °C gemessen worden sein, die vom Sachverständigen nur andeutungsweise, jedoch verständlich nachvollziehbar waren. Bei starker Erwärmung kommt es zu einer Erweichung und Volumenvergrößerung des thermoplastischen Materials. Die damit verbundenen Entriegelungen der Klickverbindung entstanden beim Erkalten. Daneben sorgte die Beanspruchung durch Rollen für Entriegelungen und ein regelrechtes Verschieben der lose verlegten Elemente. Diesbezüglich wies der Sachverständige auf die dem Planer obliegende Beachtung der DIN 4108 "Wärmeschutz" hin.
Zur Überbeanspruchung der schwimmend verlegten Beläge kam es zum einen durch das Befahren mit Flurförderzeugen beim Transport der Fitnessgeräte durch eine Spedition - vom Sachverständigen zufällig beobachtet - , zum anderen durch das Umstellen der fahrbaren Fitnessgeräte, insbesondere wegen der besonders schmalen Laufflächen.
Verantwortlichkeit
Bodenleger hätte Bedenken anmelden müssen
Der vorliegende Schaden hat mehrere Väter: Die technische Verantwortlichkeit sah der Sachverständige beim Bodenleger. Dieser ging im ehemaligen Fitnesscenter des befreundeten Bauherrn selbst dem Sport nach und hätte bei der Auswahl und Verlegeart der Designbelagselemente im Rahmen seiner Sorgfalts- und Hinweispflichten Bedenken anmelden müssen.
Ein Teil der technischen Verantwortlichkeit ist jedoch auch dem Nutzer aufgrund der vom Sachverständigen persönlich festgestellten Überbeanspruchung der Fußbodenebene im Rahmen der Einrichtung des Gebäudes zuzuordnen.
Richtigerweise hätte im Bauvorhaben die ausgewählte Bodenbelagsqualität zum einen mindestens für den Verwendungsbereich nach DIN EN 685 "Elastische, textile und Laminatbodenbeläge - Klassifizierung" der Klasse 34 "gewerblich - sehr stark" entsprechen müssen. Bei einer Dicke der Elemente von 3,2mm wäre dies nur durch Kleben des Belags zu erreichen gewesen. Zum anderen hätte der Transport der schweren Gerätschaften über Lastverteilungsplatten erfolgen müssen. Tatsächlich war ein Teil der schmalen Fitnessgeräterollen selbst bei geklebten elastischen Bodenbelägen als kritisch zu bezeichnen.
Abschließend ist auf die planerische Verantwortlichkeit bezüglich eines ausreichenden Wärmeschutzes an den Fenstern hinzuweisen, der in dem Objekt schlicht fehlte.
aus
FussbodenTechnik 02/18
(Handwerk)