Sonderheft Schlafen: Stiftung Warentest schießt weiter gegen den Fachhandel


Berlin. Mit einem "Spezial Schlafen" ist die Stiftung Warentest seit November an den Zeitungskiosken vertreten. Das 100 Seiten starke Heft wird für 10 Euro verkauft und bietet dem Leser ein breites Informationsangebot rund um das entspannte Schlafen - gut aufgemacht, inhaltlich fragwürdig. Denn erneut werden Klassiker wie der Selbstbau-Lattenrost darin angepriesen und Verkäufer als "Schaumschläger" diffamiert, die ihre Kunden mit unseriösen Aussagen hinters Licht führen.

Neben vielen inhaltlichen Artikeln nehmen auch die Matratzentests der StiWa wieder breiten Raum ein. "Die Testergebnisse machen auch Knauserige glücklich: Einige der besten Matratzen kosten zwischen 100 und 200 Euro", gibt test-Redakteur Stephan Scherfenberg schon im Editorial auf Seite 3 die Richtung vor. Da wundert es nicht, dass auf Seite 19 die Werbeaussage von Bett1.de, "Mit der Bodyguard liegt man immer richtig", groß herausgestellt wird. Zusatz der StiWa-Redaktion: "Stimmt. Auf dieser Matratze liegen alle geprüften Körpertypen gut. Preis: 199 Euro. test-Qualitätsurteil: Gut (1,7)."

In einem wieder abgedruckten Artikel aus einem früheren test-Heft heißt es unter der Überschrift "Unter Schaumschlägern" unter anderem: "Viele der verkaufsfördernden Argumente im Handel sind Bluffs, die für Kunden teuer werden können. Hochpreisige Modelle sind nicht besser als andere, die die Hälfte kosten, ja nicht einmal besser als Rollmatratzen von Aldi oder Lidl." Fazit der Redaktion: "Teure Matratzen und Lattenroste können sich Käufer sparen, ebenso wie Schoner und Auflagen." Auf gleich drei Seiten werden dann Verkaufsargumente publikumswirksam zerpflückt - mit Aussagen wie dieser: "Eine Matratze bietet auf der Spanplatte sogar etwas bessere Liegeeigenschaften als auf dem angeblich optimalen Lattenrost", oder Hinweisen wie "Eine Matratze mit guten Liegeeigenschaften braucht keinen speziellen Lattenrost."

Die redaktionelle Mischung aus Tipps und Tests ist aus Sicht des lesenden Endverbrauchers attraktiv gestaltet. Die Systematik dahinter, etwa das von der StiWa erfundene HEIA-System zur Einteilung in Schlaftypen, kann der Verbraucher kaum kritisch erfassen. Er orientiert sich an den Testergebnissen und den entsprechenden Logos. "Ich halte es für sehr wichtig, dass der Verbraucher lernt, nicht blind nach irgendwelchen Siegeln zu kaufen, sondern darin gestärkt wird, seiner eigenen Entscheidungskompetenz mehr zu vertrauen", erklärt Dr. Ulrich Leifeld, Geschäftsführer des Matratzenverbandes. "Was machen die über 30 Prozent der Bevölkerung, die eben nicht durch die HEIA-Typen erfasst sind? Sie müssen ohnehin selbst ausprobieren, wo sie bequem und gut gestützt liegen."

Er mahnt aber auch die eigene Branche: "Ein Teil des Problems ist auch die wirtschaftliche Macht, die mit einem Testsiegel und einer guten Testung einhergeht. Viele Anbieter schmücken sich gerne mit dieser Auszeichnung und weite Teile des Handels üben auch den entsprechenden Druck auf Testsieger aus, die Logolizenz zu erwerben", so Leifeld. "Eigentlich wäre es aber viel klüger, dieses System so lange nicht durch den Kauf von Logolizenzen zu unterstützten, bis man wirklich der Auffassung ist, dass solch ein Test hinreichend transparent, neutral und wissenschaftlich ist. Es geht natürlich nicht, einerseits die Stiftung zu kritisieren und dann aber selbst mit dem Logo zu werben, wenn man gut abgeschnitten hat."
aus Haustex 12/18 (Handel)