Sehen, fühlen, klicken – kaufen

Mit dem Konsumverhalten der Verbraucher verändert sich auch der Point of Sale. Digitalisierung und das Internet spielen eine wichtige Rolle. Im Geschäft soll das Einkaufen dann zum Erlebnis werden.

Der Point of Sale (PoS) ist längst kein Punkt mehr. Er ist eine Kette, die vom Internet über den Laden bis zur Beratung beim Kunden vor Ort reicht. Im Netz informieren sich Endverbraucher vorab, suchen Ideen, vergleichen Preise, lesen Kommentare und Meinungen. Mehr oder weniger gut informiert und mit einer mehr oder weniger genauen Vorstellung von dem, was sie möchten, gehen sie dann in den Laden. Dort erwarten sie Beratung und Service, immer häufiger gleich ein Einkaufserlebnis.

Damit der stationäre Handel diese Kunden nicht an einen reinen Onlineanbieter verliert, heißt es, sich auf das veränderte Informations- und Konsumverhalten einzustellen. Das bedeutet, online wie offline präsent zu sein, dem Verbraucher an jedem Punkt der PoS-Kette jeweils das zu bieten, was er an dieser Stelle sucht. "Eine gesunde Mischung aus digitalen Angeboten und einer durchdachten Präsentation am PoS im Laden als moderne Strategie zur Kundenansprache ist heute nahezu unumgänglich", stellt dementsprechend Peter J. Schroeder fest, Leiter der Handels- und Handwerkerkooperation 2HK. Je nach Produkt, kann dazu auch ein eigener Onlineshop gehören. Für Tapeten etwa meint Silvia Reddmann, Marketingleiterin bei Erismann: "Es gibt kaum noch einen Händler, der nicht auch über einen Webshop verfügt."

Der PoS beginnt im Internet

Für das Senden auf allen Kanälen braucht es im Handel Know-how, personelle Kapazitäten und schlicht Geld. Die Industrie verfolgt verstärkt den Omnichannel-Ansatz. Sie verfügt über die entsprechenden finanziellen Mittel. Der Handel profitiert davon, dass die Verbraucher im Internet auf die Produkte aufmerksam gemacht und sie dann für die individuelle Beratung und den Verkauf an die Partner vor Ort weitergeleitet werden.

"Digitale Verkaufsunterstützung beginnt Zuhause beim Kunden, der im Internet surft und nach Informationen sucht", formuliert es Stephan Wolff, Geschäftsführer von Objectflor. Der Bodenbelagshersteller hat für seine Kollektion Expona Domestic erstmals eine Webseite inklusive Händlerverzeichnis gestartet, die speziell den Endkunden anspricht; gebloggt wird jetzt auch. Derartige Angebote dürfe man aber nicht nur als eine Verlängerung der Ladentheke in den virtuellen Raum betrachten, meint Bettina Höner: "Die Verknüpfung von Off- und Online-Welten bietet mehr Möglichkeiten für Services, Inspirationen und Personalisierung in der Präsentation." Also Mehrwert für den Kunden und, wie die Marketingleiterin bei Windmöller herausstellt, auch mehr Berührungspunkte mit der Marke, um den Informations- und Kaufprozess aktiv zu gestalten.

Authentisch bleiben

"Emotionen wie Spannung und Vorfreude werden online generiert", ist Peter J. Schroeder überzeugt. Aber Emotionen erwarten die Konsumenten auch im Laden. Gute Preise oder fundierte Beratung reichen dann nicht aus. "Alle Einkaufsstraßen der Welt ähneln sich, daher suchen Verbraucher Neues und Einzigartiges", stellt dazu der Ladenbauer Theodor Schemberg fest, den wir um eine Einschätzung gebeten haben (Seite 152). Er meint aber auch, dass zu viel Show am PoS nicht weiter hilft. Die Inszenierung müsse authentisch sein und eine erkennbare Geschichte erzählen.

Ein guter Ansatz, denn authentisch bedeutet bei jedem Produkt und jedem Händler etwas anderes - das sorgt für Vielfalt und Alleinstellung. Bei Mathias Westphäling sind es Stoffe, mit denen er gegen den Trend erfolgreich ist. Zu seinem Point of Sale gehört auch eine Tonne mit Stoffresten vor dem Laden in Hamburg (Seite 146). In der Tapetenhalle in Velbert hat sich Inhaber Frank Peter hingegen für einen reduzierten Stil entschieden - bewusst ohne Shop-Systeme seiner Lieferanten - und berichtet von höheren Umsätzen nach dem Umbau mit teils individuell gefertigten Elementen (Seite 150). Und die Firma Stang in München setzt in der Parkett-Abteilung auf das neue Haro Studio Plus, das virtuelle Welten und haptisches Erleben am PoS vereint (Seite 148). Drei Firmen mit drei völlig unterschiedlichen Strategien, jede für sich authentisch.

Sind die klassischen Regale also passé, wie sie vor allem im Großhandel - ja, auch hier gibt es einen Point of Sale - stehen? Sicher nicht, schon weil es dort schlicht um Mengen geht, die verstaut und präsentiert werden wollen. Aber auch bei diesen Elementen der klassischen Verkaufsraumgestaltung dreht sich das Rad weiter, entwickelt die Industrie neue Lösungen, die für mehr Aufmerksamkeit bei den (Profi-)Kunden sorgen. Das geht bis zur Gestaltung von Gebinden, bei denen alle wichtigen Informationen leicht verständlich und auf einen Blick zu erkennen sind. Kleinigkeiten, die den Unterschied ausmachen.

Das letzte Glied in der PoS-Kette ist die Wohnung des Kunden. Beim Termin vor Ort bringt die Digitalisierung deutliche Vorteile für die Beratung, wenn alle wichtigen Informationen auf dem handlichen Tablet mitgenommen werden können. Zusammen mit den klassischen Mustern und Koffern entstehen auch hier neue Möglichkeiten zur Präsentation. Die Industrie arbeitet in allen genannten Bereichen ständig an Weiterentwicklungen, wie Sie ab Seite 153 sehen werden. | thomas.pfnorr@snfachpresse.de
aus BTH Heimtex 07/18 (Handel)