Überblick über bauchemische Produkte für den Estrichleger

Was macht Schnellzemente, Dünnestriche und Estrichzusatzmittel aus?


Wenn es um Bauchemie geht, greift der Estrichleger in der Regel auf vier Produktgruppen zurück: Das sind Schnellzemente, Dünnestriche, Estrichzusatzmittel und Spezialprodukte. Dr. Norbert Arnold, Leiter technische Sortimentsentwicklung bei Uzin Utz, stellt das bauchemische Quartett mit seinen Eigenschaften vor.

Als Spezialist für den Fußbodenbau benötigt der Estrichleger zum einen Volumenprodukte wie Sand, Zement, Dämmstoffe oder Systemplatten. Bei diesen Produkten spielen immer auch Transport und Baustellenlogistik, wie z. B. örtliche Verfügbarkeit oder Silotechnik, eine zentrale Rolle. Darüber hinaus kommen aus der Bauchemie weitere Produkte zum Einsatz, bei denen ihre Funktionalität im Vordergrund steht, häufig verbunden mit einem Handling als Palettenware.

Vielfach kommt es zwischen den beiden Bereichen auch zu Überlappungen, sodass sich keine scharfe Trennlinie ziehen lässt. Für eine Beschreibung der verschiedenen Produktgruppen kann diese Einteilung allerdings hilfreich sein. Insbesondere für die größte Gruppe der Fußbodenkonstruktionen, den Zementestrichen - die ganz überwiegend vom Estrichleger auf der Baustelle hergestellt werden - lassen sich anhand dieser Einteilung die eingesetzten Produkte strukturieren, was eine vertiefte Betrachtung erlaubt.

Produktgruppen: Welche Bauchemie braucht der Estrichleger?

Entsprechend der genannten Charakterisierung zählen zur Gruppe der funktionalen Produkte
-Schnellzemente, wobei ganz überwiegend ternäre Schnellzemente eingesetzt werden.
-Dünnestriche, die als fließfähige Mörtel zum Aufbau von dünnschichtigen Estrichkonstruktionen oder auch für dickschichtige Spachtelungen zum Einsatz kommen.
-Estrichzusatzmittel, die zur Modifikation der Baustellenestrichmörtel dienen.
-Spezialprodukte; unter dieser Produktgruppe lassen sich die "sonstigen" bauchemischen Produkte, wie z. B. Haftschlämmen, Grundierungen oder Rissharze zusammenfassen.

Der nachfolgenden Erläuterungen geben einen Einblick, was die einzelnen Produktgruppen auszeichnet:

Schnellzemente

Schnellzemente werden ausschließlich bei besonderen Anforderungen, z. B. definierte Trocknung oder verformungsfreie Aushärtung eingesetzt, was ihre Zuordnung zu den funktionalen Produkten begründet. Sie werden deshalb auch überwiegend objektbezogen vom Hersteller direkt an die Baustelle geliefert.

Einfache Schnellzemente bestehen aus Mischungen von Portland- und Aluminatzement. Der Zusatz von Aluminatzement führt zu einer erheblich beschleunigten Aushärtung des Portlandzements in diesem Bindemittelgemisch. Die Auswirkungen auf das Wasserbindevermögen sind eher untergeordnet. Diese auch als binäre Schnellzemente (SZ-B, 1) bezeichneten Produkte, kommen dort zum Einsatz, wo früh hohe Festigkeiten benötigt werden und der Feuchtegehalt für die Belagsverlegung nachgeordnete Bedeutung hat, typischerweise also bei keramischen Fliesen und Platten.

Steht eine definierte Trockenzeit im Vordergrund, kommen ternäre Schnellzemente (SZ-T, [1]) zum Einsatz. Diese aufwendig formulierten Produkte enthalten als dritte Bindemittelkomponente Calciumsulfat und binden zusätzlich Anmachwasser unter Ettringitbildung. Dieser Vorgang wird auch als kristalline Wasserbindung bezeichnet. Über die Ettringitbildung lässt sich darüber hinaus die Schwindung gezielt steuern, wodurch praktisch verformungsfreie und frühbelastbare Estrichkonstruktionen erstellt werden können.

Dünnestriche

Dünnestriche bilden das Bindeglied zwischen Spachtelmassen und fließfähigen Estrichmörteln. Durch Korngrößen bis ca. 2 mm lassen sich zum einen dünnschichtige Estrichkonstruktion im Verbund, auf Trennlage oder auch auf Dämmlage verwirklichen. Zum anderen lassen sich durch die geringen Mindestauftragsdicken auch Unebenheiten im Untergrund ausgleichen, worauf später die Fußbodenkonstruktion weiter aufgebaut werden kann.

Zementbasierte Dünnestriche werden ganz überwiegend als Werktrockenmörtel in der Lieferform Sackware eingesetzt. Diese Produkte werden auch auf Calciumsulfatbasis angeboten und sind allerdings nur in nicht feuchtebelasteten Bereichen einsetzbar.

Estrichzusatzmittel

Durch die Verwendung von Estrichzusatzmitteln (EZM) werden die Eigenschaften von Baustellenestrichen bei deren Herstellung durch Zugabe zum Sand/Zement-Gemisch gezielt beeinflusst. Dabei lassen sich zwei Hauptgruppen von Produkten unterscheiden:

1.Verarbeitungshilfen bestehen überwiegend aus Luftporenbildnern und Tensiden. Diese machen den Estrichmörtel geschmeidiger und sorgen für eine verbesserte Verarbeitbarkeit, z. B. durch das Erleichtern von Abziehen und Glätten. Dabei ist zu beachten, dass die Luftporen im Estrichmörtel die Festigkeiten reduzieren können. Dies sollte der Estrichleger beim Erstellen seiner Estrichrezeptur berücksichtigen. Verarbeitungshilfen können auch das Spannungsverhalten des ausgehärteten Estrichs günstig beeinflussen.

2.Um die Trocknungszeiten des Estrichs zu verkürzen werden EZM eingesetzt, die den Wasserbedarf der Mörtelmischung reduzieren. Technologisch handelt es sich dabei um Verflüssiger/Fließmittel, wie sie auch in Beton eingesetzt werden. Der verringerte Wasser-Zement-Wert verkürzt nicht nur die Trocknungszeit, sondern kann auch höhere Festigkeiten ermöglichen. Voraussetzung ist, dass die Luftporenbildung kontrolliert wird, die ansonsten der Festigkeitserhöhung entgegenwirkt.

Für Estriche mit EZM gelten für die Trocknung die üblichen belagsabhängigen Grenzwerte der Belegreife. Darüber hinaus werden auch EZM mit "beschleunigender" Wirkung angeboten, d. h. bei diesen Produkten werden für die Belegreife höhere Grenzwerte, als in den Normen und Merkblättern ausgewiesen, ausgelobt. Estrichmörtel, die mit solchen EZM modifiziert werden, werden entsprechend DIN 18560[2] als Sonderprodukte betrachtet.

Spezialprodukte

Diese Produktgruppe umfasst vielfältige Spezialprodukte, deren Einsatz durch die unterschiedlichen Baustellenbedingungen geprägt wird. Labile Untergründe können z. B. durch Epoxidharze verfestigt werden, mineralische Haftschlämme sorgen für eine sichere Verbindung zwischen Betonuntergrund und Estrich, mit Rissharzen können Risse in schwimmenden Estrichen nach Abklingen der Verformung kraftschlüssig verschlossen werden. Aufgrund der Vielfalt der Produkte kann diese Aufzählung nicht abschließend sein.

Literatur
[1]TKB-Merkblatt 14, Schnellzementestriche und Zementestriche mit Estrichzusatzmitteln
[2]DIN 18560-1, Punkt 5.5, 11-2015
aus FussbodenTechnik 03/18 (Estrich)