"Was im Sonnenschutz digital sein kann, wird digital werden"
Joachim Rees sieht keine Alternative zur Einführung digitaler Drucktechnik im Sonnenschutz: Sie spare Kosten und Zeit und mache wirklich individuelle Designs möglich. Aber es gelte, die Entwicklung nicht zu verschlafen: Anbieter aus dem Internet stehen vor dem Markteintritt. Exklusive oder limitierte Designs machen eine Sonnenschutz-Kollektion unverwechselbar am Markt. Das ist eine wichtige Stellschraube für den Verkaufserfolg, denn neben Qualität, Funktion und Preis ist gerade das Design für Endkunden ein wichtiges Kaufkriterium.
Bei herkömmlichen Verfahren (z.B. Siebdruck oder Rotationsdruck) werden pro Druckfarbe hohe Erstkosten für ein Design fällig. Es müssen Schablonen, Siebe oder Gravurwalzen hergestellt werden, was kosten- und zeitintensiv ist. Die Maschinen sind sehr groß, personalintensiv und teuer in der Anschaffung. Weitere Limitierungen gibt es bei der Anzahl der Farben. Fotomotive lassen sich nur schwer umsetzen und auch eine gleichbleibende Nachlieferung ist nur mit Aufwand möglich. Je nach Maschine wird ein langer Vor- und Nachlauf des Materials benötigt. Klassische Drucktechnik ist also nur geeignet für große Mengen und lässt keine Individualproduktion zu. Bedingt durch diese Mengen wird ein großes Lager benötigt.
Designs und Bilder
ohne Grenzen
Bei digitalen Druckverfahren lassen sich Design und Bilder mit Millionen von unterschiedlichen Farben ohne Grenzen von Auflage und Rapport herstellen. Es entstehen keine Erstkosten. Die Datenverarbeitung erfolgt direkt aus dem Computer. Alle Drucke sind reproduzierbar. Deshalb werden nur noch Daten gespeichert - keine Schablonen und fertig bedruckte Ware.
Digitaldruck ist schneller in der Rüstzeit und erlaubt auch eine Bemusterung von verschiedenen Designs zur Freigabe beim Kunden. Bedingt durch die höhere Auflösung lassen sich neuartige und komplexe Designs herstellen. Die Druckdaten können leicht versendet werden, so dass man das Design an verschiedenen Produktionsstätten zeitgleich herstellen kann. Zusätzlich ist eine gesteigerte Umweltfreundlichkeit des Digitaldrucks im Vergleich zu dem bisherigen Verfahren gegeben, da deutlich weniger Chemikalien und Energie verwendet werden. Diese Gegebenheiten bringen nur Vorteile gegenüber dem klassischem Druckverfahren.
Investitionskosten
ab 15.000 EUR
Die Anschaffungskosten sind gerade bei kleinen Druckanlagen sehr gering (Komplettlösung Textildruck ab 15.000 EUR netto). Die digitalen Drucksysteme von 1,1 bis 5 m Breite bieten für jeden eine passende Anwendungsmöglichkeit.
Die Druckmaschinentechnik kommt aus dem Foto- und Werbedruckbereich für Flaggen, Banner und Messebau. Dort hat sich Digitaldruck bereits fest etabliert.
Der digitale Textildruck für Flächen wurde 1999 erstmalig mit nicht lichtechten und nicht waschbaren Tinten gezeigt. Zeitgleich zum Textildirektdruck entwickelte sich der Sublimationstransferdruck. Dieses Verfahren ist auch für alle unbeschichteten Polyesterstoffe geeignet, was den Einsatzbereich stark erweitert. Der Druck ist farbbrillant, randscharf, bis 60 °C waschfest und auch bei hydrophob ausgerüsteten Geweben einsetzbar. Die Farbstoffe lagern sich direkt in der Faser ein, so dass die Echtheiten optimal sind.
Sublimationsdruck
hat den höchsten Marktanteil
Der Sublimationsdruck stellt heute mit über 50 % Marktanteil die erfolgreichste Digitaldrucktechnik für Textilien dar. Gerade für Polyestergewebe im Sonnenschutz bieten Markenhersteller bereits individuelle Lösungen in Breiten bis 320 cm. Der Anwendungsbereich reicht von Plissees, Gardinen, Rollos, Markisen bis zu Vertikallamellen und Flächenvorhängen. Dabei bieten Behänge in großen Dimensionen gute Möglichkeiten, um kundeneigene Bilder wie Urlaubsfotos, Firmenlogos oder eigene Designs, darzustellen.
Da beim Sublimationsdruck nur ein Basismaterial aus Polyester benötigt wird, lassen sich die beim Sonnenschutz relevanten Qualitätsstufen aus Sichtschutz, Abdunkelung, Hitzeschutz sowie Design - mit Löchern oder Materialmix aus dunkel/transparent - gut bedrucken. Die Dicke, Oberflächenstruktur oder Art des Materials spielen dabei keine Rolle, solange es Polyester ist. Außerdem wird bei Sublimation das Brandverhalten der Stoffe nicht beeinflusst und es ist zudem für Trevira CS-Gewebe geeignet.
Lediglich beim Bedrucken von fertigen Wabenplissees stößt man bei dieser Technik an Grenzen: Der 3D-Aufbau der Wabe lässt einen Transferdruck nicht zu und zudem schmilzt der meist nicht hitzebeständige Kleber der Streifen.
Auch für Outdoor-Stoffe geeignet
Da die mit Sublimation hergestellten Drucke waschbar sind, können die Textilien optimal gereinigt werden. Zudem lassen sich Stoffe für Beschattungen und Wetterschutz im Außenbereich gut bedrucken, zum Beispiel Mesh-Gewebe für den Insektenschutz. Die Oberflächen können nicht nur mit handelsüblichen Reinigern gesäubert werden, sondern auch mit alkoholhaltigen und desinfizierenden Mitteln.
Sublifusion stellt eine Erweiterung der Drucktechnik Sublimation dar. Es lassen sich damit Drucke auf beliebige Stoffe wie Baumwolle, Glasfaser oder Acryl herstellen. Auch müssen die Gewebe nicht mehr weiß, sondern können zur optimalen Verdunklung auch schwarz sein.
Bei Sublifusion wird ein Träger aus Polyester als Medium für den Druck im Transferprozess mit verarbeitet. Dieser verschmilzt mit der Oberfläche des Stoffes und erzeugt eine wasserabweisende Oberfläche.
Techniken im Direktdruck mit Latex, wässrigen Pigmenten und UV-härtenden Tinten sind weitere Möglichkeiten, Medien für den Sonnenschutz mit unterschiedlichen Echtheiten zu bedrucken. Oftmals ist hier eine Beschichtung nötig, um eine gute Qualität im Druckbild und der Haftung zu erreichen.
Der Handel profitiert ebenfalls
Der Fachhandel profitiert von neuen Beratungsmöglichkeiten, etwa die Kombination von Farbthemen und Druckdessins auf Sonnenschutz, Gardinen, Tapeten und Teppichen. Materialdatenbanken beinhalten bereits Oberflächendesigns zur Visualisierung. So kann man jetzt das Produkt schnell und einfach herstellen. Auf der Sonnenschutz-Fachmesse R+T 2018 wurde dieser Ablauf bei Multi-Plot live gezeigt. Der Besucher konnte sich ein Design aussuchen und dieses wurde auf Outdoorstoffen von Swela zum Mitnehmen gedruckt.
Richtig angewendet bietet Digitalisierung also Marge für den Hersteller und den Händler, da man auf die Wünsche des Kunden individuell eingehen kann. Auch durch die Möglichkeit der Nachlieferung lassen sich langfristige Kundenbeziehungen realisieren.
Die Fertigung über Digitaldruck auf Bestellung verändert ebenfalls die Logistik. Es wird nur noch weiße Rohware benötigt und nur bereits verkaufte Ware produziert. Damit folgt die Branche globalen Trends: Make-on demand, automatisierte lokale Herstellung, Fast-Production und Prozesskontrolle vor Ort sowie eine nachhaltige ökologische Produktion.
Man kann zusammenfassen, dass digitale Vertriebs- und Fertigungstechniken Veränderungen für den Bereich Heimtextil und Sonnenschutz mit sich bringen. Alles, was digital werden kann, wird digital werden.
Konkurrenz droht aus dem Internet
Dass Digitaldruck derzeit noch als Nische gilt und die Einführung bei vielen Firmen immer wieder verschoben wird, liegt meiner Meinung nach - neben den Anfangsinvestitionen und einem Mangel an geeigneten Personal - an einem zu konservativen Denken. Andere Märkte, wie zum Beispiel die Tapetenindustrie, haben sich mit dem Digitaldruck vertraut gemacht und sich so auf die Zukunft vorbereitet.
Zudem bereiten sich neue Player wie globale E-Commerce Firmen und Online-Druckereien auf den Eintritt in die Welt der Heimtextilien vor und haben neue vertikale Vertriebssysteme mit "web-to-print" im Internet bereits etabliert.
Joachim Rees
aus
BTH Heimtex 11/18
(Deko, Gardinen, Sonnenschutz)