Der Schlafraum, Wuppertal
Fachhändler Björn Steinbrink will Online-Käufer zu seinen Kunden machen
Wuppertal. Nicht weit vom alten Geschäft entfernt hat Björn Steinbrink in Wuppertal sein Fachgeschäft an einen neuen Standort verlagert. Mehr Sichtbarkeit, eine verbesserte Präsentation - für ihn hat sich der Umzug gelohnt. Jetzt lockt er Kunden mit einem neuen Versprechen: Im Netz bestellte Matratzen liefert er ihnen ins Haus - mit 111 Tagen Umtauschrecht. So will Steinbrink Online-Käufer von der Qualität des Fachhandels überzeugen und zu seinen Kunden machen.
Vorne tobt der Verkehr, hinten rattert die Schwebebahn vorbei. Der neue Standort von Björn Steinbrinks Bettenfachgeschäft leidet nicht gerade unter mangelnder Sichtbarkeit. Mitten im Zentrum des Stadtteils Elberfeld ist "Der Schlafraum" nun platziert, an einer der meistbefahrenen Kreuzungen der Stadt, die nach einem mehrjährigen Umbau planmäßig fertiggestellt wurde. Der Hauptbahnhof liegt in Sichtweite, im Herbst öffnet dort ein neuer Busbahnhof. Wer mit Wuppertals Wahrzeichen durch die Stadt schwebt, nimmt das Geschäft ebenfalls wahr. Und das alles wenige Meter vom vorherigen Standort entfernt, an dem es nicht einmal eigene Kundenparkplätze gab.
"Wir haben vier Jahre nach einem passenden Standort gesucht", erzählt Steinbrink. Im alten Laden herrschte Renovierungsbedarf, den neuen mietete er rechtzeitig an: "Wir haben das Geschäft schon ein halbes Jahr vor dem Umzug angemietet, um uns den Standort zu sichern." Zuletzt hatte sich Matratzen Concord dort versucht, war aber an der Dauer-Baustelle gescheitert. Die ist nun Geschichte, und schon bald ziehen mit der Textilkette Primark und einem geplanten Outletcenter frequenzstarke Nachbarn quasi gegenüber ein.
Vor dem Schlafdiscounter war ein Küchenstudio in Laden untergebracht, dessen Granitfußboden bei der Renovierung unter dem Concord-Teppich zum Vorschein kam. Einmal aufpoliert, wirkt der Boden wieder schick, ohne größere Kosten verursacht zu haben. Auch die Deckenbeleuchtung konnte kostengünstig umgerüstet werden, so dass sich das Umzugsbudget erfreulich übersichtlich gestaltete. "Wir haben dann noch weiß streichen lassen, und das wars", lacht Steinbrink. Der Umzug selbst war durch den langen Vorlauf an einem Tag erledigt - perfektes Timing.
Jetzt stehen dem Fachhändler auf 380 Quadratmetern reiner Ausstellungsfläche insgesamt sechs zusätzliche Liegeflächen zur Verfügung. So konnte Lattoflex neu aufgenommen werden, die Rummel-Präsentation wurde erweitert, ansonsten blieb Steinbrink seinen Herstellern wie Werkmeister, Röwa, Optimo, Tempur oder Metzeler treu. Mit diesen Hauptlieferanten werden 90 Prozent des Umsatzes generiert.
"Uns ist das angepasste Bettsystem am liebsten. Unser Schwerpunkt liegt im Schlafsystem", betont der Fachhändler. Gleichwohl sind Boxspringbetten ein Thema, "mit Veldeman haben wir für den Kunden auch gute Argumente", sagt Steinbrink. Doch Boxspring ist nur im Verhältnis von etwa 1:10 gegenüber dem Schlafsystem ein Thema. Ebenfalls im Einsatz ist der Konfigurator von Brinkhaus. "Darüber verkaufen wir erstaunlich viele Polsterbetten."
Neu ist ein kleines Wasserbettenstudio im hinteren Teil des Geschäftes, das von Mitarbeiter Tobias Rehrmann in Eigenregie geführt wird. Er arbeitet seit 2010 bei Steinbrink, sein Vater ist mit einem Wasserbettenservice für Wartung und Reparatur seit über 20 Jahren selbständig. Die Fläche im Geschäft ist jetzt an den Mitarbeiter untervermietet, der dort jene Kunden bedient, die Steinbrink sonst nicht im Laden< hätte, weil er das Sortiment nicht bespielt - davon proftieren beide.
Dank einer Ecklage besitzt das Ladenlokal eine sehr lange Schaufensterfront. Der Grundriss wiederum erfordert es, die Liegeflächen - und damit das Probeliegen - auch vor diesen Schaufenstern zu platzieren. Steinbrink machte aus der Not eine Tugend. Die Fenster wurden mit einer intransparenten Folie so beklebt, dass der Name des Geschäftes weithin sichtbar, der Blick hinein aber nicht ohne weiteres möglich ist. Kleine Gucklöcher erzeugen Neugierde bei vorbeilaufenden Passanten, die so sehen können, was sich im Laden tut. Und die Kunden im Geschäft finden die nötige Ruhe, um beim Ausprobieren der Schlafsysteme nicht auf dem Präsentierteller zu liegen. "Sie sollen sich ja nicht belästigt fühlen."
Steinbrink schwört auf sein System der konsequenten Terminvergabe, denn nur so sieht er eine ordentliche Beratungsleistung gewährleistet. Über seine Homepage und einen viel gelesenen Blog stoßen Interessenten auf die Terminvermittlung, die er auch bundesweit ausgebaut hat, um auch andere Bettenfachhändler in das System einzubinden. Denn viele Online-Anfragen kommen aus Regionen, die Steinbrink gar nicht selbst bedienen kann. Doch das System hat seine Tücken: "In Köln, Frankfurt und Hamburg funktioniert die Terminvermittlung", sagt er, woanders sei es schwierig. Viele User sind offenbar schwer zu überzeugen, Terminvereinbarungen auch bei Dritten zu tätigen: "Es gibt zwar gute Zugriffe auf die Seiten unserer Partner, aber danach sind die Kunden häufig weg."
Davon lässt man sich in Wuppertal aber nicht entmutigen. Der Schlafraum hat unlängst eine neue Online-Aktion gestartet, die eher ungewöhnlich ist: Wer eine Matratze online und nicht bei Steinbrink kauft, kann sie sich trotzdem in sein Geschäft liefern lassen. Zu einem vereinbarten Liefertermin wird die Matratze dann zum Käufer gebracht, ins Bett gelegt und der Lattenrost entsprechend eingestellt. "Die Altmatratze entsorgen wir und nehmen den Verpackungsmüll mit", so Steinbrink. Die Kunden zahlen dafür 49 Euro.
Eine eventuelle Retoure übernimmt er zwar nicht. Aber Steinbrink bietet auf die im Netz gekaufte Matratze ein Umtauschrecht von 111 Tagen an.Sollten die One-fits-all-Modelle dem Kunden nicht passen, können sie im Schlafraum eine neue Matratze mit ergonomischer Beratung kaufen - die online gekaufte Matratze wird dann zu hundert Prozent mit der Kaufsumme verrechnet. "Hier geben wir ein ganz großes Versprechen ab", schreibt der Fachhändler in seinem Blog. Er will die Entscheidung eines Kunden, eine Matratze online zu kaufen, nicht in Frage stellen oder ihnen das Produkt madig machen. Aber im Fall des Falles wird aus einem Online-Käufer vielleicht sein stationärer Kunde.
"Wir sind mit unseren Lieferfahrzeugen ohnehin fünf Tage in der Woche unterwegs. Und ob wir jetzt ein paar Matratzen mehr ausliefern oder nicht, spielt keine Rolle", erklärt Steinbrink. "Natürlich möchten wir uns mit unserem Service auch präsentieren." Und wenn die Verbraucher dann Kissen, Decken oder ähnliches benötigen, "freuen wir uns, sie als Kunden wieder begrüßen zu dürfen." Es sei vollkommen in Ordnung, wenn jemand eine Matratze online bestelle. "Wir bieten für diese Kundengruppe eine erweiterte Dienstleistung zu einem fairen Preis an.Da es allerdings viele Menschen gibt, die mit Ihrer online erworbenen Matratze nicht zurecht kommen, erhoffen wir uns, durch eine vernünftige Beratung diese Zielgruppe doch wieder zu gutem Schlaf zu bringen", so Steinbrink.
Für ihn ist klar: Online-Käufer sind kein anderes Zielpublikum als seine Kunden. "Wir können hochwertiger verkaufen. Aber auch vermögende Kunden kaufen eine 199-Euro-Matratze." Dem will der Fachhändler nicht tatenlos zusehen. Seine eigenen Internet-Aktivitäten, die mit Kollegen ins Leben gerufene Kampagne "Schlaf mit mir", die Veranstaltung Comedy im Bett - all das sind Bausteine, um Menschen für das stationäre Fachgeschäft zu begeistern.
Der Umzug an den neuen Standort war da folgerichtig. Denn auch die erhöhte Sichtbarkeit vor Ort ist wichtig, wenngleich die Morianstraße/Ecke Bundesallee keine echte Lauflage ist. Steinbrink hat den Schritt dorthin nicht bereut: "Ich bin definitiv zufrieden, denn wir haben durch den Standortwechsel keine Verluste. Aber man kann das eigentlich schlecht vergleichen, einfach, weil der Markt so schwierig geworden ist."
aus
Haustex 07/18
(Handel)