Sachverständigenfall: Schaden auf 400 m2 Zweischicht-Bambusboden – Flächenkühlung löst Parkett vom Estrich


Moderne Fußbodenheizungen sind nicht nur für Wärme da, im Sommer können sie den Raum auch kühlen. In einer Jahreszeit, in der die Luftfeuchtigkeit in der Regel höher ist als im Winter, kann der Taupunkt im Estrich jedoch zu Problemen am Oberboden führen. Einen solchen Fall schilderte Dominik Kison vom Institut für Fußbodentechnik.

Im Atrium eines Neubaus aus dem Jahr 2013 war in einen 80 mm dicken Zementschnellestrich auf rund 400 m2 eine Flächenheizung mit Kühlfunktion eingebaut worden. Darüber dehnten sich vier offene Stockwerke bis zu einer verglasten Deckenkonstruktion aus. Weil der Estrich zum Zeitpunkt der Verlegung des Oberbodens nicht den erforderlichen Feuchtewert aufgewiesen hatte, war als Absperrung eine Epoxydharzlage mit Quarzsand aufgebracht worden. Darauf wurde mit einem Silanklebstoff ein zweischichtiges Bambusparkett mit versiegelter Oberfläche geklebt.

Von oben schien nun die Sonne täglich viele Stunden durch das Glasdach. Ab einer Raumtemperatur von 26 °C wurde im Boden die Flächenkühlung mit Temperaturen von 10 bis 12 °C aktiviert. Im Sommer 2014 kam es zu ersten Ablösungen des Parketts. Auf der 400 m2 großen Fläche wurden mit Abständen von 180 bis 200 cm regelmäßige Verformungen bis zu 8 mm Höhenunterschied mit Hohllagen sichtbar. Fugen gab es dagegen in der Atrium-Fläche nicht.

Risse im Estrich

Als der herbeigerufene Sachverständige das Parkett geöffnet hatte und das Bruchbild des Klebstoffes unter den Hohllagen begutachten konnte, zeigte sich der Klebstoffauftrag als ausreichend und teilweise noch haltbar, hatte aber Elastizität verloren und konnte folienartig vom Estrich gelöst werden. Dominik Kison: "In der Hand ist der Klebstoff regelrecht zerbröselt."

Zunächst wurden mangelhafte Eigenschaften des Klebstoffs vermutet. Es zeigten sich aber darüber hinaus quer zur Faserrichtung des Parketts Risse im Estrich, für die es zunächst keine Erklärung gab. Quelldruck schied als Ursache aus, denn dann hätten die Risse in Faserrichtung verlaufen müssen. Ein weiterer Sachverständiger wurde hinzugezogen, nahm Proben vom Estrich und stellte fest, dass die Estrichfeuchte im oberen Bereich des Substrats bei 1,46 % und im unteren Bereich bei 7,34 % lag.

Fazit der
Gutachter

Durch die Flächenkühlung war es zu einer Taupunktverlagerung in den unteren, gekühlten Bereich der Fuß-bodenkonstruktion gekommen und das dort gesammelte Tauwasser hatte in dem Schnellzement die Bildung von Sekundär-Ettringit angeregt. Da Ettringit sich in aufgefeuchteten Bereichen ausdehnt, wurde der Estrich entlang der Kühlleitungen aufgesprengt. In der Folge konnte der Klebstoff den Bambusboden nicht mehr vollständig auf dem Untergrund halten. | Henrik Stoldt

Was ist Ettringit?
Benannt nach seinem ersten Fundort in der Eifel, ist Ettringit ein Mineral der wasserhaltigen Sulfate. Wird Zement beim Mischen mit Sulfaten versetzt, entsteht beim Abbinden Ettringit und verzögert den Prozess der Erstarrung. Im Beton oder Estrich kommt es in der Regel erst zur Bildung von Monosulfat, der sich dann zu Ettringit umkristallisiert. Dieser Vorgang ist mit dreifacher Volumenvergrößerung verbunden und wird als Ettringit- oder Sulfattreiben bezeichnet.
aus Parkett Magazin 03/18 (Handwerk)