Betten Giesberts, Geldern

Neue Stilwelten auch für ein jüngeres Publikum


Geldern. Vor gut einem einem Jahr startete Sebastian Giesberts mit einigen Kollegen ein Zukunftsprojekt: Unter Federführung der ABK und mit Hilfe eines Unternehmensberaters wurden mehrere Strategien für die inhabergeführten Fachgeschäfte entworfen. Ein Projekt: Stilwelten für unterschiedliche Zielgruppen. Nach der Teamarbeit kam die Umsetzung vor Ort. Vier Stilwelten hat Giesberts bei sich realisiert.

Geldern am Niederrhein ist ein ruhiger Flecken Erde. Die Stadt grenzt an die Niederlande, weiter östlich beginnt das Ruhrgebiet, der Wallfahrtsort Kevelaer liegt gleich um die Ecke. Eine schöne Region für Radtouristen und andere Erholungssuchende, aber auch Wohnort für 33.000 Menschen. Mitten drin, nur wenige Schritte vom Marktplatz entfernt und gleich neben dem örtlichen Kino, befindet sich Betten Giesberts. Das Geschäft wird von Juniorchef Sebastian Giesberts gemeinsam mit seinem Vater Johannes geführt. Der Senior wird sich in absehbarer Zeit zur Ruhe setzen, der Junior muss schauen, wie er das eingeführte Geschäft zukunftsfest macht.

"In den letzten drei Jahren war unser Umsatz gut", sagt Sebastian Giesberts. "Aber man muss investieren, um wachsen zu können." Auf 750 Quadratmeter Verkaufsfläche präsentiert er das komplette Sortiment eines Bettenfachgeschäftes, die Ausstellung wurde zuletzt 2017 auf die heutige Größe erweitert; frühere Büro- und Lagerflächen wurden dazu umgewandelt. Heute ist Platz für rund 50 Liegeflächen, im vorderen Geschäftsbereich sind die textilen Sortimente großzügig platziert.

Doch auch an Geldern geht, trotz zufriedenstellender Umsätze, die allgemeine Entwicklung der Branche nicht spurlos vorbei. "Die Lage ist schon ernst", sagt Sebastian Giesberts, "aber es gibt genug Möglichkeiten, sich zu differenzieren." Damit spielt er nicht nur auf den Preislagenaufbau in seinem Geschäft an, der im Gegensatz zu manchen Fachhandelskollegen bewusst im konsumigen Bereich beginnt, weil auch der in der ländlich geprägten Region am Niederrhein gefragt ist. Die Kundschaft bei Giesberts ist breit gefächert, die Premium-Preislagen jedoch sind ihr deutlich schwerer vermittelbar.

Zur Differenzierung sieht der junge Fachändler aber noch weitere Möglichkeiten. Und so hat er sich am ABK-Projekt "Wachstumsinitiative Fachhandel" beteiligt, das im vergangenen Jahr auf der Cheftagung des Verbandes in Regensburg begann. Die beste Beratung, die Steigerung der Flächenproduktivität oder das Thema "Fachhändler aus Leidenschaft" wurden mit Hilfe einer Unternehmensberatung bearbeitet. Und nicht zuletzt das Thema Stilwelten. Dabei geht es nicht um einen riesigen Umbau, sondern um kleine Kniffe, mit denen die Läden zu Stilwelten entwickelt werden können. Die Überlegungen wurden unter anderem von der Frage geleitet, wie sich die Frequenz steigern lässt und jüngeres Publikum erreicht werden kann.

Damit die Händler das nicht mit sich alleine ausmachen müssen, setzte die ABK auf Gruppenarbeit. So wurde gemeinsam diskutiert und nach Wegen gesucht. "Im Team zu arbeiten ist immer ein Ansporn", findet Giesberts. "Bei uns herrschte kein Gruppenzwang, aber es gab viel Motivation und ständiges Feedback." Am Ende aber musste jeder der beteiligten Händler auch wieder seine eigenen Hausaufgaben machen - zugeschnitten aufs jeweilige Geschäft. Die Ergebnisse wurden dokumentiert, vor der Gruppe präsentiert und gemeinsam diskutiert.

Sebastian Giesberts entschied sich schließlich dazu, in seinem Laden vier Stilwelten mit entsprechenden Kojen zu präsentieren. Das Themen "Country Style" steht dabei für rustikalere Bettgestelle, "Metropolitan" soll mit seiner Loft-Anmutung junge Kunden anziehen. "Natur" bedient die ökologisch orientierte Klientel, während "Klassik" auf Boxspringkunden abzielt. Die Stilwelten ersetzen nicht das bestehende Sortiment, das im Fachgeschäft naturgemäß am ergonomischen und gesunden Schlaf ausgerichtet ist, sondern ergänzen es und ordnen es neu.

Giesberts plante die Umsetzung zunächst am Computer, an dem er den Grundriss seines Geschäftes neu plante. Wandgestaltung, passende Teppiche, unterschiedlichste Materialien - er verbrachte etliche Stunden damit, online zu recherchieren, wie die vier Stilwelten im Detail aussehen könnten. Sie sind dabei klar voneinander abgegrenzt. Hinzu kommen noch drei Beratungsbereiche mit Tischen und Stühlen. Zusätzliche Aufmerksamkeit schafft die Brinkhaus-Präsentation mit Boxspringbett, Konfigurator, 3-D-Brille und großem Bildschirm. Dieser auch optisch besondere Bereich wurde noch um den digitalen POS der ABK ergänzt.

Die einzelnen Stilwelten wurden mit entsprechender Wandgestaltung, Deko-Elementen, Lampen, Teppichen und Kleinmöbeln hergerichtet. Raumtrenner für die verschiedenen Kojen wurden beispielsweise mit dunklen Holzverkleidungen versehen, um den rustikalen Country-Style zu schaffen, während hierfür an anderer Stelle Bruchsteinpaneele zum Einsatz kamen. In der Stilwelt "Natur" sorgen großformatige Fototapeten für einen frischen Wald-Eindruck.

Barocke Tapetenmuster und auffällige Leuchter prägen die "Klassik"-Wände, während die Backstein und Stahlträger das loftartige "Metropolitan" inszenieren - auch hier reichte eine Tapete, die um ein großformatiges Foto der New Yorker Central Station ergänzt wurde. "Wenn man ein knappes Budget hat, dann lässt sich mit Tapeten vieles machen", erklärt Giesberts, der für die Bruchsteinwand allerdings auch tiefer in die Tasche griff. "Das soll die Wertigkeit der Produkte heben." Steh- oder Hängelampen und andere Accessoires runden das Bild ab, allesamt von Kare und auch bei Giesberts käuflich zu erwerben. Allerdings halten sich die entsprechenden Zusatzumsätze hier noch in klaren Grenzen.

"Kunden, die sich in einer schönen Atmosphäre aufhalten, sind bereit, mehr Geld auszugeben", ist der Fachhändler gleichwohl überzeugt. Rund 60 Prozent seiner Ideen hat er bislang umgesetzt und dafür gut 15.000 Euro in die Hand genommen. "Es ist noch zu früh, den Effekt zu beziffern", sagt Giesberts. "Natürlich haben wir investiert, um den Umsatz zu steigern, wie sich das trägt, werden wir sehen."

Während die Bereiche "Country Style", "Natur" und "Metropolitan" mit jeweils gut 80 Quadratmetern Fläche gleich groß sind, wird das Boxspring-Thema auf knapp 130 Quadratmetern deutlich größer gefahren, ist aber auch in drei Teile gegliedert: neben der Brinkhaus-Präsentation werden Boxspringbetten unter den Überschriften "Klassik" und auch "Metropolitan" präsentiert. Verkauft wird auch die Premium-Marke Kreamat sowie künftig das Royal-Dream-Programm der ABK.

"Das Thema Boxspring hat bei uns spürbar zugenommen", so Giesberts. "Wir haben an der Nachfrage der Kunden gemerkt, dass wir das aufnehmen müssen." Er weiß um die Schwierigkeit, dieses eher atmosphärisch geprägte Verkaufen mit dem klassischen ergonomischen Anspruch eines Fachhändlers unter einen Hut zu kriegen. Darum ist das Thema Vermessung auch im Geschäft klar erkennbar und wird auch in der Werbung entsprechend kommuniziert. Zwischen sechs und sieben eigene Prospekte streut Giesberts über die Rheinische Post in die Region, rund 20 Kilometer im Umkreis, wo rund 150.000 Menschen im Einzugsgebiet leben.

Auch wenn die Arbeit an den Stilwelten noch nicht abgeschlossen ist und sich ein Ergebnis erst in einigen Monaten wird messen lassen, zieht der junge Fachhändler ein positives Fazit. "Wir haben in der gemeinsamen Arbeit alle viel gelernt", sagt Giesberts. "Übrigens auch, dass man sich manchmal über die Ratschläge der Kollegen oder des Beraters hinwegsetzen muss."
aus Haustex 11/18 (Handel)