Fachanwalt Andreas Becker informiert
Schuldet der Auftragnehmer Neubaustandard?
Immer dann, wenn kein Leistungsverzeichnis vorliegt, ist für Boden- und Parkettleger Vorsicht geboten. Plant der Handwerker seine Leistungen selbst und bietet sie an, übernimmt er Planungsverantwortung wie ein Architekt. Der vorliegende Fall zeigt, wie schnell der Handwerker in die Haftungsfalle gerät.Ein Bauunternehmen kaufte eine alte Kaserne und baute sie zu hochwertigen Eigentumswohnungen um. Im Zuge des Umbaus sollte von einem Parkettleger vorhandenes Parkett abgeschliffen und neues auf einem bestehenden Fliesenbelag eingebaut werden. Der Architekt, der das Bauvorhaben begleitete, fertigte jedoch kein Leistungsverzeichnis an, sondern forderte bei einem Parkettlegerbetrieb ein Angebot an. Der Handwerker bot unter dem Titel "Umbau Kaserne zu Wohnungen" Leistungen an, darunter das Abschleifen des vorhandenen Parketts und für andere Flächen die Verklebung neuen Parketts auf vorhandenen Fliesen mit Positions-Text "1.100 m
2 auf bauseits vorhandenem, DIN-gerechten Unterboden in Kunstharzkleber, gerade zu einer Wand verlegen".
Der Auftraggeber legte keine Pläne vor, aber auch sonstige Angaben zur Ausführung unterblieben. Nach der Fertigstellung der Leistung machte der Auftraggeber Mängelansprüche gegenüber dem Parkettleger geltend, weil die Verklebung des Parketts ohne Dämmunterlage auf den vorhandenen Fliesen erfolgt sei und es mangelhafte Trittschallwerte gäbe. Diese betrugen bis zu 71 dB.
Der Auftraggeber behauptete, dass bei einem Umbau eines bestehenden Objekts zu hochwertigen Eigentumswohnungen ein Neubaustandard geschuldet sei. Der Parkettlegerbetrieb gab an, dass es Bestandsflächen mit Parkett gab, in denen lediglich das Parkett abgeschliffen wurde und, dass der Schallschutz in diesen Flächen keinem Neubaustandard entspricht. In den neu verlegten Flächen sei lediglich angeboten worden, dass auf dem vorhandenen Fliesenbelag das Parkett verklebt wird. Damit sei der Parkettlegerbetrieb seiner Leistungsverpflichtung mangelfrei nachgekommen.
Entscheidung des Gerichts
Das Gericht folgte der Argumentation nicht und entschied, dass die Werkleistung des Parkettlegers mangelhaft ist, soweit es um den Teil des Parketts gehe, der direkt auf den vorhandenen Fliesen verklebt worden ist. Es gab keine konkrete Vereinbarung über Trittschallwerte. Allerdings hat sich aufgrund der Umstände des Vertragsschlusses ergeben, dass der Parkettleger eine Parkettverlegung mit Trittschallschutz schuldet, der nicht lediglich den Werten der DIN 4109 entspricht.
Dem Parkettverleger sei bekannt gewesen, dass in dem Objekt hochwertige Eigentumswohnungen entstehen sollten. Deswegen hat der Auftraggeber in diesem Fall erwarten können, dass nicht nur der Mindestschallschutz im Sinne der DIN 4109 erreicht wird, sondern höhere Schallschutzwerte.
Unstrittig ist, dass die Mindestanforderung des Schallschutzes entsprechend der DIN 4109 eingehalten wurde. Das Gericht gibt außerdem an, dass selbst bei einer fehlenden Vereinbarung zum gehobenen Schallschutz der Parkettleger eine Hinweispflicht gehabt hätte. Die Hinweispflicht bezog sich darauf, dass in den neu verlegten Flächen der erhöhte Schallschutz - wie er bei hochwertigen Eigentumswohnungen erwartet wird - nicht eingehalten ist, wenn eine Dämmung fehlt.
Der Parkettlegerbetrieb gibt vor Gericht auch an, dass es keine Gespräche über die Einhaltung eines bestimmten Schallschutzes mit dem Auftraggeber gegeben habe. Ihm sei auch nicht bekannt gewesen, dass das Objekt zu hochwertigen Eigentumswohnungen umgebaut werden sollte. Der Parkettleger kannte auch nicht die für den Verkauf der Wohnungen erstellte Werbebroschüre. Der Parkettleger meint, er sei nicht verpflichtet gewesen, Bedenken anzumelden.
Das Gericht weist diesen Vortrag zurück, da es der Auffassung ist, dass es bei den Arbeiten nicht ausschließlich darum gehe, dass eine Verschönerung der Räume stattfindet. Der Parkettleger wusste, dass neue Wohnungen errichtet werden und hätte bei der Neuerrichtung auch eine Dämmunterlage einbauen bzw. anbieten müssen.
Der Hinweis auf die Baubeschreibung, die der Parkettleger bei Angebotserstellung nicht kannte, ändert nichts daran, dass er sehr wohl zur Verbesserung des Trittschallschutzes verpflichtet gewesen sei, zumal dies auf einfachste Art und Weise durch Einbauen einer Dämmunterlage möglich gewesen wäre. Das Gericht führt auch aus, dass den Auftraggeber kein Mitverschulden trifft, da der Architekt keinerlei Planungsleistungen durchgeführt hat. Die Planung habe der Parkettleger im Rahmen seines Angebots vorgenommen.
Praxis-Tipp
Bei diesem Fall gibt es drei Aspekte, die dem Handwerker negativ zuzurechnen sind:
1.Der Parkettleger hat die Leistungen selbst geplant und angeboten. Es gab kein Leistungsverzeichnis durch den Auftraggeber. Damit übernimmt der Parkettleger Planungsverantwortung, wie ansonsten der Architekt. Für Planungsmängel (fehlender Trittschall) haftet er auch dementsprechend.
2.Beim Bauen im Bestand hätte der Parkettleger die Trittschallwirkung mit beachten müssen. Geschuldet wird eine funktionsfähige Leistung. Aus Sicht des Gerichts bedeutet dies, dass der Trittschallschutz einem Neubaustandard entsprechen muss, sofern Wohnungen - wie hier - komplett saniert bzw. neu errichtet werden.
3.Hinweispflicht: Als Auftragnehmer hätte der Parkettleger die Verpflichtung gehabt, darauf hinzuweisen, dass der Trittschallschutz in den Flächen, in denen das Parkett auf den Fliesen aufgeklebt wird, nicht einem Neubaustandard entspricht. Der Auftraggeber hätte entscheiden können, ob er einen erhöhten Trittschallschutz haben möchte (gegen eine Vergütung) oder darauf verzichtet.
Schriftform
erforderlich
Es ist zu beachten, dass im Rahmen von VOB/B-Verträgen die Hinweise immer schriftlich erfolgen müssen. Ein mündlicher Hinweis führt nicht zu einer Haftungsbefreiung.
aus
FussbodenTechnik 03/18
(Recht)