Kleiner Fehler Großer Schaden

Absenkungen der Fußbodenkonstruktion – Gussasphaltestrich ersetzt keine Abdichtung


Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich im Schadensfall erst anhand der Ursachenforschung, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um Brauchwasser, das in eine verformte Fußbodenkonstruktion eindrang und großen Schaden anrichtete.

Der Eigentümer eines Fachwerkhauses entschied sich 2011, das Wohn- und Geschäftsgebäude grundlegend zu sanieren und beauftragte damit einen Planer. Dieser bereitete die Sanierungsarbeiten vor, sodass in den Jahren 2012 und 2013 die Grundsanierung erfolgte. Dabei wurde im Erdgeschoss eine Gewerbeeinheit eingebaut, die seitdem als Café und Verkaufsraum mit angeschlossener Küche und Vorbereitung genutzt wird.

Da die vorhandene Gewölbedecke über dem Keller nicht die erforderliche Tragfähigkeit aufwies, wurde zur statischen Ertüchtigung in die Bodenkonstruktion im Erdgeschoss eine zusätzliche Stahlbetonplatte eingebaut. Darauf wurde zum Schutz der anschließend einzubauenden Fußbodenkonstruktion vor rückseitig einwirkender Feuchtigkeit eine Abdichtung aus nackter Bitumenschweißbahn G200 S4 verlegt.

Da im Erdgeschoss Innen- und Außenwände zum Teil in Holzrahmenkonstruktion vorhanden waren, entschied sich der Planer zur Vermeidung eines Feuchtigkeitseintrags bei der Herstellung der weiteren Fußbodenkonstruktion für einen Gussasphaltestrich in 35 mm Dicke, der auf einer 90 mm dicken Wärme- und Trittschalldämmung aus Holzfaserdämmplatten eingebaut wurde. Der Ausgleich von Unebenheiten auf der Abdichtungsoberfläche erfolgte zuvor durch den Einbau einer Perlite-Schüttung.

Der Eigentümer überließ dem Mieter die Ausführung der Innenausbauarbeiten ab Oberkante Estrich. Auf dem Gussasphaltestrich wurde als Nutzschicht sowohl im Verkaufsraum als auch in der Küche und Vorbereitung ein Keramikbelag verlegt und mineralisch verfugt. Im Jahr 2017 wurden vom Mieter beim Eigentümer Absenkungen der Fußbodenkonstruktion im Verkaufsraum und in der Küche und Vorbereitung angezeigt.


Schaden - Verformung, Feuchtigkeit & Pilze

Beim Ortstermin konnten in der Möbelzeile massive Verformungen der Fußbodenkonstruktion festgestellt werden, die sich besonders an der Arbeitsplatte, durch Abrisse der Sockelfliesen und der elastischen Anschlussfugen zeigten. Zusätzlich waren Feuchtigkeitsschäden im Putz der anschließenden Innenwand vorhanden.

Da die Arbeitsplatte der Möbelzeile auf der rechten Seite an der Wand befestigt war, ließ sich an dem entstandenen Spalt zwischen Unterseite der Arbeitsplatte und dem Möbelkorpus eine Absenkung von 26 mm messen. Die Arbeitsplatte selbst wies dadurch massive Durchbiegungen auf. Hinter dieser Möbelzeile stellte der Sachverständige auf der Oberfläche der mit OSB-Platten beplankten Außenwand (Holzrahmenkonstruktion) Fruchtkörper von holzzerstörenden Pilzen fest.


Ursache - Brauchwasser drang in verformte Bodenkonstruktion ein

Bei der Bauteilöffnung der Fußbodenkonstruktion unterhalb der Möbelzeile wurde festgestellt, dass auf der Abdichtungslage aus einer Bitumenschweißbahn die ca. 10 mm Ausgleichsschüttung und die Holzfaserdämmplatte vollständig durchfeuchtet und auf 60 mm Dicke zusammengesackt war. Die Dämmplatte wies ebenfalls einen mikrobiellen Befall auf. Der Estrich hatte eine Dicke von 36 mm.

Eine zweite Bauteilöffnung wurde im direkt anschließenden Bereich Küche/Vorbereitung auf der anderen Seite der Trennwand angelegt. Dabei zeigte sich, dass der Keramikbelag direkt auf dem Gussasphalt verlegt worden war, ohne vorher eine Verbundabdichtung auf der Estrichoberfläche und ohne eine Abdichtung der Randfuge zwischen Gussasphalt und aufgehender Wand herzustellen. Dieser Raum wird in der Nutzung planmäßig durch Reinigungsprozesse hoch mit Spritzwasser beaufschlagt.

Gussasphaltestrich an sich ist zwar wasserdicht, dennoch ersetzt er aufgrund der Härte und der begrenzten Verformbarkeit, die er als Estrich auf Dämmschicht auch haben muss, keine Abdichtung. Dafür stellen diese Estriche einen feuchtigkeitsbeständigen Verlegeuntergrund für Verbundabdichtungen in hoch mit Feuchtigkeit beaufschlagten Flächen dar.

Aufgrund der permanenten Feuchtigkeitseinwirkungen und der daraus resultierenden Durchfeuchtung des Klebemörtels unterhalb des Fliesenbelags konnte Brauchwasser über die Randfuge in die Bodenkonstruktion eindringen. Dies hat zu einer Durchfeuchtung der Mineralfaserdämmplatte geführt. Da die Trennwände auf der Betonplatte mit einer Bitumenabdichtung errichtet wurden, konnte sich das eingedrungene Wasser auf der Abdichtungsoberfläche verteilen und führte zu einer Durchfeuchtung des Wandfußes und einer Ausbreitung in den Verkaufsraum.

Holzfaserdämmplatten sind nur im trockenen Zustand volumen- und druckstabil. Bei Feuchtigkeitseinwirkungen ist die Druckstabilität nicht mehr gegeben, die Holzfaserdämmplatte sackt zusammen und wird durch auf Lasten - Eigengewicht des Estrichs und Verkehrslasten aus der Nutzung - stark komprimiert.

Gussasphaltestrich ist ein thermoplastisches Material. Wenn dessen Lagestabilität nicht mehr gegeben ist, weil der Untergrund, hier die Dämmschicht, nicht ausreichend druckstabil ist, verformt es sich und es kommt zu Absenkungen. Das tatsächlich auftretende Maß der Absenkung ist abhängig vom Grad der Durchfeuchtung der Holzfaserdämmplatten und der einwirkenden Last. Daher nimmt die Estrichverformung mit steigendem Feuchtegehalt in der Bodenkonstruktion zu und ist in Flächen mit hoher Lasteinwirkung - Aufstandsfläche von Möbeln und Einwirkung von hohen Verkehrslasten in den Haupttransport- bzw. -verkehrswegen - stärker, als in Flächen mit geringerer Lasteinwirkung.

Da die Estrichabsenkung mit einem Abriss der Silikonfugen zwischen Bodenbelag und Sockelfliese einherging, öffnete sich die Randfuge und bei Feuchtigkeitsbeaufschlagungen konnte zusätzlich Brauchwasser ungehindert in die Bodenkonstruktion eindringen.

Verantwortlichkeit - Planender Fliesenleger haftet

Mit Spritzwasser beaufschlagte Flächen sind mit Abdichtungen vor Feuchtigkeitseinwirkungen zu schützen. Dies erfolgt regelmäßig durch die Ausführung einer Abdichtung im Verbund mit keramischen Fliesen und Platten gemäß ZDB-Merkblatt Verbundabdichtungen. Das ist allgemein anerkannte Regel der Technik und somit bei der Ausführung von Keramikbelägen in planmäßig mit Spritzwasser beaufschlagten Räumen zwingend erforderlich. Die Ausführung ohne Verbundabdichtungen stellt somit einen Mangel im technischen Sinne dar.

Der Innenausbau ist in Eigenverantwortung des Mieters gemeinsam mit dem durch ihn beauftragten Fliesenleger erfolgt. Da der Mieter ein Baulaie ist, hat der Fliesenleger de facto die Planungsleistungen übernommen. Er trägt somit sowohl von der planerischen als auch von der Ausführungsseite her die Verantwortung für die entstandenen Schäden.

Dies betrifft nicht nur den Schaden an der Fußbodenkonstruktion, sondern auch die Schädigung der feuchtigkeitsempfindlichen Wandkonstruktion aus Holzwerkstoffen durch den Befall mit holzzerstörenden Pilzen. Derartige Schäden werden von vielen Versicherungsverträgen von der Regulierung ausgeschlossen. Somit hat hier sprichwörtlich ein "kleiner Fehler" zu einem großen Schaden geführt.
aus FussbodenTechnik 04/18 (Handwerk)