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Zwei fürs Handwerk relevante Urteile

Ein Verleger erbrachte seine handwerkliche Leistung, konnte aber die vereinbarten Stundenlohnzettel nicht vorlegen. Kann in einem solchen Fall der Auftraggeber die Zahlung verweigern? Ein weiteres aktuelles Urteil beschäftigt sich außerdem mit der Abnahme durch Ingebrauchnahme.

1.Einzug ist gleich Abnahme?
OLG Braunschweig - Beschluss vom 27.09.2017 - 8O14/17

Fall: Mit dem Einzug in das vom Unternehmer hergestellte Gebäude nimmt der Auftraggeber die Leistung ab. Ein Auftragnehmer erbrachte für 80.000EUR Stundenlohnarbeiten an einem Bauvorhaben. Die Leistungen wurden mangelfrei erbracht. Der Auftraggeber wandte gegen die Zahlung ein, dass keine Abnahme stattfand und keine prüfbare Schlussrechnung vorlag.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht hat entschieden, dass durch den Einzug und die Ingebrauchnahme der Werkleistung eine konkludente Abnahme (d. h. Verhalten das auf einen bestimmten Willen schließen lässt) der Leistungen vorliegt. Durch einen rügelosen Einzug in ein Haus, wird dieses in Gebrauch genommen. Dies stellt eine Abnahme dar.

Der Auftraggeber hat auch angegeben, dass keine ordnungsgemäße Abrechnung vorliegt. Bei einem BGB-Werkvertrag stellt jedoch die prüfbare Schlussrechnung keine Fälligkeitsvoraussetzungen für die Zahlung dar.

Praxistipp

Das Gericht meint, dass durch den Einzug in das Objekt eine konkludente Abnahme stattfindet. Allerdings ist in der Regel noch eine angemessene Prüffrist abzuwarten. Die Länge einer solchen Prüffrist kann nicht exakt bestimmt werden. Für Bodenbelagsarbeiten in einem Fitnessstudio wurde eine Prüffrist von zweiMonaten angenommen. Eine solche konkludente Abnahme kommt nicht in Betracht, wenn die Abnahme wegen wesentlicher Mängel ausdrücklich verweigert wurde. So ist denkbar, dass Eigentümer in ein neu errichtetes Einfamilienhaus einziehen müssen, obwohl dies noch wesentliche Mängel aufweist. Teilen sie vorher schriftlich mit, dass sie die Abnahme verweigern, würde auch durch den Einzug keine konkludente Abnahme stattfinden.

Bei BGB-Bauverträgen, die nach dem 01.01.2018 abgeschossen worden sind, ist die Erteilung einer prüfbaren Schlussrechnung jedoch Fälligkeitsvoraussetzung. Ein BGB-Bauvertrag liegt jedoch nur vor, wenn Neubauten errichtet werden bzw. Sanierungen durchgeführt werden, die Neubaucharakter haben.


2.Stundenlohnarbeiten müssen
auch ohne Stundenlohnzettel vergütet werden
BGH-Beschluss vom 14.12.2017 - VIIZR109/14

Fall: Ein Betrieb schloss mit einem Auftraggeber einen schriftlichen Vertrag, der von Letzterem vorformuliert wurde. In dem Vertrag war vereinbart, dass Grundlage für die Abrechnung die von der Bauleitung des Auftraggebers genehmigten Leistungsnachweise und Aufmaßprotokolle sind. Diese mussten einmal im Monat, jeweils nach Abschluss des Rechnungsmontags, erstellt werden. Es war vereinbart, dass nur Leistungen vergütet werden, die ausdrücklich und schriftlich vor der Ausführung mit der Bauleitung des Auftraggebers vereinbart worden waren.

Der Auftragnehmer rechnete nicht monatlich ab, sondern erstellte nur nach Abschluss der Arbeiten seine Schlussrechnung. in der Schlussrechnung waren auch die Leistungsnachweise enthalten. Genehmigte Leistungsnachweise für Stundenlohnarbeiten konnte er nicht vorweisen. Der Auftragnehmer konnte beweisen, dass er die Leistungen erbracht hatte. Der Auftraggeber verweigerte die Zahlung, da Grundlage für seine Abrechnungen die genehmigten und bestätigten Leistungsnachweise seien, die der Auftragnehmer nicht vorgelegt hatte. Der Auftraggeber war der Auffassung, dass der Auftragnehmer keinen Anspruch auf die Vergütung hat. Die Parteien stritten darüber, ob diese Regelung wirksam ist.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht gibt dem Auftragnehmer recht. Bei der Vertragsbedingung handelt es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung und diese sind nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§§305 ff.) überprüfbar. Das Gericht stellte fest, dass die Vereinbarung, dass eine Vergütung nur gezahlt wird, wenn genehmigte Leistungsnachweise vorliegen, den Auftragnehmer unangemessen benachteiligt. Dadurch ist die vertragliche Vereinbarung unwirksam. Der Auftragnehmer würde, wenn er die genehmigten Leistungsnachweise nicht vorlegen kann, keine Vergütung erhalten. Dafür dass er die Nachweise nicht vorlegen kann, kann es verschiedene Gründe geben, so z. B. weil er die Einholung der Genehmigung vergessen hat, die genehmigten Leistungsnachweise verloren gegangen sind oder weil der Auftraggeber sich geweigert hat, die Leistungsnachweise zu genehmigen. Die zwingende Vorlage von genehmigten Leistungsnachweisen hätte damit die Folge, dass der Auftragnehmer keine Vergütung erhalten würde. Eine solche Regelung ist jedoch unwirksam.

Praxistipp

Allgemeine Geschäftsbedingungen, die zum Inhalt haben, dass eine Zahlung davon abhängig gemacht wird, dass der Auftraggeber die Leistungsnachweise bestätigt, stellen einen Verstoß gegen §307BGB dar und sind damit unwirksam. Ein Auftragnehmer muss die Möglichkeit haben, seine Leistung anders nachweisen zu können.
aus FussbodenTechnik 06/18 (Recht)